Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
Vom Netzwerk:
an und warf mich auf die Seite. Meine Maschinenpistole war nicht schussbereit, daher hieb ich dem Tier mit dem Kolben auf die Schnauze.
    Starke, gewaltige Kieferknochen schlossen sich um mein Handgelenk, das von einem langen Schutzhandschuh geschützt war. Ich schrie auf und stieß mit meinem breiten Armeemesser zu, das ich mit der anderen Hand aus dem Gürtel gezogen hatte.
    Der Sergeant hatte gesagt, man solle die Klinge in die weiche Stelle unterhalb des Unterkiefers stechen. Sie dann mit aller Kraft hin- und herdrehen, um dem Tier so die Kehle zu durchtrennen. Ich aber traf es seitlich zwischen die Kieferknochen.
    Die Klinge verursachte ein dumpfes Knacken, als sie einen Knochen zerteilte und anschließend Gewebe und Sehnen durchtrennte. Das Tier zappelte und zuckte unkontrolliert, die Krallen seiner Pfoten schlugen immer wieder klackend gegen meine Schutzweste. Ich trieb das Messer tiefer in seinen Kopf und drehte die Klinge – jetzt steckte es fast bis zum Griff fest. Das Tier jaulte heiser auf und verschied.
    Ich hievte den schweren Körper von mir, setzte mich und schob das Magazin in die Maschinenpistole. Opanas war nicht zu sehen. Wahrscheinlich hockte er in der gleichen verkrampften Haltung wie ich hinter dem Müllcontainer und verband seine Schulter mit einer Schlauchbinde.
    Barzew lag noch immer da, wo er niedergeschossen worden war. Er hatte mir das Leben gerettet, zum Preis von seinem. Opanas war ebenfalls meinetwegen verletzt. Er hatte versucht, mich vor dem Hund zu warnen. Er hatte ihn vor mir gesehen und auf ihn geschossen – weshalb er selbst von einer Kugel in die Schulter erwischt worden war. Wie sollte er es jetzt zum Majdan schaffen, wo die Laster warteten?
    Falls sie noch warteten.
    Der Hund gehörte vermutlich dem Scharfschützen auf der anderen Straßenseite. Ich erhob mich vorsichtig und ließ mich augenblicklich wieder fallen, als eine Kugel über meinen Helm pfiff.
    Der Asphalt war überall aufgebrochen. Hier an dieser Stelle war der Chreschtschatyk von ausgebrannten Autowracks und Geschosstrichtern übersät, der Kiosk mit dem abgerissenen Dach befand sich nur wenige Meter von mir entfernt, aber solange der Scharfschütze auf uns lauerte, hatten wir keine Chance, irgendwo anders in Deckung zu gehen, geschweige denn weiterzukommen.
    Vom Schewtschenko-Boulevard hörte ich jetzt Granatwerfer: Eine Granate pfiff mit weißer Rauchspur am völlig verrußten, kopflosen Lenin-Denkmal vorbei, schoss quer über die Straße und schlug mit voller Wucht in den schon schwer beschädigten Bessarabischen Markt ein. Unter lautem Krachen stürzten noch mehr Steine aus dem ruinenartigen Gebäude. Die Armee kam immer näher, es würde nur noch Minuten dauern, bis sie den Widerstand am Denkmal endgültig überwunden hätte. Was tun? Wie hier rauskommen?
    Hinter dem Container schob sich Opanas’ Kopf vor. Als er sah, dass ich am Leben war, nickte er und zog sich wieder zurück.
    Ich erhob mich auf die Knie, blieb aber in Deckung und beugte mich durch die ausgebrochene rechte Vordertür in den Innenraum des Wagens. Der Mercedes sah weit besser aus als der Großteil der umliegenden Autowracks, zwar war der Kofferraum eingedrückt und eine Tür fehlte, aber vermutlich war er noch fahrtüchtig.
    Hinter dem Lenkrad saß ein dicker Mann in Anzug, weißem Hemd und Krawatte. Er sah wie ein Chauffeur aus; vielleicht hatte er seinen Chef, einen Abgeordneten oder wichtigen Beamten, wieder mal zu einer außerordentlichen Sitzung kutschiert und beschlossen, auf ihn zu warten – zu seinem Pech, denn genau in dem Moment hatten die Nationalgarden ihren Angriff aufs Stadtzentrum gestartet.
    Der Schlüssel steckte nicht im Zündschloss. Ich schob die Kedr auf den Rücken, kroch zu dem Fahrer und durchsuchte sein Jackett. Nichts, weder in der linken noch in der rechten Tasche und auch nicht in der Innentasche.
    Plötzlich hörte ich ein dumpfes Geräusch, wie wenn ein Hammer auf ein Kissen schlägt. Der Leichnam zuckte zusammen, und dann noch mal ein Schlag. Der Scharfschütze hatte mich bemerkt und versuchte mich durch das zertrümmerte Fenster der Fahrertür zu treffen. Gut, dass die Tür überhaupt noch existierte, sie gab mir leidlich Deckung.
    Also befand sich der Schütze im Erdgeschoss, maximal im ersten Stock – anders wäre ein solcher Schuss nicht möglich gewesen. Der Kerl hatte eine beschissene Position. Normalerweise gehen Scharfschützen so weit oben wie möglich in Stellung, und sie verbarrikadieren sich.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher