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Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst

Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst

Titel: Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst
Autoren: Helen D. Boylston
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andächtig die Bänder auf ihren Hauben und behaupteten gleichzeitig, daß es überhaupt nichts zu sagen hätte, sie an einem einzigen Abend tragen zu dürfen. Man solle deswegen doch nicht solch überflüssiges Tamtam machen. Sie schluckten vor Rührung und sagten, daß sie froh wären, endlich von hier fortzukommen. Wenn es nur erst soweit wäre!
    Allmählich fanden sich auch die übrigen Schwestern der Schule ein und stellten sich hinter der Doppelreihe auf, zuerst die, die im zweiten Jahr ihrer Ausbildung standen, dann die neugebackenen Lernschwestern und dahinter die Probeschwestern in ihrer blauen Tracht. Ein Hausarzt, der ängstlich durch den Korridor hastete, wurde von dem rhythmischen Trampeln mehrerer hundert Füße in die Flucht getrieben. Schließlich hob Fräulein Mason die Hand und gebot Stille. Das Stimmengewirr ebbte zu einem Gemurmel ab. Es war kurz vor halb neun.
    Plötzlich wandten sich alle haubenbedeckten Köpfe wie auf Kommando um, und es wurde totenstill. Durch die Tür am Ende des Korridors kam mit vertrautem, beschwingtem Schritt eine straffe weiße Gestalt. Fräulein Cameron fegte an der vordersten Reihe entlang. Ihre Augen schweiften kritisch über die versammelten Mädchen, aber ihr strenger Mund verzog sich zu einem leisen Lächeln.
    Ein Beifallssturm setzte ein. Er schwoll immer mehr an, während sie weiterging, bis der breite Korridor von dem heftigen Füßegetrampel zu beben schien. Es war die spontane Ehrung der ganzen Schule für eine große Frau, eine große Lehrerin, eine große Krankenschwester.
    Susy bemerkte einen feuchten Schimmer in Fräulein Camerons Augen, als diese mit schwingenden Schritten in die große Halle trat.
    Die Linien begannen sich aufzulösen. Langsam schoben sich die Schwestern durch den alten vertrauten Korridor, über den ausgetretenen Fußboden in die große Halle. Dort empfing sie strahlende Helle. Die Stuhlreihen auf einer Hälfte des Saales waren dicht besetzt. Unzählige Gesichter wandten sich den Eintretenden zu. Die Schülerinnen, die ihr Diplom erhalten sollten, setzten sich vorne hin. Dahinter nahmen die anderen Schwestern Platz.
    Susy blickte suchend über die Reihen der fremden Gesichter, bevor sie sich setzte. Dort waren sie! Pa und Mutter - und neben ihnen Bill. Drei Paar Augen blickten strahlend zu Susy hin, zu der schlanken Gestalt in der grauen Tracht mit dem hübschen, vor Freude geröteten Gesicht. Die Mutter sah nur ihr liebes kleines Mädchen, aber der Vater und Bill bemerkten auch das schwarze Band auf den roten
    Haaren - das schwarze Band der Leistung.
    Als alle saßen, trat Fräulein Matthes vor die Versammlung und hielt eine kurze Ansprache.
    Susy hörte nur halb hin. Alle Diplomfeiern glichen sich. Sie waren für Väter, Mütter und Freunde bestimmt. Nun nahm eine Gastrednerin den Platz von Fräulein Matthes ein. Sie gebrauchte die üblichen Redensarten. »Hinaus ins Leben - edler Beruf - wenn ich diese jungen Gesichter sehe - die Menschheit wird immer ...« und so weiter und so fort.
    Dann erklang Musik.
    Susy hörte ihren Namen aufrufen und ging nach vorn, um ihr Diplom zu empfangen. Sie empfand den Augenblick weniger erhebend, als sie erwartet hatte. Dies hier war eine formelle Feier. Die wahre Feier hatte vorhin im Korridor stattgefunden, als sich die Klasse mit donnerndem Beifall von Fräulein Cameron verabschiedete.
    Als es zu Ende war, strömte die Menge zum Haus Grafton hinüber, wo getanzt werden sollte. Susys Eltern wollten mit dem Nachtzug heimfahren. Susy begleitete sie hinaus und stand noch ein paar Minuten mit ihnen auf der Treppe vor dem Haus. Dort erzählte sie ihnen von Bill.
    »Ich dachte mir so etwas«, sagte die Mutter mit Tränen in den Augen. »Wir haben ihn sehr, sehr gern.«
    Der Vater lächelte ein wenig. »Er ist ein netter Junge. Laß dir aber Zeit, Kind. Zeig der Welt, was du kannst, bevor du dich endgültig bindest.«
    »Das werde ich bestimmt tun«, versprach Susy.
    Sie blieb draußen stehen, nachdem die Eltern sie verlassen hatten. Die frische Herbstluft kühlte ihre heißen Wangen. Sie brachte aus weiter Ferne einen leisen Duft von Kartoffelfeuern mit sich. Die Lichter des Krankenhauses waren kleine goldene Punkte in der Dunkelheit.
    Hinter ihr öffnete jemand die Tür. Susy wußte, daß es Bill war. Er trat neben sie. So standen sie eine Weile Seite an Seite, ohne zu sprechen, und sahen auf das Krankenhaus, das sie liebten; die blinkenden Lichter der Krankensäle, die Dächer, die sich schwarz gegen
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