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Sueße Versuchung

Sueße Versuchung

Titel: Sueße Versuchung
Autoren: Mona Vara
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nötig?«
    »Ich wünschte, du würdest ganz hier bleiben. Oder wenigstens noch eine Woche.«
    Sophies Stimme klang belegt. Kein Wunder, denn ihre Kehle war wie zugeschnürt, und Tränen brannten in ihren Augen.
    Ihr Bruder trat einen Schritt zurück. »Fang jetzt bloß nicht an zu flennen, Sophie. Du weißt, das vertrage ich gar nicht.«
    Sophies Mund zuckte. »Aber … ich glaube, ich fürchte mich vor dieser Frau. So hat mich noch nie jemand behandelt. So kalt und so gemein. Als wäre ich … ein Nichts …«
    Malcolm richtete sich auf und fasste Sophie fest an den Oberarmen. »Sophie, du bist kein Nichts! Du bist eine McIntosh. Vergiss das nie! Noch kein McIntosh hat vor den Sassenachs gekniffen. Alle unsere Vorväter sind tapfer im Kampf gestorben!«
    »Du kneifst doch auch«, erwiderte Sophie aufmüpfig. »Und sei nicht so dumm, Malcolm, wenn alle unsere Vorväter im Kampf gestorben wären, gäbe es uns vielleicht gar nicht. Außerdem weiß ich, dass Vaters Vater einundachtzig wurde und unser Urgroßvater weit über siebzig.« Sie seufzte. »Ich wollte, du könntest bei mir bleiben, dann hätte ich keine Angst.«
    »Das würde ich vielleicht sogar tun«, meinte ihr Bruder, die heroische Pose aufgebend, »aber du weißt doch, was Vater befohlen hat: ich muss sofort heimkommen. Auch Jackson hat die entsprechende Order, die Kutsche zurückzubringen. Und wenn ich nicht dabei bin, wenn er heimkehrt …« Malcolm sprach es nicht aus, aber Sophie wusste, dass es Momente gab, in denen man den strikten Anweisungen ihres Vaters gehorchen sollte. Zumindest seine Söhne. Sophie hatte es immer wieder geschafft, sich rauszuwinden – jedenfalls bis zu ihrer Verbannung.
    »Und ich könnte gar nicht hierbleiben«, fuhr ihr Bruder fort. »Vater hat mir gerade genug Geld für die Reise mitgegeben. Und er hat seinen Notar angewiesen, nur für deine Kosten aufzukommen. Du kriegst ja auch kein Bares auf die Hand, sondern musst alle Rechnungen an diesen Mr. Bains schicken, der sie dann begleicht.« Die Kanzlei Bains & Bains war Robert McIntosh von seinem Notar als zuverlässig und seriös empfohlen worden. Sophie erhielt zwar in jedem Monat ein wenig Taschengeld von ihnen ausbezahlt, und es war ihr, als sie von daheim abgefahren war, auch viel vorgekommen. Aber auf dem Weg hierher hatte sie begriffen, dass die Summe gerade nur für ganz kleine Ausgaben reichte. Zu wenig jedenfalls, um Malcolm ebenfalls davon finanziell zu unterstützen.
    Malcolm tätschelte Sophies Arme. »Hab übrigens schon den Vetter kennengelernt, als er vorhin aus dem Haus geschlichen kam, damit seine Mutter ihn nicht sieht.«
    Malcolm grinste. »Der scheint recht in Ordnung zu sein. Gar nicht von der spießigen Sorte und so, sondern ganz nett.«
    »Das wäre schön«, sagte Sophie mit ein wenig Hoffnung. Im Grunde hatte sie sich mit ihren Brüdern und den Jungen der Pächter, ganz abgesehen von Patrick natürlich, immer besser verstanden als mit den Mädchen. Ihre Schwester war fünf Jahre jünger, die Töchter der Nachbarn und Pächter entweder ebenfalls jünger oder viel älter – wie Patricks Schwestern – oder zu schüchtern, um sich mit der Tochter des Burgherrn anzufreunden. Ein unternehmungslustiger Vetter, der nicht an ihr herumnörgelte, sondern sie und Rosalind auf ihre Ausritte begleitete, käme da gerade recht. Die Cousine war – so wie Tante Elisabeth sie ihr geschildert hatte – wohl eher kein Trost.
    »Sophie«, ihr Bruder klopfte ihr teilnahmsvoll auf den Arm, »du schaffst das. Du stehst diese sechs Monate durch, und dann kommst du heim. Ich werde dich abholen, das verspreche ich dir.«
    »Einhundertdreiundachtzig Tage«, seufzte Sophie. Sie hatte auf der Reise hierher genügend Zeit gehabt, Berechnungen anzustellen. Und – wie ihr Vater sie hatte wissen lassen – war die Zeit, die sie für die Reise benötigte, nicht in die sechs Strafmonate inkludiert. Sophie hatte also keinen Grund gehabt, die Anfahrt auf mehrere Monate hinauszuzögern.
    »Und morgen sind es nur noch einhundertzweiundachtzig«, tröstete sie ihr Bruder.
    »Du wirst sehen, wie schnell die Zeit vergeht.«

4. KAPITEL
    Sophie hielt außerhalb des lädierten Zauns und betrachtete neugierig den wuchernden kleinen Park und das zweistöckige Haus mit den schief in den Angeln hängenden Fensterläden und dem abgelösten Verputz.
    Das also war Marian Manor, Großmutters altes Haus, das Sophie nach dem Tode ihrer Großmutter als älteste Enkelin geerbt hatte. Ihre Großmutter,
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