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Süßer Tod

Süßer Tod

Titel: Süßer Tod
Autoren: S Brown
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Antiquitätenhändler geschleppt und mir von dem Erlös ein Haus in der Stadt gekauft. Gleich hier in der Nähe.
    Er plauderte fröhlich weiter, so als hätten sie nur über die nahende Hurrikan-Saison gesprochen, dabei hatte seine Nachricht wie eine Bombe eingeschlagen. Grauenvoll. Nicht zu glauben. Es hatte ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. War ihr Mitgefühl schließlich in ein anderes Gefühl umgeschlagen? Erklärte das die Liebesnacht?
    Mein Gott, warum konnte sie sich nicht erinnern?
    Auf der Suche nach Antworten und nach ihren restlichen Kleidern schlich sie weiter ins Wohnzimmer. Ihr Kleid und ihre Strickjacke lagen zusammengeknüllt auf einem Sessel, ihre Sandalen standen auf dem Boden. Auf dem Tisch vor dem Sofa sah sie eine offene Flasche Scotch und zwei Gläser. In der Flasche war nur noch ein Fingerbreit Flüssigkeit. Die Sofakissen waren eingedellt und verrutscht, so als hätte sich jemand darauf herumgewälzt.

    Offenbar sie und Jay.
    Im nächsten Moment lief sie ins Schlafzimmer zurück und weiter in das dahinter liegende Bad. Sie drückte lautlos die Tür zu, aber diese Vorsichtsmaßnahme war angesichts der Tatsache, dass sie schon Sekunden später würgend über der Toilette hing, überflüssig. Ihr Magen wurde von heftigen Krämpfen geschüttelt und stieß scheinbar literweise Scotch aus. Sie war noch nie eine große Scotch-Trinkerin gewesen, aber jetzt würde sie nie wieder einen Tropfen von diesem Gift anrühren, so viel stand fest.
    In dem Spiegelschrank über dem Waschbecken stöberte sie etwas Zahnpasta auf, drückte sie auf ihren Zeigefinger und versuchte, den Schmutzfilm und den schlechten Geschmack von den Zähnen zu massieren. Danach fühlte sie sich zwar besser, aber immer noch so schmutzig, dass sie unbedingt duschen wollte. Wenn sie sauber war, würde sie Jay selbstbewusster gegenübertreten können, und die Exzesse der letzten Nacht wären ihr nicht mehr ganz so peinlich.
    Die Duschkabine war bis unter die Decke gefliest und mit einer fest montierten Regendusche ausgestattet. Direkt unter dem Pseudoregen stehend, seifte und spülte sie sich mehrmals ab. Besonders sorgsam und gründlich wusch sie den Bereich zwischen ihren Beinen. Sie shampoonierte sich auch die Haare.
    Nachdem sie fertig geduscht hatte, verlor sie keine unnötige Zeit. Bestimmt hatte ihn der Lärm, den sie veranstaltet hatte, inzwischen aufgeweckt. Sie zog sich wieder an, glättete ihr Haar mit seiner Bürste, holte tief Luft, um ihren ganzen Mut zusammenzunehmen, und riss die Badezimmertür auf.
    Jay schlief immer noch. Wie war das möglich? Er war ein trainierter Trinker, offenbar hatte die vergangene Nacht sogar ihm zugesetzt. Wie viel Scotch war in der Flasche gewesen, als sie zu trinken angefangen hatten? Hatten sie tatsächlich zu zweit einen knappen Liter geleert?
    Allem Anschein nach. Warum konnte sie sich sonst nicht erinnern, wie sie sich ausgezogen hatte und mit Jay Burgess ins
Bett gehüpft war? Sie hatten vor Jahren eine kurze Affäre gehabt, die aber schnell erkaltete und geendet hatte, bevor sie sich zu einer echten Beziehung auswachsen konnte. Beide waren mit ungebrochenem Herzen daraus hervorgegangen. Es hatte keine Szene gegeben, keiner hatte offiziell Schluss gemacht. Sie hatten einfach aufgehört, miteinander auszugehen, und waren dennoch Freunde geblieben.
    Nichtsdestotrotz hatte Jay, der charmante und unverbesserliche Jay, jedes Mal versucht, sie ins Bett zu locken, wenn sich ihre Wege gekreuzt hatten. »Man kann auch nur befreundet sein und trotzdem hin und wieder miteinander in die Kiste gehen«, hatte er ihr mit seinem verführerischsten Lächeln versichert.
    Sie sah das anders, und genau das hatte sie ihm immer erklärt, wenn er sie überreden wollte, um der alten Zeiten willen bei ihm zu übernachten.
    Gestern Nacht hatte sie sich offensichtlich breitschlagen lassen.
    Sie hätte erwartet, dass er in aller Frühe aus dem Bett springen würde, um mit seiner Eroberung zu prahlen, oder dass er sie mit einem Kuss wecken und sie ironisch zu einem Frühstück im Bett einladen würde. Sie konnte ihn fast auftrumpfen hören: »Wenn du schon hier bist, kannst du die Burgess-Behandlung auch bis zum Schluss genießen.«
    Warum war er eigentlich nicht zu ihr unter die Dusche gehüpft? Das wäre typisch Jay. Eigentlich hätte er sich zu ihr stellen und erklären müssen: Du hast eine Stelle auf deinem Rücken vergessen. Huch, und da vorne auch. Aber nicht einmal die Dusche hatte ihn geweckt.
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