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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne
Autoren: Mary Jo Putney
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als die Gefallenen Engel bekannt.
    Sie hatte nicht gewußt, daß er ein Höllenhund war.
    Und doch hätte er keine formvollendeteren Manieren beweisen können, als er ihr beim Aufstehen behilflich war. »Ist dir etwas geschehen, Mädchen?«
    Mit dem Verdacht, vom Regen in die Traufe geraten zu sein, ergriff sie seine Hand und stand auf. »N-nein, Mylord.«
    Als sie ihm ins Gesicht sah, durchfuhr sie ein Schock ganz anderer Art. Wie sein Namensvetter Lucifer erstrahlte der Graf in übermenschlichem Glanz. Wenn das Laster ihn zerrüttet hatte, so war es seinem Gesicht noch nicht anzumerken, aber seine grüngoldenen Augen hatten die Müdigkeit eines Mannes, der das Feuer der Hölle kannte. Sie hoffte, daß er nicht ihr Feind war, denn sie ahnte, daß er ein tödlicher Widersacher sein würde.
    Er packte sie fester. »Wie heißt du?«
    Sie war so durcheinander, daß sie automatisch antwortete. »Kit.« Erst dann fiel ihr wieder ein, daß sie als Emmie Brown den Dienst in diesem Hause angetreten hatte. Wütend, daß sie ihren echten Namen verraten hatte, verbesserte sie ihren Fehler in ein gestammeltes: »Kit-Kitty, Mylord.«
    Er musterte sie prüfend. »Vielleicht bist du doch ein Duell wert, Kitty.«
    Sie merkte, daß ihr zerrissenes Mieder eine Brust fast vollkommen zur Schau stellte, wich zurück und raffte mit der freien Hand den Stoff über ihrem Busen zusammen.
    Er ließ sie sofort los. Wieder in dem alten, gleichgültigen Ton sagte er: »Hol dir eine Tasse Tee und geh zu Bett, Kitty. Schlaf dich aus, dann geht es dir bestimmt wieder besser.«
    Obwohl sie sich nichts sehnlicher wünschte, sagte sie: »Ich bin noch nich’ fertig mit meiner Arbeit, Euer Lordschaft.«
    »Die übrigen Gäste können heute nacht in ungewärmten Laken schlafen. Ich werd’s dem Herzog erklären, damit du nicht bestraft wirst.«
    Wieder sah er sie prüfend an. »Sag der Haushälterin, wenn das nächste mal eine Jagdgesellschaft im Haus ist, soll sie diese spezielle Aufgabe einem älteren Mädchen geben.
    Jetzt lauf, Kitty. Und zu deinem eigenen Besten –
    gebrauch deine Krallen.«
    Nur allzu bereitwillig zog sie den Kopf ein und lief davon, wie ein Mädchen, das vor Angst fast den Verstand verloren hat. Sie brauchte sich nicht im mindesten zu verstellen. Sie bog um eine Ecke und suchte Zuflucht hinter der Tür zur Dienstbotentreppe.
    Sobald sie in Sicherheit war, sank sie auf die oberste Stufe, stellte die Wärmepfanne auf den Boden und vergrub ihr Gesicht in ihren zitternden Händen. Es gab noch ein halbes Dutzend Männer, deren Zimmer sie hätte durchsuchen sollen, aber sie wagte nicht, ihre Suche fortzusetzen. Offenbar löste die Gesellschaft unten sich frühzeitig auf, und wenn sie noch einem liebestollen Gast begegnete, hatte sie vielleicht nicht wieder so ein Glück.
    Sie beschimpfte sich innerlich, weil sie so wenig erreicht hatte. Sie hatte gehofft, etwas zu entdecken, das ihre Suche einengen würde, aber es hatte mehrere Tage gedauert, bevor sie eingestellt worden war, und jetzt war die Jagdpartie fast vorbei. Morgen würden die Gäste abreisen, und sie hatte nichts herausgefunden.
    Steif richtete sie sich auf und betastete die blauen Flecken, die sie sich bei ihrem Sturz zugezogen hatte. Sie konnte genausogut schon heute nacht verschwinden, sie würde doch nichts mehr erfahren. Emmie Brown, das erfolglose Zimmermädchen, würde sich in Luft auflösen. Die Haushälterin würde lediglich auf die unzuverlässigen Dienstboten heutzutage schimpfen und sich nichts weiter denken.
    Als Kit die dunkle Treppe zu dem winzigen Dachzimmer erklomm, in dem sie nie geschlafen hatte, schwor sie sich, daß sie ihre Sache in Zukunft besser machen würde.
    Sie hatte keine Wahl – ein Fehlschlag war unvorstellbar.
    Während er den Gang entlang auf sein Zimmer zuging, dachte Lucien über die Launen der Natur nach. Dieses Zimmermädchen war ein einfaches Landkind, eine verletzliche Naive, die nicht allzu hell im Kopf war und die gebeugten Schultern einer Frau hatte, die sich für zu groß hielt. Aber eine Sekunde lang hatte er ihr Profil gesehen, und es war vollkommen, wie das Gesicht auf einer griechischen Münze. Vielleicht hatte das Harford angezogen. Nein, der Mann hatte es wahrscheinlich gar nicht bemerkt; der ehrenwerte Sir Roderick war nicht von der wählerischen Sorte.
    Lucien schlug sich das Mädchen aus dem Kopf und betrat sein Zimmer, wo er sein Halstuch ablegte und das Feuer schürte. Dann machte er es sich in einem Ohrensessel bequem
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