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Titel: talon005
Autoren: Unsichtbare Augen
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Verhooven einen zweifelnden Blick zu, während er sich zu ihr umdrehte. Die Fahrt dauerte bereits mehrere Stunden, und so nutzte Vanderbuildts Angestellte die Gelegenheit, etwas Licht in das Dunkel zu bringen, das diesen Mann umgab.
    Also begann sie ein unverfängliches Gespräch, in der sie über ihre Arbeit und die Gründe redete, die sie hierher geführt hätten. Doch Talon hatte ihr die ganze Zeit nur zugehört, ohne selbst etwas von sich zu erzählen.
    „Warum nicht?“, antwortete sie auf die noch offene Frage. „Sicher, wir gehen etwas unorthodox vor. Aber die politische Lage hier in Zentralafrika erfordert etwas Improvisation, und Vanderbuildt, Inc. lässt uns solche Freiheiten. Und vergessen Sie nicht, sonst wären wir nie zu den Ruinen gekommen – und zu Ihnen!“
    Talon ging auf die Bemerkung nicht ein und sah stattdessen nur zu den steinernen Pfeilern herüber. „Sie sind fremdartig“, murmelte er kaum hörbar vor sich her. „Ich war noch nie hier.“
    „Hey, Großer!“, ließ ihn ein Zuruf aufschrecken. Er fuhr herum und blickte in ein dunkles, großes Auge. Mehrere Klickgeräusche waren zu hören, dann legte Alice Struuten die Kamera auf ihren Schoß, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen.
    „He, was soll das?“, reagierte Talon gereizt. Er warf der Fotografin einen wütenden Blick zu.
    Diese legte ein schüchternes Lächeln auf. „Nur ein Foto“, entschuldigte sie sich. „Mmmh, ich seh’ schon den Titel: ‚Eine Safari mit Tarzan’.“
    Sie verstaute die Kamera vorsichtig in ihrer Tasche und sah Talon dann forschend an.
    „Sagen Sie, können Sie das eigentlich? Mit Lianen schwingen und so?“
    Zum ersten Mal hörte sie den Mann laut auflachen. „Seien Sie nicht albern“, erwiderte er. „Die Lianen hängen nie dort, wo man sie gerade braucht. Ich bin auch eher in der Savanne zuhause und halte mich nur selten im Dschungel auf.“
    „Schade!“ Alice machte sich in Gedanken bereits die ersten Notizen. Sie beugte sich etwas vor, um nicht ständig gegen die Fahrtgeräusche anschreien zu müssen. „Und mit – –!“
    Eine harte Bremsung presste sie schmerzhaft in den Sitz vor ihr. Die Fotografin schrie auf und hielt sich nur mit Mühe an einer Querstange fest, während sie mit dem Oberkörper aus dem Fahrzeug hing.
    „Eugene –?“, rief sie ihre Frage ins Leere. Der Belgier fluchte. Noch immer war der Wagen nicht zum Stillstand gekommen, sondern raste mit unverminderter Geschwindigkeit über das Geröll hinweg. Aus einem Grund, den Alice nicht sah, riss der Fahrer erneut das Steuer herum. Sie schloss nur die Augen und schnappte hastig nach Luft. Durch den aufgewirbelten Staub hörte sie aus verschiedenen Richtungen kurze Rufe und Befehle.
    „Gegensteuern!“ „Festhalten!“
    Ein harter Schlag erschütterte den Wagen. Alice konzentrierte sich nur auf ihre rechte Hand, die sich fest um einen Haltegriff geschlossen hatte, während sich die Welt um sie drehte. Der Rover überschlug sich und rutschte unkontrolliert über den steinigen Boden.
    Nach einer scheinbaren Ewigkeit kamen alle Bewegungen zur Ruhe. Alice hörte nur ihr eigenes Herz, das heftig in ihrer Brust pochte, und ihr hastiges Atmen. Sie wagte es nicht, den Griff loszulassen.
    Ohne es unterdrücken zu können, begann sie zu weinen.

    Der schwarze Hüne erhob sich wie ein Felsen auf dem verlassenen Baugelände am Rande von Kairo. Ein Sandsturm suchte die Millionenstadt seit Stunden heim und hüllt die Häuser zu dieser frühen Nachmittagstunde in ein Dämmerlicht, als sei die Nacht bereits angebrochen.
    In vielen der Häuser brannten daher schon die ersten Lichter, die sich jedoch schnell in den Sandwehen verloren, die durch die Straßen zogen.
    Unbeeindruckt trotzte der kahlköpfige Mann den Naturgewalten. Es schien fast so, als genieße er das Chaos, in dem er sich befand. Um seine Fingerspitzen tanzten kleine Lichtwirbel, die wie Blitze in die Höhe zuckten.
    „Shion!“, dröhnte seine tiefe Stimme durch das Röhren des Sturms. Er reckte den Kopf in den Himmel und hielt die Augen geschlossen.
    „Du willst mich quälen, demütigen, wie vor so vielen Jahren, so vielen Äonen!“ Seine Arme vollführten ausladende Bewegungen, die jedoch einem fest vorgegebenen Muster zu folgen schienen.
    „Nein, ich werde freikommen und zurückkehren –“, fuhr er fort. Seine rechte Hand ballte sich zur Faust, während seine blutunterlaufenen Augen nach Süden blickten „ – in den Dschungel. Deinen schwarzen Leib werde ich
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