Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Suesse Hoelle

Suesse Hoelle

Titel: Suesse Hoelle
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
sie wandte den Kopf ab vor der Helligkeit und stand mit hängenden Schultern vor dem Mann.
    »Darf ich Ihren Führerschein sehen?«
    Ihre Glieder waren schwer wie Blei. Unter Aufbietung ihrer letzten Reserven holte sie ihre Tasche aus dem Wagen; diese rutschte ihr aus der Hand, und der Inhalt fiel heraus, die Hälfte auf den Sitz, die andere Hälfte auf den Boden. Gott sei Dank war der Inhalt nicht verräterisch, nicht einmal eine Packung Aspirin gehörte dazu oder eine Schachtel Zigaretten. Sie fürchtete sich noch immer davor, Medikamente zu nehmen, die ihr nicht ausdrücklich verschrieben worden waren, sogar sechs Jahre danach - weil ihr Einfluss auf das Gehirn nicht vorhersehbar war.
    Mit heroischer Anstrengung gelang es ihr, die überwältigende Müdigkeit abzuschütteln, die Brieftasche aufzuklauben und ihr ihren Führerschein zu entnehmen. Der Polizist betrachtete ihn schweigend und reichte ihn dann zurück. »Brauchen Sie Hilfe?« fragte er schließlich.
    »Nein, ich fühle mich jetzt besser, b-bis auf das Z-Zittern«, erklärte sie. Ihre Zähne klapperten. »Ich wohne nicht sehr weit von hier. Bis nach Hause werde ich es schon schaffen.«
    »Möchten Sie, dass ich zur Sicherheit hinter Ihnen herfahre?«
    »Ja, bitte«, sagte sie dankbar. Sie war bereit, ihm jede Lüge aufzutischen, damit er sie nicht in ein Krankenhaus brachte; doch sie hatte keineswegs den Verstand verloren. Bloß die unglaubliche Erschöpfung war schlimmer, als sie es je erlebt hatte. Und da geisterte immer noch dieser Alptraum in ihrem Hinterkopf herum - ob es eine Vision oder Erinnerung war, das konnte sie nicht sagen -, doch sie schob es weit von sich. Im Augenblick musste sie sich nur auf die Aufgabe konzentrieren, die vor ihr lag, und das war zunächst einmal, wach zu bleiben, wenigstens so lange, bis sie zu Hause eintraf.
    Der Polizist half ihr, ihre Sachen aufzuheben, und es dauerte nicht lange, da saß sie wieder hinter dem Steuer und fuhr langsam auf die Straße zurück. Sie fuhr sehr vorsichtig, weil jede Bewegung ungeheure Kraft von ihr verlangte. Zweimal fing sie sich noch im letzten Augenblick, weil sie merkte, wie ihre Augen sich schlossen und die Dunkelheit der Bewusstlosigkeit sie übermannen wollte.
    Endlich war sie angelangt und bog in die Einfahrt zu ihrem Haus ein. Es gelang ihr, auszusteigen und dem Polizisten noch einmal dankend zuzuwinken. Sie lehnte sich an den Kühler und sah zu, wie er wegfuhr; erst als er um die Ecke gebogen war, machte sie sich an die schwere Aufgabe, ins Haus zu gehen. In die Sicherheit.
    Mit schwachen, zitternden und fahrigen Händen schlang sie den Riemen ihrer Handtasche um ihren Hals, damit sie sie nicht verlor. Dann blieb sie einen Augenblick stehen, um wieder Kraft zu schöpfen, ehe sie den Weg von ihrem Wagen zur Veranda antrat. Wie eine Betrunkene torkelte sie, ihre Schritte waren unsicher, ihr Sehvermögen ließ nach. Jede nächste Bewegung wurde schwieriger, während die Müdigkeit rasch wuchs, sie überwältigte und ihr die Kontrolle über ihren Bewegungsablauf nahm. Sie erreichte die beiden Stufen, die zur Veranda führten, dort blieb sie stehen. Ihr verschwommener Blick hing an diesem Aufgang, der sonst keine Schwierigkeit für sie bedeutete. Sie versuchte, einen Fuß zu heben, doch nichts geschah. Es gelang ihr einfach nicht. Eiserne Gewichte schienen an ihren Füßen zu hängen, die es unmöglich machten, sich von der Stelle zu rühren.
    Sie begann zu schlottern, wieder eine der wohlbekannten Reaktionen von früher, aus ihrem anderen Leben. Erfahrungsgemäß hatte sie nur noch ein paar Minuten Zeit, um sich hinzulegen, ehe sie völlig zusammenbrach.
    Sie sank auf die Knie, der Aufprall war so heftig, dass sie den Schmerz ahnte, doch nur als dumpfe, ferne Reaktion ihres Körpers. Ihren heftigen und rauen Atem konnte sie nicht hören. Langsam, quälend langsam kroch sie die beiden Stufen hinauf; jeden Zentimeter kämpfte sie gegen die Finsternis an, die sie zu überwältigen drohte. Endlich hatte sie die Haustür erreicht. Schlüssel. Sie brauchte ihren Schlüssel, um hineinzukommen.
    Keuchend erhob sie sich. Ein schwarzer Nebel hüllte ihr Gehirn ein und lähmte sie. Sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, was sie mit ihrem Schlüssel gemacht hatte. War er in ihrer Tasche? Oder noch im Auto? Oder hatte sie ihn irgendwo fallen gelassen? Auf keinen Fall konnte sie den Weg bis zum Auto noch einmal zurückgehen, ihr Bewusstsein ließ sie im Stich. Sie begann, in ihrer Tasche zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher