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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung
Autoren: Raymond E. Feist
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hatte er die Gefahren aufgezeigt, die durch radikale Abkehr von den Traditionen bestanden. Tapek war überzeugt, daß Maras kürzliche Handlungen wenn nicht der Beweis, dann sicherlich ein starkes Indiz dafür waren, daß sie daran arbeitete, die Versammlung zu vernichten. Und das war ein Affront gegen die Tradition, der den blassen Magier vor Zorn erzittern ließ.
    Tief in greuliche Spekulationen versunken, rannte Tapek beinahe gegen Shimone, der auf der Straße stehengeblieben war und allem Anschein nach auf den Wind lauschte.
    »In welcher Richtung willst du suchen?« fragte Shimone.
    Tapeks Zorn vertiefte sich. Es erniedrigte ihn, wie ein Untergebener zu handeln, doch wenn er nicht durch eine weitere Beschwörung die Vergangenheit herbeirief und es Shimone überließ, würde der alte Knabe sicherlich die halbe Nacht damit verbringen, sich gedanklich durch diesen Prozeß zu schlängeln!
    Es folgten einige nervenaufreibende Stunden, während Tapek, ermüdet von den Anstrengungen, den Bann aufrechtzuerhalten, das Phantombild von Mara und ihren zwei Offizieren beschwor. Diese beiden, der Erste Berater und ein anderer mit dem Federbusch des Kommandeurs, begleiteten ihre Lady auf einem sich schlängelnden Weg zurück durch die Straßen des Armenviertels. Sie liefen im Kreis, manchmal gar zweimal auf dem gleichen Weg! Tapek kochte vor Wut. Beharrlich wie ein Besessener folgte er. Und er mußte warten, während die Lady einen Geschäftsbesuch bei einem Kleiderhändler vornahm. Geld wechselte die Hände. Ein Päckchen, eingepackt und versiegelt, wurde ihrem Berater übergeben. Dann begann die Parade von neuem. Schließlich kehrte die Lady zu der Ecke zurück, wo ihre Eskorte und Träger warteten. Sie bestieg die Sänfte. Zu seinem Verdruß begriff Tapek, daß die Stadtuhr bereits drei Uhr verkündete! Selbst der fette alte Hochopepa, entschied er, hätte weniger Zeit verschwendet als diese verfluchte Gute Dienerin des Kaiserreiches.
    Das geisterhafte Abbild von Lujan bestand immer noch, und er rückte seinen Helm zurecht. Der Sitz der Federn schien ihm nicht zu gefallen, und er rückte sie mal in die eine Richtung, mal in die andere; sein Handgelenk überschattete dabei sein Gesicht, während er ausführliche Anweisungen an den Truppenführer der Ehrengarde seiner Herrin gab. Dann endlich erhob sich die eisblasse Nachahmung der Sänfte in dem Griff der Träger. Das Gefolge schwebte weiter über die dunkler werdenden Straßen von Sulan-Qu, während Lujan und der Erste Berater das eingewickelte Päckchen für eine unbestimmte Aufgabe an sich nahmen; ihre Lippen bewegten sich in einem raschen Austausch von Versen mit obszönen Inhalten.
    In seiner verrückten, begriffsstutzigen Weise kicherte Shimone über ihren Humor, der direkt aus der Gosse kam. Er schien bereits zu zögern, Maras Sänfte weiterzuverfolgen, was, wie Tapek kochend dachte, genau das war, weshalb sie hierhergesandt worden waren!
    Mehrere Male mußte Tapek seine Aufmerksamkeit neu bemühen, während er das Phantombild verfolgte. Die breiten Boulevards mit den sie umgebenden Gebäuden und den geschäftigen Straßen lieferten wirre Bilder, die von Hunderten anderer überlagert wurden. Es erforderte viel Energie, die ausgewählte Gruppe weiterzuverfolgen. Nur weil die wenigen Leute, die in den frühen Stunden vor Sonnenuntergang noch draußen waren, den Schwarzen Roben sofort Platz machten, konnte Tapek die Illusion von Maras Sänfte aufrechterhalten. Tapek war beinahe erschöpft, als die Beschwörung sie schließlich zu den Stufen des Tempels von Turakamu führte. Dort vermischten sich die Konturen der Gestalten und der Sänfte, als die Vergangenheit sich mit der Gegenwart vereinigte und Maras Sklaven ihre Bürde zu Boden ließen. Tapek verscheuchte die Beschwörung mit einer Handbewegung. Das blaue Glühen verschwand und enthüllte Maras Sänfte auf dem Gehweg – leer. Er blinzelte, um die Müdigkeit zu verjagen, die die Anpassung der Augen an die Realität verlangsamte.
    Maras Wachen und Diener waren fort, wahrscheinlich, um es sich in einem Wirtshaus bequem zu machen, während ihre Herrin im Tempel ihren Geschäften nachging. Die Sterne über ihnen hatten begonnen, in einer falschen Morgendämmerung zu verblassen, und Tapek war in schlechter Stimmung, weil er sich die Füße auf dem Kopfsteinpflaster wund gelaufen hatte. Er versetzte einen Sklaven in Angst und Schrecken, der die Stufen zum Tempel des Roten Gottes wischte, und schickte den Armen nach dem
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