Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
Vom Netzwerk:
die Sprache gut – aber so gut nun auch wieder nicht.
    Â»Ich bin eigentlich ein sehr lustiger Mensch«, sagt sie. »Aber Humor findet bei mir auf Deutsch statt.« Stundenlang kann sie mit ihrem Bruder oder Freunden über eigene Witze lachen; dann bleibt Manoj außen vor. Sie mag Ironie, sie spielt gern mit Worten. Mit ihren Kollegen lacht sie viel. Aber Späße auf Englisch? Die fallen ihr schwer. »Manchmal denke ich, die im Büro finden mich viel lustiger als mein Mann. Einen Teil von mir bekommt er gar nicht zu 100 Prozent mit.« Asiaten seien eher humorlos, findet sie. »Da muss man immer aufpassen, dass es nicht respektlos rüberkommt.«
    Sonja und Manoj leben in Dortmund. Sie arbeitet als Abteilungsleiterin in einem großen Konzern, vier Tage die Woche. An diesen Tagen passt Manoj auf die zwei Kinder auf. Für einen Mann aus Singapur ist das ungewöhnlich. »Meine Eltern finden es komisch, wenn ich sage, dass ich zu Hause bleibe und nicht meine Frau«, erzählt er. Respekt verdient er in den Augen seiner Landsleute vor allem deshalb, weil er die restlichen drei Tage in der Woche selbstständig arbeitet: Er entwickelt Computer-Lernprogramme für Flugingenieure in Singapur. Sonjas und Manojs Leben unterscheidet sich meist kaum von dem anderer Paare mit Kindern: Da muss der Große zum Kindergarten gebracht und abgeholt werden, Einkäufe sind zu erledigen, und irgendein Wehwehchen gibt es immer zu beruhigen. »Manchmal müssen wir uns in diesem stressigen Alltag richtig daran erinnern, was für eine besondere Geschichte wir haben«, sagt Sonja.
    Alles fängt mit einer Anzeige an, damals, im Jahr 1997. Sonja hat gerade ihr Abitur gemacht – aber jetzt gleich studieren? Darauf hat sie keine Lust. Sie würde gern etwas von der Welt sehen, möchte nicht schon wieder immer nur lernen. Eines Morgens entdeckt ihr Vater in der Zeitung eine kleine Annonce: Ein deutscher Siemens-Manager in Malaysia sucht für seine Kinder ein Au-pair-Mädchen.
    Â»Wäre das nicht etwas für dich?«, fragt Sonjas Vater.
    Es ist etwas für sie. Wenig später packt Sonja die Koffer, sie ist 19 Jahre alt und neugierig auf die Welt. Diese Neugierde, diese Offenheit ist es, die Manoj auffällt, als er sie in einer Kneipe mitten in Kuala Lumpur kennenlernt. Manoj ist Pilot und besitzt mit seinen 31 Jahren bereits eine eigene Flugschule. Vor einigen Jahren ist er von Singapur nach Malaysia gezogen. Er will den Abend eigentlich mit Freunden verbringen – doch die werden bald zur Nebensache, als er in der Kneipe mit diesem sehr großen, sehr schlanken Mädchen aus Deutschland ins Gespräch kommt. Irgendwann erzählt er von seinem Motorrad, und Sonja reagiert beeindruckt: »Du hast ein Motorrad? Wahnsinn!«
    Â»Willst du mal mitfahren?«, fragt Manoj.
    Â»Na klar!«, antwortet Sonja.
    Eine malaysische Frau, so erfährt sie später, hätte das nie sagen dürfen. Zu einem Fremden aufs Motorrad? In Malaysia ein Unding. Aber gerade das gefällt Manoj. Die beiden verabreden, dass sie sich später in der Nacht noch treffen wollen, um eine Spritztour zu unternehmen. Als Manoj dann nicht auftaucht, geht Sonja enttäuscht nach Hause. Den siehst du wahrscheinlich nie wieder, denkt sie noch, bevor sie ins Bett geht. Doch dann klingelt am nächsten Morgen das Telefon: Manoj ist am anderen Ende – und erzählt, dass er in der Nacht zuvor einen kleinen Unfall hatte. »Weil ich so aufgeregt war«, sagt Manoj heute. Damals sagt er: »Können wir uns wiedersehen?«
    Als er Sonja wenig später in seinem Flugzeug mit nach Singapur nimmt und ihr die Stadt zeigt, verlieben sie sich ineinander. Mitten in dieser irren Metropole mit den sechsspurigen Straßen und den großen Shopping-Malls. Zurück in Malaysia sehen sie sich, so oft sie können, verbringen jede freie Minute miteinander. Doch dann kommt der Abschied. Und mit ihm die bange Frage: Werden wir uns jemals wiedersehen? Sonja weint am Flughafen, sie weint auf dem Weg nach Hause, und auch später am Telefon heult sie sich die Augen aus. Bis er eines Tages plötzlich sagt: »Ich komme nach Deutschland.« Er kennt das Land nicht, genauso wenig wie die Sprache – aber er will für diese Deutsche alles hinter sich lassen. Und so zieht er zu Sonja in das kleine Konstanzer WG-Zimmer, mitten hinein in das beschauliche Süddeutschland. Erst da merkt Sonja, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher