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Susanne Barden - 03 in New York

Susanne Barden - 03 in New York

Titel: Susanne Barden - 03 in New York
Autoren: Helen D. Boylston
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etwas murmeln. Sie beugte sich zu ihr hinunter. »Was haben Sie gesagt?«
    »Dort werden Affen sein!«
    »Du meine Güte! Ja, natürlich gibt es dort Affen.«
    Alice Weston richtete sich auf. In ihren Augen blinkten noch Tränen. Aber es waren nicht mehr die Augen einer alten Frau; sie waren plötzlich jung wie ihre Stimme, tiefblau und leuchtend. Sie wischte sich mit dem Handrücken darüber und räusperte sich. »Ich werde einen mitbringen«, erklärte sie bestimmt.
    »Was wollen Sie mitbringen?«
    »Einen Affen. Und wenn ich ihn stehlen müßte!«
    Susy lachte. »Sie werden ihn nicht zu stehlen brauchen. Sehen Sie, hier ist noch ein Scheck!«
    »Ein Scheck. Wozu denn?«
    »Zum Verjuxen!«
    »Geben Sie mir rasch meine Brille! Sie liegt dort auf dem Tisch. Ja, danke!« Ungläubig starrte Alice Weston auf den Scheck. »Fünfzig Dollar! Oh, Fräulein Barden! Ich hab noch nie in meinem Leben Geld - verjuxt.« Sie stockte und fügte dann hinzu. »Aber vielleicht lerne ich es noch.«
    »Aber gewiß! Ich hoffe sehr, daß Sie es noch lernen.«
    Sie lachten zusammen wie Kinder. Schließlich verabschiedete sich Susy. Mit singendem Herzen setzte sie ihre Besuchsrunde fort. Seit langem war sie nicht mehr so glücklich gewesen.
    »Das ist das Beste, was ich jemals getan habe«, dachte sie bei sich. »Und hat es sich nicht gelohnt? Jetzt will ich sie nur noch mit ihrer Reisetasche über die Laufplanke aufs Schiff gehen sehen. Und wenn sie nicht mit einem Affen nach Hause kommt, spreche ich nie wieder ein Wort mit ihr.«
    Gar zu gern hätte sie alles ihren Freundinnen erzählt, aber niemand durfte von dem Geld erfahren - außer ihrem Vater natürlich. Der Vater würde begeistert sein, das wußte sie. Wenn der Tag vor Weihnachten doch nur klar und schön wäre!
    Der Tag vor Weihnachten war jedoch keineswegs klar und schön. Schon in der Nacht vorher begann nasser Schnee zu fallen. Er fiel auch den ganzen Vormittag über und verwandelte sich auf den Straßen in einen scheußlichen Matsch. Der Dampfer fuhr mittags ab. Susy ging mit Büchern und Süßigkeiten beladen zum Hafen. Es war zu spät, um noch an Bord gehen zu können, und so reichte sie die Sachen hinüber. Fräulein Westons weißes Haar leuchtete über der Menge, die an der Reling stand. Ihre Augen glänzten vor Erregung, aber sie benahm sich gelassen wie eine erfahrene Reisende.
    Die Laufplanke wurde eingezogen; eine Musikkapelle begann zu spielen. Kettengerassel und Kommandos ertönten - Rufe und Gelächter - dann ein langes gellendes Heulen der Schiffssirene.
    Susy blickte in das glühende Gesicht unter den weißen Haaren - ein junges Gesicht, sprühend vor Lebendigkeit und Glück. Das Schiff zitterte. Dann verbreiterte sich der schwarze Wasserstreifen zwischen der Bordwand und dem Ufer. Alice Weston starrte wortlos auf den zurückweichenden Kai. Sie vermochte ihre Bewegung weder durch Worte noch durch Gesten auszudrücken.
    Susy lief neben dem Schiff her. Am Ende des Piers blieb sie stehen und winkte noch lange. Alice Weston sollte um nichts betrogen werden! Erst als das Schiff im Schneegestöber zu verschwinden begann und ihr flatterndes Taschentuch nicht mehr von hundert an- dern Taschentüchern zu unterscheiden war, bemerkte Susy, daß sie knöcheltief im Schneeschlamm stand und daß ihr vor Kälte die Zähne klapperten.
    »Das ist ja reizend!« dachte sie bei sich, während sie den Mantelkragen hochschlug und die Hände in den Taschen vergrub. »Hier übe ich mich in Edelmut und Selbstlosigkeit, und was bringt es mir ein? Schnupfen und Husten!«
    Noch einen letzten Blick warf sie auf das Schiff, das Alice Weston in den warmen Süden brachte. Dann drehte sie sich um und watete durch den grauen Matsch zur Stadt zurück.

Ein gefährliches Mädchen
    Obwohl Susy sich sehr schlecht fühlte, ging sie wieder an ihre Arbeit. Aber bald vermochte sie keinen klaren Gedanken mehr zu fassen. Um drei Uhr rief sie Fräulein Farrar an und fuhr nach Hause. Kit und Marianna fanden sie mit fiebrig glänzenden Augen im Bett vor, als sie heimkamen.
    »Wo hast du dir das wieder geholt?« rief Kit.
    »Am Pier vom Hudson«, antwortete Susy mit belegter Stimme. »Es ist eine Belohnung für Tugendhaftigkeit.«
    »Dann mußt du ja sehr tugendhaft gewesen sein. Was suchtest du bloß am Hudson? Wolltest du dir einen Sonnenstich zuziehen?«
    »Ach wo! Ich wollte nur mal sehen, wie es dort ist.«
    »Und wie war es?«
    »Sehr schön. Nur die Moskitos waren recht lästig.«
    »Das kann ich mir
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