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Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Titel: Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)
Autoren: Georg Ch Lichtenberg
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aufmerksam erhält und ihnen Gott stärker darstellt als die oft übel angebrachten Exempel seines Zorns. [A 37]
    Wir würden gewiss Menschen von sonderbarer Gemüts-Art kennenlernen, wenn die großen Striche, die jetzt Meer sind, bewohnt wären, und wenn vielleicht in einigen Jahrtausenden unser gegenwärtiges festes Land Meer und unsere Meere Länder sein werden, so werden ganz neue Sitten entstehen, über die wir uns jetzo sehr wundern sollten. [A 38]
    Die Furcht vor dem Tod, die den Menschen eingeprägt ist, ist zugleich ein großes Mittel, dessen sich der Himmel bedient, sie von vielen Untaten abzuhalten, vieles wird aus Furcht vor Lebensgefahr oder Krankheit unterlassen. [A 39]
    Dass der Mensch grob sündigen kann, daran ist mehr die Beschaffenheit der äußeren Dinge als seine eigene Schuld, könnte er nicht die Wirkung gewisser Dinge hindern, andere zerstören, wie könnte er fehlen, wenn alles, was er gegen die Wesen außer ihm vornähme, denselben zu Vorteil gereichte? [A 40]
    Die Speisen haben vermutlich einen sehr großen Einfluss auf den Zustand der Menschen, wie er jetzo ist, der Wein äußert seinen Einfluss mehr sichtbarlich, die Speisen tun es langsamer, aber vielleicht ebenso gewiss, wer weiß, ob wir nicht einer gut gekochten Suppe die Luftpumpe und einer schlechten den Krieg oft zu verdanken haben. Es verdiente dieses eine genauere Untersuchung. Allein wer weiß, ob nicht der Himmel damit große Endzwecke erreicht, Untertanen treu erhält, Regierungen ändert und freie Staaten macht, und ob nicht die Speisen das tun, was wir den Einfluss des Klima nennen. [A 42]
    Wir müssen uns freilich unsre gegenwärtigen Augenblicke allemal zu Nutz zu machen suchen, und dieses wäre nicht sehr schwer, denn wir dürften nur jeden Augenblick tun, was uns am meisten gefällt, allein wer sieht nicht, dass uns bald Stoff dazu fehlen würde. 2 Jahre so hingebracht, würden uns alle künftige verderben; jeder gegenwärtige Augenblick ist ein Spiegel aller künftigen, und unser gegenwärtiges Vergnügen, verglichen mit dem, dass er ein künftiger wird, kann darin ein größtes werden. [A 43]
    Heftigen Ehrgeiz und Misstrauen habe ich noch allemal beisammen gesehen. [A 45]
    Ich habe etliche mal bemerkt, dass ich Kopfweh bekam, wenn ich mich lange in einem Hohl-Spiegel betrachtete. [A 48]
    Leute, die nicht die feine Verstellungskunst völlig innehaben und andere mit Fleiß hintergehen wollen, entdecken uns gemeiniglich das Generelle ihrer ganzen Denkungs-Art bei der ersten Zusammenkunft, wer also der Neigung eines andern schmeicheln will und sich in dieselbe schicken lernen will, der muss bei der ersten Zusammenkunft sehr acht geben, dort findet man gemeiniglich die bestimmenden Punkte der ganzen Denkungs-Art vereinigt. [A 50]
    Der Tod ist eine unveränderliche Größe, allein der Schmerz ist eine veränderliche, die unendlich wachsen kann. Dieses ist ein Satz, den die Verteidiger der Folter zugeben müssen, denn sonst foltern sie vergeblich, allein in vielen wird der Schmerz ein Größtes und kleiner als der Tod. [A 52]
    Die Vorurteile sind so zu reden die Kunsttriebe der Menschen, sie tun dadurch vieles, das ihnen zu schwer werden würde, bis zum Entschluss durchzudenken, ohne alle Mühe. [A 55]
    Eine Sprache, die allemal die Verwandtschaft der Dinge zugleich ausdrückte, wäre für den Staat nützlicher als Leibnitzens Charakteristik. Ich meine solche wie zum Exempel Seelsorger statt Prediger, Dummkopf statt Stutzer, Wassertrinker statt anakreontischer Dichter. [A 56]
    Ich wünschte mir an jedem Abend, die Sekunde des vergangenen Tages zu wissen, da mein Leben den geringsten Wert hatte, das ist, da, wenn Reinigkeit der Absichten und Sicherheit des Leben Geld wert sind, ich am allermeisten würde gegolten haben. [A 57]
    Debitum naturae reddere heißt auf lateinisch gemeiniglich sterben. O es könnte noch mehr heißen! Viele Schwachheiten, die wir begehen, sind Schulden, die wir der Natur bezahlen. [A 58]
    Man muss sich in acht nehmen, dass man, um die Möglichkeit mancher Dinge zu erweisen, nicht gar zu bald auf die Macht eines höchst vollkommenen Wesens appelliert, denn sobald man z. E. glaubt, [dass] Gott die Materie denken mache, so kann man nicht mehr erweisen, dass ein Gott außer der Materie sei. [A 59]
    Unser Leben hängt so genau in der Mitte zwischen Vergnügen und Schmerz, dass uns schon zuweilen Dinge schädlich werden können, die uns zu unserm Unterhalt dienen, wie ganz natürlich
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