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Suesse Hoelle

Suesse Hoelle

Titel: Suesse Hoelle
Autoren: Linda Howard
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...
    Sie erstarrte, und dann suchte sie voller Schrecken ihr Konterfei im Spiegel. Die Frau, die sie aus dem Spiegel anblickte, hatte ihr Gesicht, doch es war absolut nicht das beruhigend normale, an das sie sich gewöhnt hatte. Es war das Gesicht der Vergangenheit, von vor sechs Jahren, aus einem Leben, von dem sie geglaubt und gehofft hatte, es wäre ein für allemal abgeschlossen.
    Sie war blass, ihre Haut spannte sich über ihren Gesichtsknochen. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen und ließen ihr Blau verwaschen aussehen. Ihr mahagonibraunes Haar, das sie so unermüdlich pflegte, hing ihr ins Gesicht, zerzaust und unordentlich. Sie sah viel älter aus als ihre achtundzwanzig Jahre, ihr Gesichtsausdruck war der einer Frau, die viel zuviel gesehen, viel zuviel erlebt hat.
    Sie erinnerte sich an die schreckliche, blutige Vision, den Ansturm dunkler, vernichtender Gefühle, die ihren Verstand manipulierten und die sie erschöpft und ausgehöhlt hatten, so wie es die Visionen schon immer getan hatten. Irrtümlicherweise hatte sie angenommen, sie seien verschwunden. Auch Dr. Ewell hatte sich geirrt. Sie waren zurückgekommen.
    Oder war es eine Rückblende gewesen? Diese Möglichkeit erschien ihr sogar noch beängstigender, denn sie wollte sich das alles nie wieder vergegenwärtigen. Aber es schien ihr plötzlich möglich zu sein, denn warum sonst hätte sie diese aufblitzende Messerklinge gesehen, mit Blut beschmiert, als sie wieder und wieder zustieß...
    »Hör auf«, sagte sie laut und starrte in den Spiegel. »Hör einfach auf.«
    Ihre Gedanken waren noch immer verworren, sie rang mit der Erklärung dessen, was geschehen war, mit den Nachwirkungen ihrer langen Bewusstlosigkeit Offensichtlich war der Effekt des Erinnerungsblitzes der gleiche, als hätte sie tatsächlich eine Vision gehabt. Wenn der Verstand an ihre Echtheit glaubte, dann war der Stress für ihren Körper genauso groß.
    Sie dachte daran, Dr. Ewell anzurufen, doch zwischen ihnen lag eine Zeitspanne von sechs Jahren, und die wollte sie nicht zurückdrehen. Es hatte eine Phase gegeben, da war sie für beinahe alles auf ihn angewiesen gewesen, und auch wenn er sie immer unterstützt und beschützt hatte, so hatte sie sich mittlerweile doch daran gewöhnt, für sich selbst zu sorgen. Die Unabhängigkeit gefiel ihr. Nach der umfassenden, beinahe erstickenden Fürsorge in den ersten zweiundzwanzig Jahren ihres Lebens waren die Abgeschiedenheit und Selbständigkeit der letzten sechs Jahre ganz besonders süß gewesen. Mit diesen alten Geschichten würde sie allein fertig werden.

2
    Die Türglocke schrillte. Der Kriminalbeamte Dane Hollister öffnete ein Auge, blickte zur Uhr und schloss es wieder, wobei er einen leisen Fluch ausstieß. Es war sieben Uhr, an einem Samstagmorgen, seinem ersten freien Wochenende seit einem Monat, und irgendein Idiot drückte auf seine Klingel. Vielleicht würde er ja wieder gehen, wer immer er auch sein mochte.
    Abermals läutete es, dann wurde heftig gegen die Tür gehämmert. Dane fluchte nochmals ausgiebig, schob das zerwühlte Laken beiseite und schwang sich nackt aus dem Bett. Er griff nach der zerknitterten Hose, die er am Abend zuvor achtlos beiseite geworfen hatte, und schlüpfte hinein; den Reißverschluss machte er zu, doch ließ den Knopf offen. Aus einer Gewohnheit heraus, einer Gewohnheit, die ihm so sehr in Fleisch und Blut übergegangen war, dass er nicht weiter darüber nachdachte, nahm er seine 9-mm-Beretta von dem Tisch neben dem Bett. Niemals ging er unbewaffnet zur Tür. Nicht einmal seine Post holte er aus dem Briefkasten, ohne dabei eine Waffe zu tragen. Seine letzte Freundin, mit der er nur eine sehr kurze Zeit zusammen war, weil sie die unregelmäßige Arbeitszeit eines Kriminalbeamten nicht ertragen konnte, hatte einmal bissig gemeint, dass er der einzige Mann sei, den sie kannte, der sogar mit der Waffe ins Bad ging.
    Sie hatte nicht besonders viel Sinn für Humor gehabt, also hatte Dane sich zurückgehalten und keine zweideutige Bemerkung über männliche Waffen von sich gegeben. Bis auf die Tatsache, dass ihm der Sex mit ihr fehlte, war er eigentlich erleichtert gewesen, als sie sich endgültig verabschiedete.
    Er hob eine Seite der Gardine, um aus dem Fenster zu sehen, dann öffnete er mit einem weiteren Fluch die Tür. Sein Freund und Partner, Alejandro Trammell, stand auf der Veranda vor der Tür. Trammell zog anmutige schwarze Augenbrauen hoch und warf dann einen Blick auf Danes
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