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Tannöd

Tannöd

Titel: Tannöd
Autoren: Andrea Schenkel
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pfeift den Hund zurück.
Hält ihn am Halsband fest. 

 
    Traudl
Krieger Schwester der Magd Marie, 36 Jahre
    Am Freitag in der Früh hab
ich mit der Marie ihre ganzen Habseligkeiten zusammengepackt. Viel
hatte sie ja nicht, einen Rucksack voll und noch eine Tasche, mehr
war's nicht. Das ist wirklich nicht viel. Ich hatte ihr
versprochen, sie zur neuen Stellung zu begleiten. Alleine wollte
sie da nicht rausgehen, weil sie den Weg nicht kannte. Fest
versprochen hatte ich es ihr.
    Fest versprochen…
    In der Früh war das Wetter
noch gut. Bis wir endlich los sind, ist es bereits Mittag geworden.
Da war das Wetter nicht mehr besonders. Meine Schwiegermutter ist
gekommen und hat derweil auf meine Kinder aufgepasst.
    Der Erwin, mein Mann, war noch bei
der Arbeit. Er ist ganz in der Früh auf die Baustelle, der ist
Maurer. Am Freitag wird es spät, bis er heimkommt. Nicht, dass
er so lang arbeiten müsst. Nein, am Freitag bekommt er seinen
Lohn und da geht er dann nach der Arbeit in die
Wirtschaft.
    Meistens kommt er spät und
betrunken heim. So sind sie halt, die Männer, vergessen im
Wirtshaus beim Trinken alles, Frau, Kinder, einfach
alles.
    Als wir los sind, die Marie und
ich, da hatte es noch nicht zu regnen angefangen. Da war das Wetter
noch einigermaßen. Am Himmel waren zwar viele dunkle Wolken,
aber im Großen und Ganzen war das Wetter nicht so schlecht. In
den letzten Wochen hatte es ja nur geregnet und
geschneit.
    Ich hab den Rucksack getragen und
die Marie hat ihre Tasche auf den Gepäckträger des
Fahrrads festgebunden. Ab und zu hab ich ihr beim Schieben
geholfen.
    Das Rad hab ich mir ausgeliehen,
genauso wie den Rucksack, von meiner Nachbarin, der Müllerin.
Mit unserem Rad ist nämlich der Erwin zur Arbeit und ich
wollte nicht die ganze Strecke zu Fuß zurück. Ich dachte,
mit dem Radi bin ich schneller wieder daheim. Den Weg zum Danner
hat mir die Verdingerin, die Kramerin, genau beschrieben. Die hat
mir auch von der freien Stelle erzählt.
    »Deine Schwester, die Marie,
die ist doch kräftig. Die kann doch hinlangen und arbeitsscheu
ist die doch auch nicht. Draußen beim Danner ist die Magd
davongelaufen. Die suchen eine neue. Das wär doch was für
die Marie, deine Schwester.« Hat sie zu mir
gesagt.   
    Die Kramerin weiß immer
alles. Zu der kommen die Leut aus der ganzen Umgebung und sagen
ihr, wenns eine neue Magd oder einen Knecht brauchen, oder
erzählen ihr auch sonst die ganzen Neuigkeiten, ob einer gestorben ist,
oder eine ein Kind kriegt. Sogar wenns einen zum Heiraten suchen,
brauchens bloß zu der gehen. Die kann die Richtigen schon
zusammenkuppeln. Ihr Mann macht dann den Hochzeitslader, den
Schmuser.
    Seit Januar war die Marie bei uns,
in unserer kleinen Wohnung.
    Anspruchsvoll ist sie ja nicht,
kann man bei uns ja auch nicht sein.
    Die Wohnung hat zwei Zimmer, eines
für die Kinder und eines für uns. Eine Wohnküche und
ein eigenes Klo hat sie auch. Kein Etagenklo, wo du dich anstellen
musst und warten musst, bis die anderen Parteien fertig
sind.
    Für den Erwin, unsere drei
Kinder und mich reicht die Wohnung aus, aber mit der Marie war es
schon sehr eng.
    Die Marie schlief in der
Wohnküche auf dem Kanapee. Für immer war das nichts,
nein, wirklich nicht, nur übergangsweise. Deshalb war ich doch
so froh über die Stelle.
    Zwischendurch war die Marie
für drei Wochen bei meinem Bruder. Im Februar war das. Der
Bruder hat einen kleinen Hof, ein Sachl. Das hat der von unseren
Eltern geerbt. Dem Bruder seine Frau war krank und da hat die Marie
ausgeholfen. Die Marie war eine gute Haut, wissen Sie. Eine richtig
gute Haut, die konnte wirklich hinlangen und arbeitete
gern, aber sie war auch sehr einfältig.
    Ich meine, sie war etwas
zurückgeblieben. Nicht geistig behindert oder so, nein, eher
ein bisschen naiv und gutmütig.
    Wie es der Schwägerin wieder
besser gegangen ist, ist die Marie zu uns zurück. Mit dem
Bruder hat die Marie sich nicht besonders gut verstanden. Der hat
an ihr immer nur rumgemäkelt, dem konnte sie nichts recht
machen. Der ist schon sein Lebtag lang ein Grantier, der wird sich
nie ändern. Ich bin zwar jünger als die Marie, acht
Jahre, aber für mich war die Marie immer die kleine Schwester,
auf die ich aufpassen musste. Nach dem Tod unserer Mutter war ich
der Mutterersatz für die Marie. Unser Vater ist auch schon
lange tot, kurz nach der Mutter ist der gestorben. Die
Schwindsucht, hat der Arzt gesagt. Wenn es einer verstand, konnte
der die Marie ausnutzen. Sie
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