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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne
Autoren: Mary Jo Putney
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dessen Kehle und drückte mit aller Kraft zu, um ihm die Luftröhre einzudrücken.
    Während die Welt um ihn herum schwarz wurde, bäumte Lucien sich auf, um seinen Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen und ihm dann das Knie in die Leiste zu bohren. Mirkins instinktives Zurückweichen gab Lucien eine Chance. Mit katzenartiger Geschmeidigkeit sprang er auf die Füße und packte von hinten den Kopf seines Feindes. Mit einem brutalen Griff brach er Mirkin das Genick.
    Ein widerliches, lautes Knacken, dann herrschte Stille, abgesehen von Luciens heftigen Atemzügen. Er ließ Mirkins schweren Körper zu Boden gleiten, trat einen Schritt zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Eigentlich hast du mir einen Gefallen getan, Harry«, keuchte er. »Ich verabscheue kaltblütigen Mord, aber so spüre ich nicht die leiseste Reue.«
    Aus den benachbarten Häusern stürzten jetzt Menschen, die den Schuß aus Jimmys Pistole gehört hatten. Es konnten nicht mehr als drei oder vier Minuten vergangen sein, seit Mirkin und sein Bruder ihn angegriffen hatten.
    Zeit genug, um zwei Männer umzubringen.
    Ein halbes Dutzend Nachbarn erschien mit Laternen. Einer, ein Bekannter von Lucien namens Winterby, rief aus: »Mein Gott, Strathmore ist verwundet. Holt einen Arzt!«
    Lucien sah an sich herunter und stellte fest, daß sein hellbraunes Cape blutdurchtränkt war. »Nicht nötig – es ist nicht mein Blut.«
    »Was ist geschehen?«
    »Zwei Straßenräuber haben mich überfallen.«
    Lucien bückte sich und hob seinen Hut auf. Jetzt, da alles überstanden war, zitterte er vor Schreck.
    Das war knapp gewesen, verdammt knapp.
    »Wie schockierend – nicht einmal in Mayfair ist man seines Lebens sicher«, sagte irgend jemand empört.
    Ein dünner Mann, der die beiden Leichen untersuchte, warf Lucien einen mißtrauischen Blick zu. »Sie sind tot.«
    »Zum Glück hatte ich meinen Stockdegen.«

    Lucien hob die beiden Teile seines Stocks auf.
    Nachdem er die Klinge an seinem ruinierten Cape abgewischt hatte, schraubte er den Griff wieder fest.
    Der dünne Mann sah auf Mirkin hinunter, der mit merkwürdig verdrehtem Genick und glasigem Blick auf dem Boden lag. »Ein glücklicher Umstand«, sagte er trocken.
    Ein anderer murmelte: »Kein Wunder, daß man ihn Lucifer nennt.«
    Mit lauter Stimme, die diese Bemerkung übertönen sollte, sagte Winterby: »Kommen Sie ins Haus und trinken Sie einen Brandy, bis die Polizei hier ist.«
    »Danke, aber ich wohne gleich da vorne am Platz.
    Ich würde es vorziehen, nach Hause zu gehen.
    Die Polizei kann mich dort befragen.«
    Er warf einen letzten Blick auf die Leichen der beiden Männer, die versucht hatten, ihn umzubringen. Was für ein eigenartiges Leben er führte, in dem jederzeit irgendeine lang vergessene Affäre aus der Vergangenheit auftauchen und seine Existenz auslöschen konnte.
    Wenn Mirkin nicht den Drang verspürt hätte, seine Motive zu erklären, würde jetzt er, Lucien, auf den kalten Steinen liegen.
    Erschöpft lenkte er seine Schritte gen Hanover Square, begleitet von einem von Winterbys Dienern mit einer Laterne. Der Überfall war eine gewaltsame Mahnung, daß es Zeit wurde, ein paar Angelegenheiten aus der Welt zu schaffen.
    Harry Mirkin war lediglich ein Werkzeug in der Hand einer anderen, mächtigeren Person, eines napoleonischen Agenten, der seit Jahren gegen England arbeitete. Insgeheim hatte Lucien ihn das
    »Phantom« getauft, denn er war ungreifbar wie ein Gespenst, während er sein Unwesen trieb.
    Nach Napoleons Abdankung im Frühjahr hatte Lucien sich darauf konzentriert, die Intrigen im Auge zu behalten, die den Wiener Kongreß durchzogen wie unterseeische Strömungen. Diese Arbeit war wichtiger gewesen als das Phantom, aber der Kongreß machte Fortschritte, und die Zeit war gekommen, um dem Spion, dessen Aktionen den Krieg verlängert hatten und die Friedensverhandlungen komplizierten, das Handwerk zu legen.
    Wo sollte er anfangen? Es gab Hinweise, daß das Phantom ein Engländer von vornehmer Geburt war, möglicherweise jemand, den Lucien kannte.
    Er würde den mageren Spuren nachgehen, eine Prise Instinkt hinzufügen und einen Plan aushecken, um den Verräter zu stellen.
    Als Lucien die Stufen zu seinem Haus hinaufging, huschte ein ironisches Lächeln über seine Züge.
    Lucifer konnte selbst ein Phantom nicht entgehen.

Kapitel 3
    Die Zeit war reif. Die männlichen Gäste von Bourne Castle waren im Erdgeschoß mit Trinken und Prahlen beschäftigt, ihre
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