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SWEET & SEXY: Hände auf meiner Haut

SWEET & SEXY: Hände auf meiner Haut

Titel: SWEET & SEXY: Hände auf meiner Haut
Autoren: Katinka Dietz
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Haare? Das geht gar nicht.“
    Ich starre ihm hinterher.
    Ich muss diesen Film haben.
    Ich werde dich schlachten, Godzilla.

Kuba, libre
    „Das hat was“, sagte Jochen und ließ seinen Blick schweifen.
    Was? , dachte ich. Gefällt es ihm, überrascht es ihn, findet er es atemberaubend oder dreckig, verfallen oder wunderbar? Hat es morbiden Charme für ihn? Ist es gigantisch, verführerisch oder anders als alles, was er je gesehen hat? Ist es von unvorstellbarer Herrlichkeit? Besser hätte er noch gesagt: Ich bin sprachlos! Denn dass diese Stadt „etwas hatte“, war wohl jedem Gehirnamputierten klar. Wie konnte man in einem der faszinierendsten Orte auf der Welt sein und diesen Spruch ablassen? Ob sein Sprachzentrum von Geburt an verkümmert war? Wie mich das nervte! Schließlich war er mein Freund.
    Auch zu Hause in Köln sagte Jochen kaum mal etwas anderes, um sein Wohlgefallen auszudrücken. Ich probierte ein neues Rezept aus: „Mmh“, sagte Jochen, „das hat was.“ Ich kaufte eine neue CD: „Ja“, sagte Jochen, „die hat was.“ Ich stand in Strapsen und Highheels vor ihm: „Oh“, sagte Jochen, „das hat was.“
    Wir befanden uns auf einer Dachterrassen und sahen Havanna zu unseren Füßen liegen. Ich beugte mich übers schmiedeeiserne Geländer der Freiluftbar des Hotels Inglaterra und hätte heulen mögen, so gut sah die Stadt aus. Sie trug ein zerschlissenes Kleid im Kolonialstil – wild gemustert, mit barocken und klassizistischen Tupfern darauf. Es war ein abgetragenes Kleid, mottenzerfressen, geflickt und verblichen, mit nostalgischem Charme wie ein Flohmarktstück. Nur der Saum erstrahlte in frischem Blau: Das Meer schmiegte sich wie in einer Liebkosung an seine karibische Geliebte und der Tropenhimmel flirrte über dem Häusermeer. Ich verliebte mich auf der Stelle in sie.
    Nicht einmal in diesem Augenblick konnte Jochen mich in Ruhe lassen. Er schlang von hinten die Arme um meinen Bauch und drückte mich so fest, dass ich nach Luft rang. Schon im Flugzeug hatte ich zu ersticken gedroht, weil er mir fortwährend seine Liebe bezeugen musste. Wut schnürte mir die Kehle zu.
    „Trag doch deine schönen Haare offen“, empfahl er und griff nach der Spange, mit der ich mir die Locken hochgesteckt hatte. „Bloß, weil du Lehrerin bist, musst du noch lange nicht wie eine aussehen.“
    Ich schlug nach seiner Hand und machte mich los.
    „Nicht bei der Hitze!“, schnauzte ich ihn an und wandte mich ab. Warum teilte ich diese Eindrücke und mein Leben mit einem tumben Klammeraffen? Weil er so nett ist, sagte meine Mutter. Herzensgut, fürsorglich und lustig. Und weil er dich anbetet.
    „Und jetzt“, fragte das Goldstück gekränkt, „Kapitol?“
    Ich hatte so finster dreingeblickt, dass Jochen mich eine Weile allein ließ. Er wollte zur Bank und anschließend Zigarren kaufen gehen. Ich wollte einen Kaffee in der Hotelbar des Sevilla trinken und meine Ruhe. Auf einem Ozeandampfer gibt es kein Entrinnen, Rose , dachte ich. Jack wird dir auf Schritt und Tritt folgen . Ich ließ den Reiseführer in meinen Schoß sinken, schlüpfte aus den Schuhen und spürte, wie die eiskalten Fliesen meine Betriebstemperatur auf ein erträgliches Maß senkten. Ich hatte ein paradiesisches Plätzchen im Schatten einer Palme im Innenhofcafé des Sevilla gefunden. Mein Blick verlor sich in den maurischen Mosaiken an der Wand und der Lärm der Stadt reduzierte sich auf das Plätschern eines Brunnens, das sich mit leisen Rumba-Rhythmen mischte. Meine Gedanken spekulierten im Leben des altmodisch gekleideten Kellners herum, der die Tasse vor mir abstellte. Ich konnte damals nur ein paar Brocken Spanisch, bedankte mich freundlich und erntete ein Lächeln für meine Bemühungen. Mein Ärger verflog, und ich atmete Nostalgie.
    Ich sah nicht, wie er hereinkam. Ich erspähte ihn erst, als er, zwei Tische von mir entfernt sitzend, seine Bestellung aufgab. Er plauderte ein wenig mit dem Kellner und schrieb dann etwas in sein Notizbuch. Er hatte kurzes, schwarzes Haar, trug ein Leinenhemd, Jeans, einen Sechstagebart und war der Typ Mann, der mich schon dreimal im Leben unglücklich gemacht hatte.
    Er sah verwegen aus, seine Züge ließen auf ausgeprägten Individualismus schließen, an dem Lederband um seinen Hals hing ein Amulett und sein Körperbau ließ mich fast vom Stuhl kippen. Er bediente all meine Schlüsselreize und all meine Lieblingsklischees. Ein Weltenbummler, ein Dichter, ein Troubadour. Viersprachig, Salsatänzer,
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