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Täuscher

Täuscher

Titel: Täuscher
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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zusammenbestellt, und wir sind hinüber in die Neustadt. Aber auch diesmal hat uns keiner aufgemacht. Also, wissen S’, Herr Kommissär …«
    »Kriminaloberwachtmeister«, warf Huther ein.
    »Herr Kriminaloberwachtmeister«, berichtigte sich Bertha Beer, und ihre Stimme hatte jetzt einen spitzen, gereizten Unterton. »Ich hab das nicht verstehen können. Als Mietbeginn war der erste April ausgemacht, und die Ganslmeier, die hat doch gewusst, dass wir vorbeischauen würden. Sie selbst hat mich doch richtig gedrängt. Gesagt hat s’, ich soll nur recht bald in die Wohnung einziehen. Nicht mehr wohl fühlen würde sie sich, so auf sich gestellt mit der kranken Mutter. Erst jammern, und dann macht keiner auf!«
    Verärgert wandte sie sich an ihre Schwester. »Sag doch auch was, Gustl. Sitz doch nicht immer so dasig da!«
    »Die Bertha hat recht, wir machen uns halt Sorgen, denn seltsam ist das schon, dass nie einer da ist.«
    »Wissen S’, wir haben doch gesehen, wie malade die alte Ganslmeier beieinander war. Die Clara hat uns am Mittwoch noch vorgegreint, nur ein paar kurze Besorgungen könne sie erledigen, weil doch die Mutter nun schon seit Wochen bettlägrig sei. Alleine lassen, das ginge gar nicht! Genau das waren ihre Worte, ›Alleine lassen geht gar nicht‹, und was für eine Entlastung es für sie wäre, wenn noch jemand in der Wohnung wäre und vielleicht auch einmal nach der Mutter schauen könnte. Verstehen S’ jetzt, Herr Kommissär, warum ich nicht weiß, was ich davon zu halten hab?«
    Huther schien es, als würden Bertha Beers Augen im Laufe der Unterhaltung zusammenrücken, ihr Gesicht wurde dem eines Raubvogels immer ähnlicher.
    »Heute, am Samstag, da habe ich meinen freien Tag, und so bin ich gleich in der Früh mit meiner Schwester hinüber in die Neustadt. Um halb acht waren wir da. Ein allerletztes Mal wollten wir es versuchen, und stellen S’ sich vor, auch diesmal hat uns keiner die Tür aufgemacht. So geht das jetzt schon den dritten Tag hintereinander, Herr Kommissär!«
    Bertha Beer wurde immer lauter und heftiger, während ihre Schwester Auguste mehr und mehr in ihrem Stuhl zusammenschrumpfte.
    »Wir haben geklingelt, geklopft und auch gerufen, aber keiner hat uns geöffnet!«
    Sie holte wieder ihr Schnäuztuch aus der Tasche und fuhr fort.
    »Wenn S’ mich fragen – so, wie es aussieht, ist die Clara weggefahren und hat ihre Mutter hilflos in der Wohnung zurückgelassen. Von so was hört man doch immer wieder, und in Landshut ist es ja ein offenes Geheimnis, dass die junge Ganslmeier seit über einem Jahr ein Techtelmechtel mit einem jüngeren Mann hat, dem Hubert Täuscher von der Bürstenfabrikation Täuscher. Ganz verliebt ist s’ in den Hubert. In der ganzen Stadt erzählt man sich, sie soll sich sogar mit ihm verlobt haben. So ist das, wenn man in späten Jahren Feuer fängt, die Clara hat halt schon geglaubt, sie würde übrig bleiben, als alte verdörrte Jungfer enden. Nach dem Krieg ist die Auswahl schon recht eingeschränkt, und ein jeder wäre für sie ja auch nicht in Betracht gekommen. Da ist der Hubert schon richtig, der stammt aus einer angesehenen Familie. Auch wenn ich ja eher glaub, dass er ein Weiberer ist und ein rechter Strizzi! Zur Gustl hab ich gesagt, die ist mit dem ein paar Tage weggefahren. Ja, da brauchen S’ mich gar nicht so ungläubig anschauen – nach allem, was ich gehört hab, da zählt man eins und eins zusammen. Da wäre sie nicht die Erste, die wegfährt und die alte Mutter in der Wohnung zurücklässt. Lesen S’ keine Zeitung?«
    Bertha schnäuzte sich laut, um gleich darauf fortzufahren.
    »Das hat auch die Frau Zahlmeister Schmidt gemeint, die wohnt unter der Familie Ganslmeier.«
    Huther schnaufte auf, sein Bauchschneiden hatte etwas nachgelassen, und wie er hoffte, würden sich die Ausführungen langsam dem Ende nähern.
    »Herrgott, kannst vielleicht auch einmal was sagen, Gustl! Lass mich doch nicht die ganze Zeit alleine mit dem Herrn reden!«
    Bertha Beer stieß ihre Schwester mit dem Ellbogen an, diese erwachte daraufhin wieder aus ihrer Lethargie, zumindest richtete sie sich in ihrem Stuhl etwas auf.
    »Was soll ich sagen, wir haben geklopft und gerufen, aber in der Wohnung ist es ganz still geblieben. Nachdem uns wieder keiner aufgemacht hat, sind wir runter zur Frau Schmidt.«
    Auguste Kölbl hatte den Blick gesenkt und spielte, wie schon die ganze Zeit, weiter am Verschluss ihrer Tasche.
    »Zuerst hat die Frau Schmidt es gar
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