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Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Titel: Tante Dimity und der Kreis des Teufels
Autoren: Nancy Atherton
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Prinzessin womöglich nicht gut genug sind. Er möchte, dass ein Fachmann entscheidet, ob man sie behalten oder durch etwas Besseres ersetzen sollte. Ich würde selbst hinfahren, aber ich muss demnächst nach Yale, wo ich den Vorsitz in so einer verdammten Konferenz über Bü cherkonservierung habe. Außerdem, das Budget in meiner Abteilung …«
    »Yeah, yeah, yeah«, murmelte ich. Ich kannte diese Platte. Immer, wenn Stan in England ein Geschäft mit Büchern witterte, rief er mich zu Hilfe. Mein früherer Chef schien der festen Überzeugung zu sein, dass ich mein Familienleben lediglich deshalb von Boston in dieses winzige Dorf in den Cotswolds verlegt hatte, um sein Reisebudget zu schonen. »Und was bietet Dickie als Gegenleistung für unsere Dienste?«
    »Die Serenissima«, erwiderte Stan.
    Ich stieß einen leisen Pfiff aus. Die Serenissima war ein Gebetbuch aus dem fünfzehnten Jahrhundert, geschmückt mit Blattgold, Halbedelsteinen und bunter Emailarbeit. Ein Prachtstück, das Stan bei seinen Sponsorenessen stolz herumzeigen könnte.
    »Ist das nicht ein ziemlich hoher Preis für einen so kleinen Gefallen?«
    »Was soll ich dazu sagen? Dickie möchte, dass seine Nichte den besten Fachmann bekommt.
    Deshalb hat er mich angerufen. Und deshalb rufe ich dich an. Hilfst du mir, Shepherd? Northumberland ist doch genau das, was du liebst –
    Landschaft, so weit das Auge reicht.«
    Stans Angebot war eine große Versuchung.
    Eine sehr große sogar. Es war eine Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal in einer wirklich interessanten Privatsammlung herumgestöbert hatte, und in Northumberland war ich auch noch nie gewesen. Die Zigeunerin in mir wäre beim Gedanken an diese nebligen, sagenumwobenen Hö hen am liebsten sofort losgezogen, aber die verantwortungsbewusste Mutter in mir trat auf die Bremse.
    »Wie lange würde es dauern?«, fragte ich.
    »Höchstens eine Woche«, versicherte Stan.
    »Die Hollanders wohnen bereits dort. Man würde dich fürstlich unterbringen.«
    »Eine Woche?«, seufzte ich. »Das wäre sehr lange für mich. Bill wird vielleicht nicht so lange mit den Zwillingen allein sein wollen, jetzt, wo sie laufen und anfangen zu sprechen und Zähne bekommen und …«
    »Taugt denn dein neues Kindermädchen nichts?«, unterbrach Stan mich.
    Um ehrlich zu sein, mein neues Kindermädchen war wertvoller, als es die Serenissima jemals sein würde. Annelise Sciaparelli hatte den Job von ihrer älteren Schwester übernommen, nachdem diese geheiratet und nach Oxford gezogen war. Ein Händchen im Umgang mit kleinen Kindern zu haben, schien in der Familie zu liegen, denn Annelise war genauso zuverlässig und kompetent, wie Francesca es gewesen war.
    »Annelise ist ein Goldstück«, erwiderte ich,
    »aber …«
    »Wann ist Bill das letzte Mal auf eine seiner Geschäftsreisen verschwunden?« Stan ließ nicht locker. »Was dem einen recht ist …«
    »Das ist nicht fair«, protestierte ich. »Bills Arbeit ist wichtig und …«
    »Ach, und deine nicht? Ich hab kapiert, Shepherd. Also, dann lass mich wissen, wie dein Herr und Meister entscheidet, okay?« Mein alter Chef schnaubte verächtlich und legte auf.
    Ich legte den Hörer an seinen Platz zurück und sah nachdenklich durch das efeuumrankte Fenster des Arbeitszimmers. Ich hätte Stans Stichelei ignorieren und mit der Verachtung strafen sollen, die sie verdiente – wenn nicht ein Körnchen Wahrheit darin gewesen wäre.
    In letzter Zeit war ich nicht viel herausgekommen, während Bill häufig unterwegs gewesen war.
    In den neunzehn Monaten seit der Geburt der Zwillinge war ich genau eine Nacht von ihnen getrennt gewesen. Bill hingegen war manchmal wochenlang weg, wenn er sich um die europäische Filiale der Anwaltskanzlei seiner Familie kümmern musste. Ich hatte mich bereitwillig damit abgefunden – für mich gab es nichts Wichtigeres als meine Mutterrolle –, aber Stans spitze Bemerkungen ließen meine Rolle doch ein wenig unfair erscheinen.
    Allmählich fragte ich mich, ob sie tatsächlich gut für mich war. Will und Rob waren der größ te Schatz in unserem Leben, der alles für uns bedeutete, aber nach anderthalb Jahren im ausschließlichen Umgang mit den Kleinkindern sank ich langsam auf ihr Niveau ab. Ich musste an unseren fünften Hochzeitstag denken, den Bill und ich in einem eleganten Restaurant in Oxford feierten. Weder Bill noch ich werden jemals vergessen, wie der Sommelier schmerzlich zusammenzuckte, als ich den Wein probierte, ein Gesicht schnitt und
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