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Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Titel: Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)
Autoren: Georg Ch Lichtenberg
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solcher Menschen, die in der Sache viel gelten, und jeder Mensch würde das glauben, der sich in eben den Umständen befände, sobald dieses nicht ist, so ist eine besondere Philosophie und nicht eine, die in dem Rat der Menschen ausgemacht ist, Aberglaube selbst ist Lokal-Philosophie, er gibt seine Stimme auch. [A 127]
    Weiser werden heißt immer mehr und mehr die Fehler kennenlernen, denen dieses Instrument, womit wir empfinden und urteilen, unterworfen sein kann. Vorsichtigkeit im Urteilen ist, was heutzutage allen und jeden zu empfehlen ist. Gewönnen wir alle 10 Jahre nur eine unstreitige Wahrheit von jedem philosophischen Schriftsteller, so wäre unsere Ernte immer reich genug. [A 128]
    Es gibt Menschen, die sogar in ihren Worten und Ausdrücken etwas Eigenes haben (die meisten haben wenigstens etwas, das ihnen eigner ist), da doch Redensarten durch eine lange Mode so und nicht anders sind, solche Menschen sind allzeit einer Aufmerksamkeit würdig, es gehört viel Selbstgefühl und Unabhängigkeit der Seele [dazu], bis man so weit kommt. Mancher fühlt neu, und sein Ausdruck, womit der dieses Gefühl andern deutlich machen will, ist alt. [A 129]
    Aus einer Menge von unordentlichen Strichen bildet man sich leicht eine Gegend, aber aus unordentlichen Tönen keine Musik. [A 132]

[KA.]
Κἑραϑ Ἆμαλϑἑιαϑ.
[1765–1771]
Nulla salus bello, pacem TE poscimus omnes
    Man muss sich die Menschen nach ihrer Art verbindlich machen, nicht nach der unsrigen. [KA 2]
    Es gibt ein Sprichwort im Englischen, das heißt: Er ist zu dumm, um ein Narr zu werden. Es steckt sehr viel feine Bemerkung hierin. [KA 5]
    Dieses ist mit jenem einerlei. Witz. Dieses ist von jenem himmelweit verschieden. Verstand. [KA 7]
    Erst die natürlichen Betrachtungen gemacht ehe die subtilen kommen, und immer vor allen Dingen erst versucht, ob etwas ganz simpel und natürlich erklärt werden könne. [KA 10]
    Man soll öfters dasjenige untersuchen, was von den Menschen meist vergessen wird, wo sie nicht hinsehen, und was so sehr als bekannt angenommen wird, dass es keiner Untersuchung mehr wert geachtet wird. [KA 13]
    Auch die allgemeinsten Dinge würde jedermann anders ausdrücken, wenn er seinem eigenen individuellen Gefühl folgen wollte, dieses geschieht selten vor einem gewissen reifen Alter, da man merkt, dass man so gut ein Mensch ist als Newton oder als der Prediger im Dorf oder der Amtmann und alle unsere Vorfahren. Shakespeare ist eine Probe davon. [KA 14]
    Vielleicht ist dieses nur durch eine beständige Gewohnheit von Kindheit an in mir so entstanden. Was für Aussichten würden wir bekommen, wenn wir unser Kapital von Wahrheiten einmal von demjenigen entblößen könnten, was ihnen nicht sowohl wesentlich ist, als vielmehr aus der öfteren Wiederholung zuwächst. [KA 15]
    Man frage sich selbst, ob man sich die kleinsten Sachen erklären kann, dieses ist das einzige Mittel, sich ein rechtes System zu formieren, seine Kräfte zu erforschen und seine Lektüre sich nützlich zu machen. [KA 17]
    Die Kunst alle Dinge recht tief unten anzufangen und eine Frage in tausend untergeordnete zu zerfällen. [KA 18]

B.
Jocoseria.
11. Junii 1768
[1768–1771]
    Wenn er seinen Verstand gebrauchen sollte, so war es ihm, als wenn jemand, der beständig seine rechte Hand gebraucht hat, etwas mit der linken tun soll. [B 1]
    Er hatte zu nichts Appetit und aß doch von allem. [B 3]
    Die Ritterbücher zeigen uns die Welt nach einem ganz falschen Ideal, in einer Art von Kavalier-Perspektive, aus einem Augenpunkt, wo wir nie hinkommen. [B 7]
    Mich dünkt immer, die ganz schlechten Schriftsteller sollte man immer in den gelehrten Zeitungen ungeahndet lassen, die gelehrten Zeitungsschreiber verfallen in den Fehler der Indianer, die den Orang-Utan für ihresgleichen und seine natürliche Stummheit für einen Eigensinn halten, von welchem sie ihn durch häufige Prügel vergeblich abzubringen suchen. [B 12]
    Er schreibt noch sehr bitter, Herr Klotz muss ihn erst ein bisschen umrühren, bis der Zucker in ihm schmelzt. [B 14]
    Es gibt eine gewisse Art von Büchern, und wir haben in Deutschland eine große Menge, die nicht vom Lesen abschrecken, nicht plötzlich einschläfern oder mürrisch machen, aber in Zeit von einer Stunde den Geist in eine gewisse Mattigkeit versetzen, die zu allen Zeiten einige Ähnlichkeit mit derjenigen hat, die man einige Stunden vor einem Gewitter verspürt. Legt man das Buch weg, so fühlt man sich zu nichts
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