Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
syrenka

syrenka

Titel: syrenka
Autoren: Elizabeth Fama
Vom Netzwerk:
nieder, zu dritt. Wenn er nicht so senil gewesen wäre, hätte sich dieser nichtsnutzige Tropf vielleicht daran erinnert, dass es ihrer gemeinsamen Kräfte bedurfte, um meinen Geist zu bezwingen. Einer allein schafft es nicht, nicht mal, wenn er so klug ist wie dein gottloser Liebhaber.« Sie fasste Hesters Kinn mit der linken Hand und zwang sie, geradeaus zu sehen, während sie mit der rechten Faust ausholte. »Sieh mich an, wenn ich dich töte!«
    »Ich bin aber nicht die, für die Sie mich halten!«, widersprach Hester flehend. »Ich bin nicht Sarah Doyle. Sarah ist längst tot!«
    »Deine Magie macht mich nicht blind. Hat sie noch nie getan. Ich sehe deine Seele, du Ungeheuer!«
    »Aber Sirenen haben doch überhaupt keine Seele!«
    Es war aussichtslos, einen wütenden Geist mit logischen Argumenten überzeugen zu wollen. Der Schlag traf Hester mit voller Wucht, und im gleichen Moment, als ihr Kopf zur Seite geschleudert wurde, fühlte Hester ihre Nase brechen. Blut spritzte auf und tropfte neben ihr auf den staubigen Boden. Es war ein Gefühl, als sei ihr Gesicht explodiert.
    Sie würde wohl hier sterben. Getötet von einem Geist, den außer ihr niemand sehen konnte – den sich noch nicht einmal jemand vorstellen konnte. Eine weitere Tragödie, die sich zu der längstvergangenen hinzugesellte. Vergebens würden ihre Eltern den Rest ihres Lebens damit verbringen, Hesters Mörder zu suchen. Ezra würde bis in alle Ewigkeit unter seiner Einsamkeit zu leiden haben – und unter Noo´kas. Und die Geister von McKee und Linnie wären nicht erlöst. Hester hatte versagt.
    »Ich weiß genau, wie du an deine Seele gekommen bist, du Hexe!«, fuhr Eleanor fort. »Du hast sie erhalten, indem du meinem Mann die Lunge aus dem Leib gerissen hast. Und das ist genau die Art, auf die du jetzt sterben wirst.«
    Sie fasste Hester am Halsausschnitt und riss ihr Shirt auf. Hester fühlte einen heftigen Schmerz im Nacken, wie vom Schnitt eines Messers.
    Plötzlich hielt Eleanor inne. Ihre Augen wurden weit. Noch immer auf Hester kauernd, schwankte sie für einen qualvoll langen Moment und sackte schließlich seitlich hinab, sodass sie teils auf dem Boden und teils auf Hester lag. Hester strampelte mit den Beinen, schob und drückte Eleanor aus Leibeskräften von sich und machte sich schließlich frei. Was war passiert?
    Eleanor lag auf der Seite und betrachtete die Kette in ihrer Hand, die sie Hester vom Hals gerissen hatte. Sie drückte sie an ihr Herz und begann am ganzen Körper zu zucken. »Marijn«, brachte sie gurgelnd hervor.
    Wie aus einer Quelle begann nun Wasser aus ihrem Mund zu fließen. Immer wieder versuchte Eleanor zwischen einzelnen Schwällen auf grauenhafte Weise nach Luft zu ringen, Atem zu schöpfen. Dabei schluckte sie erneut Wasser, hustete, bis sie schließlich – ohne auch nur noch einen einzigen Laut herauszubringen – wie eine Fontäne das Wasser ausstieß. Länger als eine Minute erbebte ihr Körper unter Krämpfen. Dann ließen dieKrämpfe nach, die Wasserfontäne versiegte, und im nächsten Moment rührte sie sich nicht mehr.
    Eleanor war ertrunken. Auf dem trockenen Land.
    Aus Hesters Nase strömte das Blut. Um den Fluss zu stoppen, drückte sie ihre Finger gegen den Nasenrücken. Dabei war die Nase bereits angeschwollen und pochte bei jedem Pulsschlag. Aber das war Hester in diesem Moment egal. Sie lebte!
    Am ganzen Körper zitternd, begann sie bis hundertzwanzig zu zählen. Zwei Minuten – mehr konnte sie nicht erübrigen, um ihre Sinne zu ordnen und wieder zu Atem zu kommen. Und, wie sie hoffte, die Blutung ein wenig zu lindern. Während dieser Zeit ließ sie Eleanor nicht aus den Augen. Aber deren Körper blieb starr und leblos liegen.
    Nach zwei Minuten stand Hester auf und näherte sich zögernd dem Leichnam. Aus Eleanors geschlossener Faust hing die Kette heraus. Ihr hatte Hester zu verdanken, dass sie noch am Leben war. Jetzt wusste sie, dass Eleanor ihrem Pflegekind Marijn diese Kette gegeben und damit die Tradition begründet hatte, nach der die Frauen ihrer Familie das Schmuckstück an ihre Töchter weiterreichten; bis hin zu Hesters eigener Mutter, die Hester die Kette vor ihrem Tod angelegt hatte. Hester konnte sie nicht einfach hier zurücklassen.
    Sie streckte vorsichtig die Hand aus und zog an der Kette. Zu ihrer Erleichterung entglitt sie Eleanor, ohne dass Hester deren Hand berühren musste. Der Verschluss war kaputtgegangen, darum steckte Hester die Kette in ihre Hosentasche – für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher