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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris
Autoren: Henri Sanson
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Leser dieser Blätter bei Schließung des Buches sagen können: »Es ist das Testament der Todesstrafe, geschrieben von dem letzten Henker!«
    Sanson.

Geschichte des Henkers
Ursprung meiner Familie
    Es ist also meine Pflicht, zu erzählen, wie durch einen bitteren Spott des Schicksals der, welcher seinem Sohne die schreckliche Erbschaft hinterließ, die ich angetreten habe, ein Edelmann war; Pflicht ist es, zu Anfang dieses Buches zu gestehen, daß eine Schuld sechs Generationen meiner Vorfahren auf den schimpflichen Weg stürzte, auf dem das Unglück sie bis jetzt festgehalten hat.
    Im fünfzehnten Jahrhundert hatte sich meine Familie zu Abbeville niedergelassen und nahm in der Geschichte dieser Stadt einen ehrenvollen Platz ein.
    So folgten sich mehrere Sansons in der Bürgermeisterwürde der Hauptstadt des Grafen von Ponthieu.
    Ein Mitglied dieser Familie diente Heinrich IV. in allen seinen Kriegen und wurde bei Fontaine-Française, wo der Béarner selbst beinahe von spanischer Kavallerie gefangengenommen worden wäre, schwer verwundet. Als der Friede von Vervins dem Bürger- und fremden Kriege, der das Königreich verheerte, ein Ende gemacht hatte, kehrte dieser brave Waffengefährte des großen Heinrich in seine Geburtsstadt zurück und verbrachte dort seine letzten Lebenstage, von der Achtung und Verehrung seiner Mitbürger umgeben; er starb daselbst am 31. Mai 1593. Sein Enkel war einer der bemerkenswertesten Männer in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts, er hieß Nikolas Sanson und war der Vater der neueren Geographie.
    Dieser berühmte Gelehrte, der im Jahre 1609 geboren wurde, hatte bereits einen europäischen Ruf, als der Kardinal Richelieu, der nicht die Absicht hatte, einen Mann, der ihn in seinen großen Plänen von transatlantischer Kolonisation zu unterstützen vermochte, in einer Provinzialstadt zu lassen, ihm eine angemessene Pension aussetzte und ihn mit seiner ganz besonderen Zuneigung beehrte.
    Dem allmächtigen Minister zu gefallen, war das sicherste Mittel, die Gnade des königlichen Phantoms, im Namen dessen dieses mächtige Genie herrschte, zu erlangen. Auch andere Gründe noch empfahlen Nikolas Sanson der Aufmerksamkeit des Monarchen.
    Die Geschichte hat Ludwig XIII. gerichtet. Den Menschen mit dem Herrscher verschmelzend, hat sie über beide das Urteil der Nichtigkeit gefällt.
    Nichts ist weniger richtig.
    Der Sohn Heinrichs IV. liebte Künste und Wissenschaften, er war leidlicher Musiker und sprach mit viel Feinheit und Geschmack über die Malerei; im ganzen war seine Erziehung zu einer Zeit, in der die Unwissenheit noch immer traditionell in den höchsten Klassen war, ziemlich bemerkenswert.
    Er verkannte das Verdienst des Geographen, den ihm sein Minister berufen hatte, keinen Augenblick, und Nikolas Sanson empfing zahlreiche Beweise der königlichen Gunst.
    Die Zerstreuungen des Hoflebens, die Beziehungen des Gelehrten zu den berühmtesten Zeitgenossen fesselten Nikolas Sanson sehr oft an Paris, obgleich er daselbst nicht seinen eigentlichen Wohnsitz aufgeschlagen hatte. Das Bedürfnis der Sammlung und Einsamkeit, die Sehnsucht nach dem väterlichen Herde führten ihn immer wieder nach Abbeville zurück, woselbst er den größten Teil des Jahres zubrachte.
    Im Jahre 1638, als Ludwig XIII. seinen Einzug in Abbeville hielt, lehnte er das Anerbieten eines der Majestät würdigen Quartiers ab und wollte trotz der Bitten des Magistrats seinen Geographen um Gastfreundschaft bitten.
    Ein König von Frankreich, ein Bourbon, schlief zwei Nächte unter dem bescheidenen Dache meiner Familie, deren einer Abkömmling eines Tages im Namen eines barbarischen und gotteslästerlichen Gesetzes die Hand an einen anderen Bourbon, einen anderen König von Frankreich, legen sollte.
    Wie sonderbar sind nicht Schicksalsspiele!
    Charles Sanson, der Stamm, dessen letzter Ausläufer ich bin, war der Tradition nach von derselben Linie wie Nikolas Sanson.
    Ich bin nun mit denen meiner Ahnen fertig, welche Bürger waren, Platz für die, welche man Henker genannt hat!
Charles Sanson de Longval
    Charles Sanson war zu Abbeville im Jahre 1635 geboren. Als er noch in der Wiege lag, starben ihm schon Vater und Mutter.
    Er hatte einen schon 1624 geborenen, also elf Jahre älteren Bruder, Jean Baptiste Sanson.
    Ein Bruder der Mutter, Pierre Brossier, Herr von Limeux, nahm die beiden Waisen zu sich. Seine Güte und Zärtlichkeit entschädigten sie für die Traurigkeit ihrer Lage. Er hatte eine Tochter, die
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