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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung
Autoren: Raymond E. Feist
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mit einem langen Stück Seide herumzufuchteln. Allzu häufig, so schien es, verhinderte der Stoff den Blick auf seinen Mund. Ein leichtes Wehen der Seide durch seinen Atem verriet, daß er seine Worte verbarg. Doch keine Beschwörung der Vergangenheit konnte den Ton seiner Worte zurückholen. Den Aufprall von Licht auf Gegenstände oder Wesen konnte man in die ursprüngliche Form zurückholen und auch noch Tage später erkennen, doch der Klang war etwas zu Zerbrechliches, als daß er mehr als wenige Sekunden angehalten hätte.
    Tapek fluchte. Angespannt wie eine Relli sah er zu, wie Jamel sich erhob und Mara zur Wand geleitete. Dort wandten sie dem Raum ihren Rücken zu, und allem Anschein nach fuhr der geringere Magier allen Ernstes fort, die Lady genau in diese Art von Betrug einzuweisen – wie man mit den Händen durch die Luft fuhr, Bewegungen vollführte, die nichts weiter bedeuteten, als das ignorante Volk zu beeindrucken, das vorbeikam, um diese oder jene Veränderung ihres Lebens zu erkaufen – dies erniedrigte den Ruf der Magier als Gesamtheit, und das erzürnte Tapek. Seine Hände zitterten vor Wut, als er die Kräfte beibehielt, die diese Beschwörung verursachten. Eisig meinte er: »Die Lady scheint plötzlich bemerkenswert dumm zu sein. Ist das die vierte oder fünfte Wiederholung von diesem Mist?«
    Zu seinem Ärger schien Shimone auch noch zu lachen – nicht geradeheraus, das war niemals seine Art, doch in seinen tiefen Augen tanzte ein Licht. »Ich habe dich gewarnt, Tapek. Jamel war kein Idiot. Und nein, die Lady ist sicherlich nicht dumm.«
    Die verschleierte Belehrung im Ton seines Kollegen erneuerte Tapeks Wut. Doch aus Entschlossenheit und Groll erduldete er die Scharade, bis Jamel endlich aufhörte, bedeutungslose Symbole nachzuahmen, und sich daranmachte, vornübergebeugt etwas auf ein Pergament zu kritzeln. Da die Beschwörung die Abdrücke vergangener Ereignisse nur so wieder herbeirufen konnte, als würde der Beobachter im Raum stehen, konnte Tapek nichts von dem Geschriebenen lesen, egal, wohin er sich auch stellte. Tapek starrte auf die Kohlenpfanne, nur um zu erkennen, daß Shimone die Asche des verbrannten Pergaments bereits untersucht hatte, wahrscheinlich gleich nach ihrem Eintritt in Jamels Behausung.
    »In der Tat«, bemerkte der ältere Magier als Antwort auf Tapeks Gedanken. »Die Worte waren bereits verloren, bevor wir hier eintrafen.«
    Tapek beendete die Beschwörung in dem Augenblick, da Mara das sorgfältig gefaltete Pergament erhielt und ging. Ungeachtet der blutbefleckten Erde oder der verschmutzten Kissen stampfte Tapek in mühsam unterdrückter Wut um die Kohlenpfanne herum, von den Zehen bis in die Haarspitzen angespannt. »Götter, könnte ich nur da stehen, wo diese Wand ist, und meine Beschwörung erneuern, dann würde ich viel erfahren, denn man konnte an ihrer Haltung sehen, daß die Lady und unser toter Mann offen miteinander sprachen, als sie die Regale anblickten!«
    Shimone, immer realistisch, zuckte mit den Schultern. »Wir verschwenden Zeit.«
    Tapek umrundete seinen Kollegen, der jetzt wie ein älterer Lord ungeduldig dastand und unter dem langsamen Verhalten eines unfähigen Dieners litt. »Mara!« rief Tapek. »Wir werden sie fragen!«
    Als wäre er von seinen Gedanken befreit und könnte jetzt handeln, stapfte Shimone zur Tür. Er schob die Fellklappe zur Seite und trat hinaus in den kaum weniger süßlichen Gestank des Weges. »Ich habe mich schon gefragt, wann du endlich darauf kommen würdest.«
    Tapek ließ Jamel da liegen, wo er war, und stürzte seinem Kameraden hinterher, die roten Brauen stürmisch emporgezogen. Wenn er es gewagt hätte, frei darüber zu sprechen, hätte er Shimone beschuldigt, ihn behindert zu haben. Der alte Magier war ein Freund von Hochopepa, und die beiden setzten sich manchmal für recht seltsame Dinge ein. Hatten sie nicht nach dem katastrophalen Zwischenfall bei den Kaiserlichen Spielen zusammen Milamber verteidigt? Es spielte für Tapek kaum eine Rolle, daß Milamber später seinen Wert für das Kaiserreich bewiesen hatte, indem er den Kaiser und die Versammlung vor der Gefahr des Alten Feindes warnte. Seine Gefühle gegenüber Elgohar, dem Magier, der Hochopepa eingesperrt und Milamber gefoltert hatte, waren gemischter Natur; Elgohar war sicherlich verrückt gewesen, doch er hatte getan, was ihm für das Kaiserreich am besten erschien. Milamber hatte ihn jedoch vernichtet, und zusammen mit seinen anderen Schandtaten
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