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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes
Autoren: Friedrich Ani
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Haare hochgesteckt und fuhr sich, vermutlich ohne es zu merken, immer wieder mit der flachen Hand über die Wange.
    »Ja, lang«, sagte sie und nickte mir freundlich zu. »Sie hat ja bei meiner Tante früher im Haushalt gearbeitet. Die hat was geschafft, den lieben langen Tag, das sag ich Ihnen, die hat keine Zeit vertrödelt, die hat keine Kaffeepausen eingelegt. Wenn die morgens um acht gekommen ist, hat sie bis eins durchgeschuftet, dann hat sie eine halbe Stunde Pause gemacht, Tee getrunken und ein Brot oder eine Semmel gegessen, und die hat sie sich selber mitgebracht! Nicht, dass Sie denken, die hat sich im fremden Haushalt bedient! Nein, sie hat eine Thermoskanne dabei gehabt und eine Tupperware-Dose und Papierservietten zum Händeabputzen. Und dann gings weiter im Programm. Und mit Kindern konnt die umgehen! Wenn die …«
    »Wann war das?«, fragte Martin Heuer, warf mir einen unbeteiligten Blick zu und klopfte mit seinem Stift auf seinen Block.
    »Sie ist ja längst in Rente, die Babett«, sagte die Bedienung und strich sich übers Gesicht. »Aber sie hat noch ausgeholfen, da war sie schon über sechzig. Wie alt ist sie jetzt?«
    »Dreiundsiebzig.«
    »Doch schon!« Sie schaute zum Tresen, hinter dem ihre Kollegin schmutzige Gläser abstellte. »Brauchst mich, Rosi?«
    »Bleib du nur bei deinem Kriminaler«, sagte Rosi .
    »Was ist mit der Frau Halmar?«, sagte ich.
    »Kennen Sie sie?«, sagte Martin Heuer .
    »Vom Sehen«, sagte ich.
    »Sind Sie von hier?«, fragte die Bedienung an unserem Tisch.
    »Ja«, sagte ich. »Aber ich wohne erst seit kurzem in Ismaning, ich bin viel unterwegs.«
    »Sind Sie beim Fernsehen?«, sagte die Bedienung .
    »Nein«, sagte ich. »Ich bin Beamter.«
    »Hoffentlich nicht vom Finanzamt!«, sagte Rosi am Tresen.
    »Nein«, sagte ich. »Ich kenne die Frau Halmar vom Einkaufen, ich wohne in ihrer Nähe.«
    »Stellen Sie sich vor, sie soll verschwunden sein!«, sagte die Bedienung.
    »Erinnerst dich, Anni?«, sagte Rosi. Sie hatte zwei Gläser Bier gezapft und stellte sie auf ein Tablett. »Der Quirin, dem Mühlbauer sein Sohn, der war auch verschwunden, vor einem Jahr, auf und davon! Siebzehn war der. Sein Vater wollt, dass er die Landwirtschaft übernimmt, aber er hat gesagt, das bringt nichts mehr, er wollt den Grund und Boden verkaufen, wegen dem Einzugsgebiet. Der sagt, in ein paar Jahren ist die Gegend erschöpft, dann siedeln sich die ganzen Medienhanseln und Computerleute woanders an. Aber jetzt ist hier noch Gold drin .
    Weißt noch, Anni? Das hat er dauernd gesagt: Da ist noch Gold drin hier in Ismaning. Und dann ist er weg.«
    »Wo bleibt denns Bier, Rosi?«, rief ein Mann aus der Gaststube .
    »Gleich!« Rosi machte einen Schritt auf uns zu und senkte die Stimme. »Der alte Mühlbauer, der hat seinen Sohn geprügelt noch mit sechzehn! Ist doch kein Wunder, dass der abhaut. Oder? Was sagen Sie als Kriminaler dazu? Wenn so einer wegläuft, da hab ich Verständnis, das kann ich nicht anders sagen. Mir hat der Quirin immer Leid getan.«
    »Dir tut jeder Leid, der dir was vorjammert, Rosi«, sagte ihre Kollegin und zwinkerte Martin zu .
    »In München haben sie ihn erwischt, er hat sich am Bahnhof rumgetrieben«, sagte Rosi und wandte sich zum Gehen. »Angeblich übernimmt er jetzt doch den Hof .
    Aber da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er war lang nicht mehr da, ist dir das aufgefallen, Anni?«
    »Ich kenn den kaum.« Mit einer linkischen Geste griff sie nach Martins grüner Zigarettenpackung. »Dürft ich vielleicht eine haben? Ich rauch fast nicht mehr. Aber mein Vater hat immer Salem geraucht, und ich dann später auch. Die raucht fast niemand mehr.«
    »Bitte nehmen Sie sich eine«, sagte Martin und zündete ein Streichholz an.
    Anni inhalierte den Rauch und lächelte. »Die ziehen rein! Danke. Hoffentlich kommt der Chef nicht, der denkt dann gleich, ich mach schon wieder Pause.«
    »Sie sind beschäftigt«, sagte Martin. »Sie befinden sich in einer polizeilichen Vernehmung.«
    Beinah hätte ich lachen müssen, so gestelzt klang der Satz.
    »Wann haben Sie die Frau Halmar zuletzt gesehen?«
    Martin sah mich an, ernst und polizeilich, und Anni wartete gespannt, die Hand mit der Zigarette an der Wange, auf meine Erwiderung.
    »Schwer zu sagen«, sagte ich. »Vor einem Monat etwa.«
    »Und wo?«
    »Im Supermarkt.«
    »Das war dann aber eine Ausnahme«, sagte Anni. »Soviel ich weiß, geht sie ganz selten im Supermarkt einkaufen.«
    »Warum?«, sagte ich, als
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