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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Autoren: Lynn Flewelling
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standen«, verkündete er mit derselben tiefen, weithin vernehmlichen Stimme. »Die Priesterschaft des Tempels in Ero hat die Tafel gerettet und heimlich nach Afra gebracht, wo sie versteckt wurde, bis wieder eine wahre Königin in Ero Einzug halten würde.
    Hört mich an, ihr Menschen Eros, die ihr in den Trümmern eurer Stadt steht. Diese Tafel bedeutet nichts. Die Worte, die sie trägt, entstammen der Stimme Illiors, darauf festgehalten von der ersten Königin des Lichtträgers. Diese Prophezeiung wurde erfüllt und lebte in den Herzen der Gläubigen weiter, die ihre Pflicht eine Zeit lang vernachlässigt haben.
    Hört mich an, ihr Menschen Eros, die ihr in das Antlitz Tamírs blickt, der Tochter der Ariani und aller Königinnen, die da vor ihr kamen, ja sogar der Ghërilain selbst. Das Orakel schläft nicht und sieht nicht falsch vorher. Es hätte dieses Zeichen keiner Heuchlerin geschickt. Es sah diese Königin vorher, bevor sie empfangen wurde, bevor Erius den Thron seiner Schwester raubte, bevor sich ihre Mutter in Dunkelheit verlor. Zweifelt an meinen Worten, zweifelt an diesem Zeichen, und ihr zweifelt am Lichtträger, eurem Beschützer. Ihr habt geschlafen, Menschen Eros. Erwachet nun und seht klar. Die wahre Königin hat euch gerettet und steht nun vor euch, um euch ihr wahres Gesicht und ihren wahren Namen zu offenbaren.«
    Tobin spürte, wie sich die Härchen an ihren Armen langsam aufrichteten, als der nebelhafte Schemen einer Frau neben ihr auf dem Podium Gestalt anzunehmen begann. Als sie sich verfestigte, erkannte Tobin, dass es sich um ein Mädchen etwa in ihrem Alter handelte, gekleidet in ein langes, blaues Kleid. Darüber trug sie einen Brustharnisch aus vergoldetem Leder, auf dem das uralte Symbol Skalas prangte, der Halbmond und die Flamme. Das Schwert Ghërilains, das sie aufrecht vor ihrem Gesicht hielt, wirkte frisch geschmiedet. Ihr wallendes Haar war schwarz, ihre Augen funkelten in einem dunklen, vertrauten Blau.
    »Ghërilain?«, flüsterte Tobin.
    Vor ihren Augen wurde das Geistmädchen zu einer Frau mit eisengrauem Haar und tief um den Mund und die Augen gegrabenen Sorgenfalten.
    Tochter.
    Das Schwert war mittlerweile eingekerbt und blutig, leuchtete jedoch strahlender als zuvor. Sie reichte es Tobin dar, wie es Tamírs Geist getan hatte, und aus ihren Augen schien eine Herausforderung zu sprechen: Dies gehört dir. Erhebe Anspruch darauf!
    Als Tobin danach greifen wollte, löste sich der Geist auf, und sie blickte stattdessen durch eines der hohen Fenster hinaus. Sie konnte an den niedergebrannten Gärten vorbei die rauchenden Trümmer der Stadt und den von Wracks übersäten Hafen dahinter erkennen.
    Solange eine Tochter der Linie des Thelátimos …
    »Tob?« Kis ängstliches Flüstern holte sie ruckartig zurück in die Gegenwart.
    Ihre Freunde beobachteten sie besorgt. Der Priester aus Afra trug immer noch die Maske, doch in seinen Augen sah Tobin dieselbe Herausforderung wie in jenen Ghërilains.
    »Tobin, geht es dir gut?«, fragte Ki.
    Sie hob ihr Schwert an, das sich zu leicht in der Hand anfühlte, salutierte damit vor der Menge und rief: »Bei dieser Tafel und bei dem Schwert, das nicht hier ist, verpflichte ich mich Skala. Ich bin Tamír!«

 
K APITEL 60
     
    Das Geräusch ihrer Zimmertür, die aufgerissen wurde, ließ Nalia aus ihren Träumen hochschrecken. In der Kammer herrschte noch Dunkelheit, abgesehen von einem schmalen Streifen des sternengesprenkelten Himmels, der sich durch zwei schmale Fenster des Turmes abzeichnete.
    »Herrin, wacht auf. Sie sind alle wahnsinnig geworden!« Es war ihr Page, und der Junge hörte sich zu Tode verängstigt an. Sie spürte seine Furcht so deutlich wie die allgegenwärtige Feuchtigkeit, die jeden Raum dieser einsamen Festung durchdrang, in die sie gebracht worden waren.
    Ihre Amme rollte sich mit einem verärgerten Grunzen im Bett herum. »Wahnsinnig geworden? Wer ist wahnsinnig geworden? Wenn das ein weiterer deiner nächtlichen Schauerstreiche ist, Alin, lasse ich dich bei lebendigem Leibe häuten!«
    »Nein, Vena, hör nur.« Nalia rannte zum Fenster, das den Burghof überblickte, und schob die Bleiglasscheibe auf. Tief unten erblickte sie sich bewegende Fackeln und hörte das Klirren von Stahl. »Was geht da vor sich, Alin?«
    »Die grauen Gardisten haben sich gegen die Garnison von Cirna gewandt. Sie metzeln sie nieder!«
    »Wir müssen die Tür verriegeln!« Vena zündete an den glimmenden Kohlen eine Kerze an, dann half sie
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