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Sueße Versuchung

Sueße Versuchung

Titel: Sueße Versuchung
Autoren: Mona Vara
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über sich brachte, ihre Tante zu duzen. »Vater hat Anweisung gegeben, dass Geld für mich auf der Bank in Eastbourne hinterlegt wird. Das reicht gewiss, um Ihre Auslagen für mich und Malcolm abzudecken. Und«, fügte sie mit einem Anflug von Trotz hinzu, »wir essen ohnehin nicht sehr viel.«
    Die Stielbrille wandte sich ihr bedrohlich zu. »Lass dir gleich von Anfang an gesagt sein, Sophie, dass dies ein Ton ist, den du vielleicht deinesgleichen gegenüber anschlagen kannst, aber nicht bei mir.« Der scharfe Blick glitt unheilvoll über sie.
    »Schweigsamkeit, Sittsamkeit, Zurückhaltung. Das sind die Tugenden einer jungen Dame. Und die wirst du bei mir lernen. Es ist unüblich, dass ein Mädchen in deinem Alter noch nicht in die Gesellschaft eingeführt worden ist, und man merkt dir leider das höchst ungeschliffene Benehmen an, aber wir werden das Beste daraus machen müssen.«
    Da Lady Elisabeth offenbar eine Antwort erwartete, nickte Sophie. »Ja, Mylady.«
    Ihr Bruder schnaufte bei der Anrede amüsiert, und Sophie warf ihm einen bissigen Blick zu, der zum Glück von der Tante unbeachtet blieb.
    »Ich bin sehr standesbewusst und strikt in den Anschauungen, was das Benehmen einer jungen Dame betrifft«, fuhr sie in dozierendem Ton fort. »Am besten wird es sein, du nimmst dir ein Beispiel an deiner Cousine Augusta. Sie wird dir ein gutes Vorbild abgeben. Du wirst bei mir nicht viele Leute treffen, aber jene, die zu meinem Freundeskreis gehören, zählen zur gehobenen Eastbourner Gesellschaft. Ich werde nicht dulden, von dir vor ihnen blamiert zu werden.« Eine weitere Musterung, die Sophie einerseits wünschen ließ, sich in Luft aufzulösen, und andererseits den heißen Drang in ihr weckte, die Frau vor ihr gründlich zu schockieren und dann nach Hause zu reisen. »Wie ich dem Brief deines Vaters entnehme, hast du dir daheim etwas zu Schulden kommen lassen?«
    »Ja, Madam.« Sophies Ton klang trotz der Ermahnung aufsässig.
    Der kalte Blick fraß sich förmlich in Sophie hinein. »Er hat nicht geschrieben, worum genau es ging, aber es scheint ein junger Mann dabei im Spiel gewesen zu sein.«
    »Ja, Madam.« Sophie fragte sich, was ihr Vater geschrieben hatte, aber offenbar waren es nur Andeutungen gewesen. Der gute Patrick. Den hätte diese Hexe dort drüben nicht eingeschüchtert. Sophie wünschte ihn heiß an ihre Seite. Er hätte zu ihr gehalten, hätte ihr Mut zugesprochen und hätte nicht wie Malcolm nur dagestanden und stumm geglotzt.
    Tante Elisabeth nickte ihr hoheitsvoll zu. »Du kannst dich jetzt zurückziehen. Über alles Weitere sprechen wir später.« Sie senkte ihre komische Stielbrille und wandte sich ab, zum Zeichen, dass das Gespräch beendet war.
    Sophie stand noch einen Atemzug lang unschlüssig herum. Sie wusste nicht, ob nicht doch ein nettes Wort angebracht war. Vielleicht sollte sie jetzt die Grüße übermitteln, die ihr von ihren Eltern für Lady Elisabeth mit auf den Weg gegeben worden waren.
    Aber dann drehte sie sich um und ging zur Tür.
    Malcolm folgte ihr auf dem Fuß, wandte sich jedoch noch einmal nach der unfreundlichen Frau um. »Ich bleib nicht lange, Madam. Keine Sorge. Reise garantiert bald wieder ab. Ziemlich wahrscheinlich schon morgen.« Damit drängte er Sophie aus der Tür, nahm sie bei der Hand und zog sie die Treppe hinauf.
    Sophie war ein kleines, aber heimeliges Gästezimmer neben denen von Tante Elisabeth und Augusta zugewiesen worden, in das Malcolm sie jetzt zerrte. Er schloss hinter ihnen beiden ab, als hätte er Angst, Lady Elisabeth könnte sie verfolgen, verdrehte die Augen und schnitt eine Grimasse, die Sophie trotz des soeben durchlebten Schreckens zum Kichern brachte. »Bei allen Göttern und dem Heiligen Geist! So eine Schreckschraube habe ich noch nie getroffen.«
    »Du hättest ruhig auch etwas sagen können«, hielt Sophie ihrem Bruder vor.
    »Und die alte Schachtel gegen dich aufbringen?«, erwiderte Malcolm ungerührt.
    »Vergiss nicht, Sophie, du musst die Leute aushalten. Sechs Monate lang. Und ich würde dir wirklich nicht raten, Unsinn zu machen, sonst verlängert Vater deinen Aufenthalt.« Er schüttelte mitleidig den Kopf. »Puh. Wenn er das tut, sitzt du aber ganz schön in der Tinte.«
    Sophie fand, dass sie jetzt schon bis zum Hals darin saß. »Du reist doch nicht wirklich schon morgen ab?!« Ihre Augen waren groß und ängstlich.
    Malcolm schnaubte. »Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich auch nur eine Minute länger bleibe als
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