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Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder

Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder

Titel: Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
Autoren: J.T. Ellison
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bewusst, dass sie überreagierte, aber gleichzeitig konnte sie nicht anders. Ungeduldig drückte sie den Knopf, und das Garagentor öffnete sich langsam. Sie ging die paar Stufen hinunter und riss die Fahrertür ihres 4Runners auf. Baldwin stand in der Garagentür und sah sie mit einem unglaublich verletzten, forschenden Blick an. Sie ignorierte ihn, stieg in den Truck und fuhr rückwärts aus der Einfahrt. Verdammt sollte er sein!
    Und verdammt sollte ihr Dad sein! Das war alles sein Fehler. Wie hatte er sie nur in so eine Situation bringen können? Wie konnte er sie vor die Wahl stellen, das Richtige zu tun oder sein Leben zu retten? Ach, scheiß auf sie. Scheiß auf sie alle, dachte sie.
    Sie fuhr, ohne darüber nachzudenken, wo sie hinwollte. Zu ihrer Rechten lagen Felder, ein Zaun und ein einsamer Baum auf einem Hügel. Die One Tree Hill Farm, wie sie wusste. Was für ein origineller Name.
    Wie immer beruhigte die ländliche Gegend ihren Geist und machte sie glücklich. Hier wurden Rinder gezüchtet, und normalerweise gab es zweimal im Jahr Kälber, im Frühling und im Herbst. Sie liebte es, daran vorbeizufahren und die Babies hinter ihren Müttern hinterhertrotten und nach Milch rufen zu sehen. Es war einer der Gründe, warum sie ein Haus an dieser Straße gekauft hatten, denn einen Augenblick lang hatte Taylor das Gefühl, auf dem Land zu leben und nur für die Arbeit in die Stadt zu fahren.
    Drei Geier saßen auf Zaunpfählen und starrten eine Gruppe Kühe an. Taylor drosselte das Tempo und beobachtete die Vögel, die so gar nicht zu ihrer Stimmung und der ländlichen Idylle passen wollten. Geier bedeuteten Tod. Sie warf einen Blick auf die schwarzen Kühe und sah, wie sie alle mit dem Kopf nach außen einen Kreis gebildet hatten und etwas in ihrer Mitte beschützten. Sie schaute genauer hin und versuchte herauszufinden, was los war. Dann verstand sie.
    Ein Kalb war geboren worden, vollkommen außerhalb der Saison. Es kämpfte um sein Leben. Die Geier waren da, weil sie den Tod rochen, weil sie wussten, dass sie am Abend volle Bäuche hätten. Und die Kühe beschützten das Kalb vor den Aasfressern, die das Ende eines Lebens mit einem Festmahl feiern würden.
    Sie merkte erst, dass sie angehalten hatte, nachdem sie ausgestiegen war und die Geier anschrie. Sie hüpften einen Moment davon und starrten sie mit allwissenden Augen an. Außer über den Zaun zu klettern und das Kalb mitzunehmen, gab es nichts, was sie tun konnte.
    Die Wut wallte in ihr auf, hell und rasend. Sie gab dem Farmer die Schuld, weil er es geduldet hatte, dass eine seiner Kühe sich außerhalb der Saison gepaart hatte, weil er nicht aufgepasst hatte, sodass sie ihr Kalb auf einem schneebedeckten Hügel zur Welt brachte anstatt im Stall. Sie gab den Geiern die Schuld, weil sie so abstoßende Kreaturen waren. Dazusitzen und zuzusehen, wie das Abendessen vor den eigenen Augen starb … Sie stellte sich die Unterhaltung zwischen ihnen vor. „Oooh, frisches Fleisch, frisches Fleisch.“ Der Gedanke machte sie noch wütender, und sie schlug gegen den Zaun, trat mit ihren Stiefeln gegen die Pfosten, derweil Tränen ihre Wangen herunterliefen.
    Ihr Blick fiel auf eine der Kühe. Sie stand unbewegt da und betrachtete ihren Wutausbruch. Dann schaute sie Taylor direkt in die Augen und muhte: eine einfältige Anerkennung ihres Schmerzes. Sie fühlte sich ebenso hilflos und wusste, dass das Leben des Kälbchens hinter ihr langsam verebbte. Der Klang stoppte Taylors Wutanfall, und sie fiel auf die Knie und ließ all ihren Schmerz in heißen Tränen aus ihrem Körper fließen. Die Geier nahmen ihre Plätze auf den Zaunpfählen wieder ein und warteten geduldig darauf, dass sie an die Reihe kamen.
    Taylor hatte keine Ahnung, wie lange sie auf dem Boden gesessen und über das todgeweihte Leben eines kranken Kalbes geweint hatte. Sie stand auf und kehrte zu ihrem Truck zurück. Beim Aussteigen hatte sie die Tür offen gelassen. Sie warf einen Blick zurück und sah, dass die Räuber sich langsam bereit machten. Es war Zeit, zuzuschlagen, das spürte sie. Sie schaute sich um, fand einen Stein und warf ihn nach den Vögeln. Er traf einen am Flügel, aber der Geier schüttelte ihn einfach ab; er war so auf seine nächste Mahlzeit konzentriert, dass ihn nichts stören konnte.
    Taylor wischte sich die letzten Tränen vom Gesicht. Sie konnte nichts mehr tun. Es war ein Teil des Lebens, dass die Toten die Lebenden fütterten. Das Überleben der Stärksten, die
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