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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne
Autoren: Mary Jo Putney
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Kammerdiener taten dasselbe im Dienstbotentrakt, und Kit Travers war bereit, jedenfalls soweit sie dazu imstande war.
    Sie wischte sich die feuchten Handflächen an ihrem farblosen Rock ab und sagte sich, daß sie Emmie Brown war, ein Zimmermädchen, pflichtbewußt und nicht besonders helle. Ihre weiche Haube verstärkte diesen Eindruck und verbarg außerdem ihr Gesicht. Niemand würde Verdacht schöpfen, daß sie nicht war, was sie zu sein vorgab.
    Sie packte mit der einen Hand die Wärmpfanne, nahm eine Lampe in die andere und trat aus dem Schutz der Hintertreppe in den westlichen Korridor des ersten Stocks von Bourne Castle.
    Das flackernde Licht der Lampe beleuchtete ein Dutzend identische Türen.
    Glücklicherweise war es im Haus üblich, eine Karte mit dem Namen des Gastes neben der Tür des jeweiligen Zimmers anzubringen. Angeblich sollte es den spätnächtlichen Verkehr zwischen den Zimmern erleichtern. Kit hatte eine Geschichte gehört, in der ein liebestoller Kavalier auf der Suche nach seiner Mätresse eine Tür aufgerissen und lautstark gerufen hatte: »Ist Lady Lolly bereit für ihren großen John?«, um dann festzustellen, daß er in das Gemach des siebzigjährigen Bischofs von Salisbury eingedrungen war. Der Gedanke machte sie beinahe lächeln.
    Ihre Heiterkeit verflog, sobald sie ihre Lampe hob, um die erste Karte zu lesen. Mr. Halliwell. Soweit sie wußte, war er kein Mitglied der Höllenhunde, und so ging sie zur nächsten Tür. Sir James Westley. Er stand auf ihrer Liste. Sie stellte die Lampe ab und drückte zaghaft auf die Klinke. Die Tür ging sofort auf.
    Mit klopfendem Herzen trat sie ein und versuchte, sich so zu verhalten, als gebe es einen vollkommen natürlichen Grund für ihr Erscheinen.
    Trotzdem war sie erleichtert, als sie sah, daß das Zimmer leer war. Sie stellte die Wärmepfanne auf den Kaminsims und begann, die Kleiderpresse zu durchsuchen.
    Nach seiner Kleidung zu urteilen, war Westley korpulent und leicht verweichlicht. Hastig durchsuchte sie die Kleidungsstücke, besonders gründlich die Taschen, aber sie konnte nichts Interessantes entdecken. Dann zog sie eine nach der anderen die Wäscheschubladen auf. Nichts.
    Nachdem sie sich vergewissert hatte, daß alles so war, wie sie es vorfand, schloß sie die Presse und trat an den Schreibtisch. In einer Ledermappe lagen mehrere Briefe. Mit dem unbehaglichen Bewußtsein der rasch verstreichenden Zeit blätterte sie sie hastig durch. Wieder nichts. Als sie nichts mehr zu durchsuchen fand, fuhr sie mit der Wärmepfanne über die Laken und verließ den Raum.
    Das nächste Zimmer beherbergte den ehrenwerten Sir Roderick Harford. Ausgezeichnet, ein Gründungsmitglied der Höllenhunde und einer der Männer, die sie am meisten interessierten.

    Er war vorsichtiger als Westley und hatte seine Tür abgeschlossen. Kit sah sich um, um sich zu vergewissern, daß sie alleine war. Dann zog sie einen Schlüssel heraus, der die simplen Schlösser in den Türen von Bourne Castle öffnen sollte. Falls sie entdeckt wurde, würde sie behaupten, daß die Tür offen gewesen war. Man würde annehmen, das Schloß wäre defekt.
    Nach einigem Rütteln faßte der Schlüssel. Sie trat ein und begann mit derselben Suche wie in Westleys Zimmer. Harford war wesentlich größer und achtete weniger auf seine Kleidung. Seine Krawatten waren voller Schnupftabaksflecken. Er hätte gut daran getan, seinen Kammerdiener zu entlassen.
    Wieviel Zeit war vergangen? Die Gäste waren tagsüber auf der Jagd gewesen und begaben sich womöglich früh zur Ruhe. Nervös fuhr sie mit den Händen zwischen die Stapel frischgefalteter Halstücher. Wenn sie nur gewußt hätte, wonach sie suchte!
    Auch diesmal sah es so aus, als fände sich nichts von Interesse. Dann entdeckte sie in der untersten Schublade, unter einem Stapel Hemden, ein großes Buch in teurem Ledereinband mit dem Titel Concupiscentia. Sie schlug es auf und verzog das Gesicht. Offenbar hatte der ehrenwerte Sir Roderick eine Vorliebe für obszöne und ziemlich abstoßende Radierungen. Er war jemand, den sie im Auge behalten mußte.
    Sie stand am Schreibtisch, als sie hörte, wie ein Schlüssel sich im Schloß drehte. Einen schrecklichen Augenblick lang glaubte sie, ihr Herz würde stehenbleiben. Die Tür war nicht verschlossen, und der Mann draußen begann, am Schloß zu rütteln, um zu öffnen, was bereits offen war. Ihre momentane Lähmung verflog, und sie stürzte zu der Wärmepfanne hin und schlug die Bettdecke
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