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syrenka

syrenka

Titel: syrenka
Autoren: Elizabeth Fama
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den Fall, dass Hester den nächsten Schritt überlebte. Dass der Leichnam gefunden werden würde, hatte sie nicht zu befürchten. Außer ihr konnte niemand ihn sehen und berühren.
    Sorgfältig verschloss sie ihren Rucksack und sicherte ihn so gut sie konnte gegen den Regen. Dann stieg sie die Treppe hinauf. Wie heftig der Sturm auch toben mochte – es war Zeit, zum Strand zu gehen.

Der Regen prasselte herab, und der Wind wehte so stark, dass Hester sich auf dem Weg den Burial Hill hinab mit ihrem ganzen Körpergewicht dagegenstemmen musste. Es donnerte. Hester wusste, dies war Noo´kas, die ihr drohen wollte. Aber sie kümmerte sich nicht darum.
    Sie spürte, dass Ezra sie erwartete, und sie konnte es kaum ertragen. Bestimmt wusste er, warum sie zu ihm kam. Er musste fühlen, dass die anderen nicht mehr da waren. Und trotzdem liebte er Hester noch immer.
    Wie sollte sie nur ohne ihn weiterleben?
    Tapfer betrat sie die Steintreppe zum Strand hinunter. Eigentlich hätte Niedrigwasser herrschen müssen, aber die Wellen der Sturmflut donnerten mit aller Gewalt gegen das Ufer und machten den Strand unsicher und gefährlich.
    Ezra wartete schon. Er sah ihr entgegen, offenbar unbeeindruckt von dem mächtigen Sturm und ohne den Blick auch nur eine Sekunde abzuwenden. Hester nahm ihren Rucksack ab undlehnte ihn gegen eine der unteren Stufen. Einen Augenblick Zeit wollte sie noch mit ihm haben, einen letzten Augenblick, ohne ihm zu schaden. Ihre Schuhe ließ sie zum Schutz an. Dann lief sie die letzten Stufen hinab, platschte am Fuß der Treppe in die Wellen und warf sich in seine Arme.
    »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«, fragte er voller Sorge und hielt sie fest umschlungen. »Du blutest.«
    »Es ist nichts«, antwortete Hester. Und genau das war es auch: nichts. Nichts im Vergleich zu allem anderen, was sie in dieser Nacht erlebt hatte. Und nichts im Vergleich zu der Aussicht, ihn zu verlieren.
    Eine große Welle umspülte sie, aber Ezra hielt Hester fest und blieb unbeweglich stehen. Sobald die Welle vorbeigerauscht war, lockerte er seine Umarmung ein wenig, um Hester genauer ansehen zu können. Er hob ihr Kinn und musterte mit zusammengezogenen Augenbrauen ihre Verletzung. Dann küsste er sie sanft auf die Wange. Er wusste alles. Es gab nichts zu verbergen.
    »Das war Eleanor.«
    Hester nickte.
    »Es tut mir so leid, Hester. Bis heute Abend hatte ich sie vollkommen vergessen. Wir alle hatten Eleanor vergessen. Ich nehme an, als logische Konsequenz daraus, dass wir ihren Geist bezwungen hatten. Aber du hättest umkommen können. Und das hätte ich mir niemals verziehen.« Er streichelte ihre Wange. »Tut es sehr weh?«
    Wieder rollte eine große Welle an und Ezra hob Hester vorsichtshalber hoch. Die Welle brach unmittelbar vor ihnen und spritzte bis an ihre Schultern empor. Hester verbarg ihren Kopf an Ezras Hals, zum Schutz gegen die salzige Gischt.
    »Es geht mir gut«, murmelte sie. Und das war die Wahrheit – solange er sie in den Armen hielt.
    Während einer ganzen Serie von Wellen blieben sie so stehen, einander umarmend, die Zeit anhaltend. Wenn das nur möglich gewesen wäre. Als das Wasser sich zurückgezogen hatte, setzte Ezra Hester wieder ab.
    »Dein Haar ...«, begann er.
    »Das war Noo´kas.«
    »Du bist eine außergewöhnliche Frau.« Er schüttelte den Kopf. »Und ich bedaure sehr, dass du der Meereshexe begegnen musstest. Es beeinflusst deine Entscheidung im Hinblick auf mich.«
    »Noo´kas ist mir egal. Und mein Haar ist mir auch egal. Mich interessiert überhaupt nichts – außer dir.«
    »Und trotzdem bist du gekommen, um mich zu vernichten.« Seine Lippen waren schmal, sein Blick durchdringend.
    Hester kannte Ezra gut genug, um zu wissen, dass er sich mit ihr auseinandersetzen und gleichzeitig dabei ruhig bleiben konnte. Sie stellte sich auf die Zehen und küsste ihn. Er hob sie in die Höhe und erwiderte den Kuss mit brennender Leidenschaft. Dann stellte er sie wieder auf ihre Füße, schüttelte den Kopf und trat nervös einen Schritt zurück.
    »Lass mich noch ein wenig bleiben, Hester.«
    Seine Worte brachen Hester das Herz. Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Es donnerte wieder. Und jetzt brauste eine gigantische Welle heran. Sie besaß eine solche Kraft, dass Hester sah, wie sie sich bis über ihre Köpfe auftürmte. Dann wurde sie umgerissen. In dem Moment aber, als Hester den Halt verlor und ihr Körper unter der Wasseroberfläche herumgewirbelt wurde, fühlte sie, dassEzra sie
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