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Super Jumper. Luc - Nicht von diesem Planeten

Super Jumper. Luc - Nicht von diesem Planeten

Titel: Super Jumper. Luc - Nicht von diesem Planeten
Autoren: Antje Szillat
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mir einen Vogel, bevor er hinter meiner Mutter zum Umzugswagen zurückschlappt. »Leg mal endlich einen Zahn zu und hilf uns!«, ruft er noch.
    »Nö«, murmele ich und schiebe mein Bike ins Haus.
    Kein einfaches Vorhaben, denn der schmale Flur, an dessen Ende sich mein neues Zimmer befindet, ist mit unzähligen Kisten und Möbelstücken zugestellt. Ein paarmal muss ich mein Rad anheben, wobei eine von Klaus’ heiß geliebten Skulpturen zu Bruch geht. Dann habe ich es in den Raum geschafft, den meine Mutter mir vorhin breit grinsend als Lucs neues Reich präsentiert hat.

    Klar, es ist ein Wahnsinnszimmer. Aber das ist mir absolut egal. Außer meinem Bett und dem Kleiderschrank ist es hier drinnen noch leer. Und wenn es nach mir ginge, würde sich an diesem Zustand auch nichts ändern. Doch seitdem meine Mutter und Klaus den Zuschlag für die Gärtnerei am Arsch der Welt bekommen haben, interessiert sich kein Popel mehr dafür, was ich will.
    In meiner Jeans vibriert es. Ich lehne das Bike an die kahle Wand, zerre mein Handy aus der Hosentasche und sinke rückwärts aufs Bett.
    »Yes!«, melde ich mich.
    »Ey, du Pfeife, wo steckst du? Wir warten auf dich. Cassy hat ’nen verdammt crazy Jump vorgelegt. Der Überflieger muss seine Ehre verteidigen.«
    Es ist Pepe, mein Kumpel aus Hamburg und ebenso fanatischer Biker wie ich.
    »Schon vergessen, Paulchen Panther? Ich bin zum größten Loser des Universums mutiert«, stöhne ich ins Handy.
    »Wie? Jetzt echt? Ich dachte, du bluffst. Junge, du kannst doch nicht einfach abhauen und dich zu den Bauern verpieseln. Hier tobt das Leben! Hier brauchen wir dich!«
    Ich kratze mich am Kinn, wie immer, wenn ich scharf nachdenke. »In sechs Jahren, Pepe, – und das kannst du auch den anderen sagen – spätestens in sechs Jahren bin ich zu rück. Bis dahin soll Cassy ordentlich üben. Der Überflieger kommt wieder. Das schwöre ich!«
    »Mann … das ist aber krass lange …«, höre ich Pepe gerade noch fassungslos ins Handy keuchen. Dann lege ich auf. Was zu viel ist, ist zu viel.
    Hierherziehen zu müssen, raus aus der Großstadt, knapp 300 Kilometer weg von meiner Biker-Truppe und den anderen Kumpels, ist schon bitterböse genug. Aber mir Pepes Gejammer zu geben und mit anhören zu müssen, dass Cassy dabei ist, meinen übelst besten Sprung zu toppen – vergiss es!
    Vom Flur her höre ich Klaus’ entgeisterte Stimme. Er muss seine olle Tonskulptur entdeckt haben. Bevor er mir die Scherben unter die Nase halten kann, beschließe ich, die Biege zu machen.
    Das Fenster ist zum Glück extrem breit. Endlich mal was Positives. Kurzerhand hebe ich das BMX raus und klettere hinterher. In Hamburg haben wir im dritten Stock gewohnt. Da wäre so was nur mit Feuerleiter drin gewesen.
    Ich schiebe mein Bike die paar Meter ums Haus herum und linse zum Eingang. Die Luft ist rein. Bestimmt kniet Klaus gerade fluchend neben seiner Skulptur, während meine Mutter mit Sekundenkleber zu retten versucht, was sowieso nicht mehr zu retten ist.
    Es dauert keine Minute, dann habe ich mich in den Sattel geschwungen und bin aus der Einfahrt rausgeschossen. Kaum spüre ich den Fahrtwind an den Schläfen, geht es mir besser.

    Ich trete wie wild in die Pedale – lasse meinen ganzen Frust daran aus – und rase die Landstraße entlang. Über die Felder hinweg, direkt ins Neubaugebiet, in dem mich ein großes Schild mit der Aufschrift »Willkommen im Sonnenkamp!« empfängt.
    Ich düse durch die Straßen, ohne eines der vielen Häuser richtig wahrzunehmen, strampele und strampele. Hechele, keuche, schwitze und gebe noch mehr Gas.
    Erst als ich das letzte Gebäude hinter mir gelassen habe und nichts als freier Acker um mich herum ist, die Sonne wie blöd auf meiner kochend heißen Haut brennt, mir der Schweiß in Rinnsalen aus den Haaren läuft, halte ich an und schreie meinen Frust, meinen Schmerz, den ganzen Dreck in den Wind.
    Was für ein absolut beschissener Tag! – Und morgen darf ich auch noch das erste Mal in diese total verpeilte Schule gehen. Ob ich will oder nicht. Ich bin jetzt hier gefangen und sitze für eine verdammt lange Zeit fest. Hocke in einer ebenso aussichtslosen Situation wie ein Tiger im viel zu engen Zookäfig. Und ich kann nichts, absolut gar nichts dagegen tun.

Meine Mutter ist die Heldin des Chaos. Auch wenn ich lieber am Nordpol wäre als hier, muss ich das anerkennen. Die Küche sieht wie geleckt aus. Jedes Teil befindet sich an Ort und Stelle – und das in einer Zeit,
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