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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod
Autoren: Amanda Cross
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schon mal an, und ich bat um eine Stunde Aufschub für dich. Vielleicht solltest du jetzt aber lieber mit ihr sprechen.«
    »Was für ein schlechter Scherz«, sagte Kate ungnädig.
    »Glaub mir, mein Herz«, sagte Reed. »Vielleicht will sie dich ja nur um eine großzügige Spende für das neue Freizeitzentrum am College bitten, aber es ist wirklich die Rektorin, die dich sprechen will.«
    Kate übte hastig eine Tonleiter von »hailos«, um den Schlaf aus ihrer Stimme zu verscheuchen und sagte dann gefaßt »hallo« in den Hörer. »Moment, ich verbinde, Frau Professor Fansler. Rektorin Norton möchte Sie sprechen.«
    »Guten Morgen, Frau Professor Fansler. Tut mir leid, Sie zu Hause zu stören, aber es geht um eine etwas delikate Angelegenheit. Haben Sie einen Moment Zeit?
    Sehr freundlich von Ihnen. Ich glaube, wir haben uns noch nicht persönlich kennengelernt. Aber Madeline Huntley hat eine sehr hohe Meinung von Ihnen. Sie 23

    ist für ein Jahr bei uns und leitet das neue Jackson Center.«
    »Ach«, sagte Kate, die das Gefühl hatte, irgendeine Reaktion sei erforderlich.
    »Ich dachte, sie hätte eine Privatpraxis in Boston.«
    »Wir haben sie überredet, für das erste so überaus wichtige Jahr die Leitung unseres Instituts zu übernehmen. Sie war die Freundlichkeit in Person, und hat mir geholfen, unsere kleinen Probleme zu bewältigen. Und bei einem unserer Probleme, deutete sie an, könnten Sie die Lösung sein. Wir alle, das heißt, die Kuratoren und ich, haben nachgedacht und beschlossen, das beste wäre, Sie in unser Forschungsprojekt über feministische Studiengänge zu berufen. Wenn Sie so nett sein würden. Die Gruppe tagt nur alle vierzehn Tage.«
    »Aber ich glaube kaum…«
    »Natürlich ist uns Ihr fachlicher Rat willkommen«, unterbrach sie Rektorin Norton, »aber die Forschungsgruppe wäre nur das, was in Spionageromanen Tarnung heißt. In Wirklichkeit wären Sie hier, um Patrices Umphelbys Tod zu untersuchen. Manche Leute«, fügte die Rektorin hinzu, wobei ihre Stimme mehr als deutlich machte, was sie von diesen Leuten hielt, »stellen plötzlich Fragen und verbreiten Zweifel. Wir hielten es für das beste, alle Gerüchte im Keim zu ersticken. Sie arbeiten an der Biographie mit« (die Rektorin ignorierte Kates schwachen Protestjapser), »und Sie haben Erfahrung mit derlei Untersuchungen.
    Deshalb erscheinen Sie uns als die ideale Person, und ich rufe Sie an mit der Bitte, sich unserer Forschungsgruppe anzuschließen. Über Ihren eigentlichen Auftrag können wir uns unterhalten, wenn Sie hier sind. Vielleicht wollen Sie die Sache noch mal überdenken?«
    Kate, die sich auf dem Ellbogen abgestützt hatte, sank wieder in die Kissen.
    Warum noch überdenken? Die Stimme, die sie rief, war nicht die von Rektorin Norton, sondern gehörte Patrice, mit der sich Kate einst auf einem nebligen Flughafen ihren Whisky geteilt hatte. Mochte man den Tod auch lieben, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, einen umzubringen. Kate kicherte in sich hinein. »Ich muß nichts überdenken«, sagte sie. »Ich schließe mich Ihrer Forschungsgruppe an. Werden Sie mir eine offizielle Einladung schicken?«
    »Natürlich. Ein kleines Honorar ist auch vorgesehen.«
    »Also gut. Aber vergessen Sie nicht, Rektorin Norton, daß ich vielleicht nicht ganz den Vorstellungen entspreche, die man sich im Clare College von einer Dame macht. Vor einigen Jahren las ich die Memoiren von John Kenneth Galbraith; darin schildert er, wie er einmal forderte, man solle in den Studentinnen zukünftige
    ›Karrierefrauen‹ sehen, und nicht nur Ehefrauen und Mütter. Die erbittertsten Gegner eines solchen Wandels im Frauenbild waren die Frauen im Radcliffe-Kuratorium. Warum sollten Frauen eine Karriere anstreben, fragten sie ihn. Gäbe es denn etwas Wichtigeres im Leben, als eine gute Ehefrau und Mutter zu sein? Ich erwähne dies nur, weil ich mir vorstellen kann, daß Ihre Kuratorinnen vom selben Schlag sind und mich vielleicht nicht mögen. Ich werde«, verkündete Kate, 24

    inzwischen hellwach, »gelegentlich als Feministin bezeichnet.«
    »Genau das«, sagte Rektorin Norton, »ist der Grund, warum wir Sie haben wollen. Als gegensteuernde Kraft. Lassen Sie mich wissen, wann Sie kommen können, Frau Professor Fansler. Ich freue mich auf unser Gespräch. Und mit mir, da bin ich sicher, viele andere.«
    Schon als Kate den Hörer auflegte, waren ihr die Motive für Rektorin Nortons Anruf völlig klar. Diese gefährliche Feministin, Kate
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