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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore
Autoren: M Knight
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Knietief in einem Bach finde ich meinen Kitab. Wenn Allah mir irgendetwas zu sagen hat, dann soll Er es mit den Gesichtern meiner Brüder und Schwestern tun. Wenn es irgendein Gesetz gibt, dem ich folgen soll, dann werde ich es da draußen in der Welt finden.
    Jehangir hatte gesagt, er wäre wegen seines Bruders nach Buffalo gekommen. Ich wusste nicht, was er damit meinte, denn er hatte gar keinen Bruder. Er redete ständig davon, dass seine ganze Kindheit von Frauen dominiert worden war, abgesehen von seinem Onkel.
    Jetzt weiß ich, was er meinte.
    Jehangirs Onkel war ein Fernfahrer, und in einem Sommer nahm er ihn mit auf eine Reise kreuz und quer über den ganzen Kontinent und zeigte ihm alles – all die Menschen, und wie sie lebten. Texas, Mississippi, New York, Washington D .  C ., Montana, die Dakotas, Oregon. Mexiko und Kanada. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie Jehangir als Kind gewesen ist, ohne seinen Iro, doch es fällt leicht, ihn sich unterwegs vorzustellen, wie er alles in sich aufnimmt und in der Kabine eines Sattelschleppers schläft. Als er dann da draußen in Kalifornien bei den Taqwacores war, dachte Jehangir an uns und fand, er hätte etwas entdeckt, das wir, seine Brüder , gut gebrauchen könnten. Also brachte er es zu uns, wie es die Missionare aus Übersee getan hatten oder wie Mohammed, als er vom Berg Hira herunterkam. Er brachte es mit nach Osten ins kalte Buffalo, predigte uns seinen neuen Sufismus und verließ uns.
    Umar hatte mal einen Torso-Bob. Das war eigentlich ein Sandsack, der so aussah wie ein Typ ohne Arme. Umars Torso-Bob sah ziemlich fies aus. Wäre er ein echter Mensch gewesen, mitsamt seinen Armen, dann hätte ich mich nicht mit ihm anlegen wollen.
    Eines Tages beschuldigte Jehangir Torso Bob der Apostasie – »Ich habe gehört, wie er den Koran gesungen hat!« – und schlug ihm den Kopf ab. Es war ziemlich lustig. Jehangir machte daraus eine große Show, eine Zeremonie zum Schutz der Tugend. Umar benutzte den kopflosen Torso weiterhin. Mit dem Kopf spielten wir »Brennball«. Fasiq beschmierte ihn mit Montagekleber und zündete ihn an. Wir amüsierten uns damit, den brennenden Ball hin und her zu werfen, bis Ayyub sich das Bein verbrannte.
    Als ich Buffalo verließ, nahm ich den Kopf mit. Ich wusste, die anderen hätten nichts dagegen. Es ist nur ein Andenken an jene Ära, ein Relikt aus einem früheren Kapitel, um mich daran zu erinnern, dass das alles tatsächlich passiert ist.
    Ich habe eine ganze Reihe von Gegenständen aus unserem Haus, die ich in einem Karton in meinem Schrank aufbewahre. Eselsohrige Taschenbücher von Abu Afak, ein paar CD s, ein T -Shirt von einer Band, von der ich vorher noch nie gehört hatte, eine leere Bierflasche. Und die Burka, die ich sogar einmal getragen habe. Nur in meinem Zimmer, bei verschlossenen Türen, aber ich hatte sie an. Ich saß auf meinem Bett und konnte weder nach rechts noch nach links sehen, nur geradeaus. Ich kam mir vor wie ein Pferd mit Scheuklappen. Aus irgendeinem Grund war ich darunter völlig nackt. Mein Schwanz wurde steif und hob den Stoff an. Als ich das sah, verstand ich zum ersten Mal die Redewendung »ein Zelt haben«. Genauso sah es aus. Ich nahm ihn in die Hand. Durch den Stoff fühlte sich meine Hand fast so an, als gehöre sie jemand anderem. Ich rutschte vom Bett, kniete mich hin und machte weiter. Mit meiner linken Hand hob ich den Niqab an und legte den Mund frei, für Fasiqs imaginären Schwanz.
    Ich weiß nicht, warum ich das tat. Ich weiß nicht, was es bedeuten soll, dass ich in der Burka gewichst habe. Inschallah, es bedeutet wahrscheinlich gar nichts. Wenn man die ganze Zeit an Sex denkt, dann gehen einem irgendwann die Ideen aus und schließlich – unter den geeigneten Umständen – nimmt man eine andere Perspektive ein. Nur weil ich daran gedacht habe, heißt das noch nicht, dass ich es tun wollte. Ich war wahrscheinlich nur von der Vorstellung eines Blowjobs erregt. Es wäre nett, einen zu bekommen, soweit ich das überhaupt beurteilen kann. Vielleicht werde ich es ja herausfinden, wenn die Sache mit Zuhra in die Gänge kommt. Inschallah.
    Das wär’s also. Als Muslim habe ich versagt. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich immer noch ein menschliches Wesen bin.
    Salamun hiya hatta matla’il Al-Fadschr .

 
     
     
    Glossar
     
     
    Abaja – schwarzer Überwurf
    Abu – Vater
    Adhan – islamischer Gebetsruf:
    Allahu akbar – Gott ist am Größten (4 x)
    Aschhadu an la
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