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Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Titel: Tante Dimity und der Kreis des Teufels
Autoren: Nancy Atherton
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Ich wagte kaum zu atmen, als ich nach dem Türgriff tastete, mit dem Ellbogen die Wagentür aufdrückte und mich hinaus in den Schlamm warf, wo ich in blinder Panik die Böschung hinaufkletterte, nur weg von dem Abgrund, der sich hinter mir auftat. Vor Angst keuchend drehte ich mich um, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Range Rover, das Heck nach oben gedreht wie ein untergehendes Schiff, in die neblige Tiefe stürzte.
    Kraftlos und vor Entsetzen schluchzend sank ich in den Schlamm. Trotz allem war ein winziger, vernünftiger Teil meines Gehirns zu einer ruhigen Bestandsaufnahme fähig.
    Kein Auto, kein Telefon, kein Mantel, kein Schirm. Keine gebrochenen Knochen, immerhin.
    Aber auch keine Ahnung, wo ich war oder wo ich einen Unterschlupf finden könnte.
    Es sah ganz so aus, als sei der High Tea in Wyrdhurst Hall in weite Ferne gerückt.

2
    MIR WAR SO kalt, dass ich nicht einmal mehr zittern konnte. Mein völlig durchnässter Pullover hing mir fast bis an die Knie, meine Hose aus Wollstoff klebte wie modriges Laub an meinen Beinen, und aus meinen Wildlederstiefeln quoll der Schlamm, als ich, von eiskaltem Wind getrieben, vorwärtsstolperte. Der Wind schien an Stärke zuzunehmen, während meine eigenen Kräfte schwanden. Trotzdem lief ich weiter. Ich war taub an Körper und Seele und wusste weder, wo ich war, noch wie ich hierher gekommen war, ich wusste nur eines: Wenn ich aufhörte zu laufen, würde ich sterben.
    Und das durfte nicht passieren. Gleich hinter der nächsten Kurve warteten Will und Rob auf mich, und Bill war auch da. Sie hatten trockene Kleidung für mich, ein warmes Essen und eine weiche Daunendecke, groß genug für uns alle.
    Schließlich hatte ich doch bereits die lange unbefestigte Strecke bis zur Straße zurückgelegt, da würde ich es auch noch bis zur nächsten Kurve schaffen, oder?
    Wenn nur das Heidekraut nicht so verlockend gewesen wäre. Wenn ich nur dem Wunsch widerstehen konnte, mich auf dem weichen Grasboden zusammenzurollen und einzuschlafen.
    Nur ein kurzes Nickerchen, mehr wollte ich gar nicht. Das würden die Jungen doch verstehen. Sie würden nicht wollen, dass ihre Mama so schrecklich, schrecklich müde war.
    Ein scharfer Schmerz an meiner rechten Kniescheibe brachte mich beinahe zu Fall. Ich sah nach unten und merkte, dass ich gegen eine niedrige Mauer am Straßenrand gelaufen war. Dahinter stand, wie ein bescheidenes Camelot, das sich aus den Nebeln von Avalon erhob, ein winziges weißes Cottage mit zwei Fenstern, die tief in die dicken Wände eingeschnitten waren, und mit einer Tür so blau wie eine Pfauenfeder. Aus dem Schornstein stieg Rauch, der augenblicklich vom wütenden Wind zerpflückt wurde.
    Wie hypnotisiert starrte ich auf den Rauch, bis Bill mir befahl, mich zusammenzureißen. Die Vision verblasste, und ich stolperte mit letzter Kraft auf die blaue Tür zu, hob meine Faust, die ich vor Kälte kaum noch spürte, und schlug zweimal dagegen.
    »Bitte«, flüsterte ich, dann merkte ich, wie meine Beine nachgaben, und ich sank ohnmächtig zu Boden.

    Träge schwamm ich durch ein endloses Meer aus Schlaf. Wie aus weiter Ferne nahm ich den bei ßenden Geruch eines Kohlefeuers und einen flackernden Feuerschein auf den Augenlidern wahr, dazu die vertraute Berührung von Bills Körper, der unter einer dicken Schicht weicher Decken dicht neben mir lag. Mit geschlossenen Augen, nur widerwillig aus den Tiefen des Schlafes auftauchend, drehte ich den Kopf und schmiegte das Gesicht in seine Halsbeuge.
    »Mmm«, murmelte ich. »Du bist so schön warm.«
    »Das war auch die Absicht«, sagte eine Stimme.
    Die Stimme klang nicht wie die meines Mannes.
    »Bill?«, versuchte ich es noch einmal, voller Hoffnung.
    »Einen Bill gibt’s hier leider nicht«, sagte die Stimme. »Tut’s ein Adam auch?«
    Ich öffnete die Augen und sah ein Schlüsselbein, das zwar nicht unattraktiv, mir aber völlig unbekannt war. Als ich den Blick hob, sah ich ein Gewirr dunkler Locken, das ein blasses, herzförmiges Gesicht umrahmte, ein Gesicht, das ich noch nie gesehen hatte. Die Augen des Fremden, dunkel wie die eines Zigeuners, blitzten im Feuerschein, und seine Lippen waren mir so nahe, dass sie fast meine Augenbrauen berührten.
    »Adam Chase zu Diensten«, sagte er, und meine Haare kräuselten sich in seinem Atem.
    »Und wer sind Sie?«
    »Lori«, sagte ich heiser. »Lori Shepherd.«
    »Normalerweise hab ich nichts dagegen, wenn Frauen mir in die Arme fallen, Lori Shepherd, aber Sie
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