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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Es klirrte eine Weile, dann kam eine schwere Stablampe zum Vorschein. Gabi balancierte auf ihren Absätzen über den bröckligen Grund zu der Ecke der Baugrube, wo sich die Feuerwehrleute und Sanitäter aufhielten.
    »Was gefunden?«, fragte Gabi, als sie die Männer erreichte.
    »Nur das da«, einer der Feuerwehrleute richtete den Lichtstrahl seiner Taschenlampe auf einen niedrigen Mauerrest. »Das Blut war noch nicht geronnen, als wir ankamen.«
    Gabi beugte sich über die dunkle Stelle auf den brüchigen Sandsteinen.
    »Scheint eine beträchtliche Menge Blut zu sein.« Es hatte sich über den Stein verteilt und war in die Ritzen dazwischen gelaufen.
    Gabi kam wieder hoch und leuchtete nach oben. Über ihnen hingen bedrohlich die Trümmer des aufgerissenen Hauses, als könnten sie jederzeit auf sie herabstürzen.
    »Wer hat angerufen?«, fragte Walde.
    »Der Anruf war, glaube ich, anonym«, antwortete der Mann mit dem weißen Helm und der roten Jacke mit grauen und weißen Querstreifen.
    »Ist der Notarzt noch da?«
    »Nein.«
     
    Auf dem Weg zurück zur Leiter raunte Walde seiner Kollegin zu: »Das schauen wir uns morgen noch mal an. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich jemand nach einem derartigen Blutverlust aus eigener Kraft von hier wegbewegen konnte.«
    »Und das Band mit dem Anruf besorgen wir uns auch«, sagte Gabi und wies auf die Leiter. »Nach dir, sonst guckst du mir womöglich noch unter den Rock.«

Mittwoch
    Als er aufwachte, wusste Walde nicht, wie lange er den dumpfen Klingelton des Telefons in seinen Traum hatte integrieren können. Er war wieder ein junger Messdiener gewesen und hatte von Hand die Turmglocken geläutet und sich vom knotigen Seil in die Höhe schwingen lassen. Seltsam war die Feuerwehruniform, die er im Traum getragen hatte.
    Doris schlief neben ihm auf dem Rücken. Er spürte seine Tochter Annika, die sich dicht an seinen Rücken kuschelte. Wie so oft, war sie tief in der Nacht mit dem Kuschelfell im Schlepptau ins Elternbett geschlüpft und hatte es sich dort ganz leise gemütlich gemacht. Behutsam kletterte er übers Fußende aus dem Bett. Das Telefon läutete weiter. Hinter dem Fenster war der Garten noch dunkel. An der leichten Übelkeit spürte Walde, dass er erst wenige Stunden geschlafen hatte.
    In der Diele nahm er sein Mobiltelefon aus der Jacke und schlich damit in die Küche.
    »Bock.« Walde fand auf dem Küchentisch ein unberührtes Gedeck mit Weinglas.
    »Sorry, wir haben einen Toten auf der Römerbrücke.« Grabbe klang zaghaft. »Möchtest du kommen?«
    »Todesursache?«
    »Wahrscheinlich abgestürzt.«
    »Wie kann man auf die Römerbrücke abstürzen?« Walde betrachtete die ungespülten Töpfe auf dem Herd.
    Die Uhr am Backofen zeigte fünf Uhr vierzig.
    »Der Tote liegt auf einem Brückenpfeiler.«
    »Bin gleich da.« Der große Kopf von Quintus tauchte vor dem Fenster auf. Der Malamute hatte seine Pfoten auf die Fensterbank gestellt.
     
    Walde bog von der nebligen Uferstraße auf die Römerbrücke ab. Auf den beiden Spuren vor der stadteinwärts führenden Ampel am Brückenkopf warteten zu dieser frühen Zeit nur wenige Wagen.
    Knapp fünfzig Meter dahinter war die linke Spur zugeparkt. Die Wagen auf der leicht ansteigenden Straße erinnerten ihn an das Szenario vor wenigen Stunden an der Baustelle. Wieder Polizei-, Kranken- und Feuerwehrwagen mit blinkendem Blaulicht und zahlreiche Schaulustige. Er parkte auf dem Bordstein dahinter. Ein Polizist leitete den Verkehr auf die Gegenfahrbahn. Die Lichter spiegelten sich im dunkel glänzenden Asphalt.
    Grabbe trat in der Mitte des kleinen Abschnitts auf dem Bürgersteig, der von Polizisten frei gehalten wurde, von einem Fuß auf den anderen.
    Walde schaute sich um, während er auf seinen Kollegen zuging.
    »Morgen, wo ist es?«
    »Da unten.« Grabbe deutete in Richtung des Brückengeländers.
    Walde blickte durch Nebelschwaden auf die dunkle Oberfläche der Mosel, die wie ein verkrumpeltes Betttuch nach einer unruhigen Nacht aussah.
    Die Tür eines neben ihnen stehenden Feuerwehrwagens ging auf. Ein Mann mit Auffanggurten für eine Seilsicherung über einer roten Jacke stieg aus.
    »Sie schon wieder! Beim dritten Mal geben Sie einen aus«, sagte er, als er auf Walde zuging. »Aber, keine Bange, mein Dienst ist in einer Viertelstunde vorbei.«
    »Mein Dienst beginnt erst in zwei Stunden«, murmelte Walde.
    »Sie müssen näher ran.« Der Mann beugte sich über das Geländer; dabei stieß der Helm in seiner Hand
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