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Titel: Suche: Roman
Autoren: Monica Kristensen
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etwas zu entspannen?«
    »Ja, genau«, bestätigte die Kindergartenleiterin mit offensichtlicher Erleichterung. »Und Sie können ihn gern etwas härter rannehmen.«
    »Es ist nicht unsere Aufgabe, die Leute zu maßregeln«, sagte Knut. »Aber ich kann ihm auf jeden Fall erklären, welche Konsequenzen es hat, wenn er wegen Kidnapping angeklagt wird.« Er hoffte, dass die Kindergartenleiterin nicht seinen tiefen Seufzer hörte, als er sein Handy zusammenklappte.
    Trotz der Kälte warteten die beiden Frauen an der Treppe vor dem Kindergarten, als Knut mit dem schwarzen Dienstwagen auf dem Bürgersteig vorfuhr. Das war streng genommen nicht erlaubt, und Knut warf schnell einen Blick hinauf zum Büro der Spitzbergen-Post. Es war bekannt, dass der Redakteur der kleinen Lokalzeitung gern hinter den Gardinen seines Fensters, das auf den Marktplatz zeigte, stand und nach Dingen Ausschau hielt, über die er sarkastische Artikel schreiben konnte. Doch das Fenster war dunkel, kein Schatten dahinter zu sehen.
    Knut stieg aus dem Wagen. Es war leicht zu erkennen, welche der beiden Frauen die Mutter des vermissten Kindes war. Ihre rot verquollenen Augen lugten unter dem Pelzrand ihrer Anorakkapuze hervor.
    »Nichts Neues?«
    »Nein, nichts.« Es war die größere der Frauen, die antwortete, die Kindergartenleiterin. Knut konnte sich nicht daran erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben, aber er war sich dessen nicht so sicher. Longyearbyen war keine große Stadt, hier wohnten knapp zweitausend Einwohner.
    Sie streckte ihm mit einem leichten Lächeln die Hand entgegen. »Ingrid Eriksen. Wir haben uns noch nicht kennengelernt, aber ich weiß, wer Sie sind.«
    Knut öffnete die Wagentüren, und die Kindergartenleiterin setzte sich neben ihn. Sie wirkte jetzt optimistischer als vorhin am Telefon. Tone Olsen dagegen kauerte sich auf dem Rücksitz zusammen und reagierte kaum auf Knuts Fragen.
    »Wann haben Sie Ella zuletzt gesehen? Können Sie sich daran erinnern?«
    Sie schluchzte. »So gegen zwei, als die Kinder vom Spielplatz hereingekommen sind.«
    »Haben Sie mit ihr gesprochen? Hat sie etwas gesagt, was darauf hindeuten könnte, dass sie von ihrem Vater abgeholt werden sollte?«
    »Nein, wir haben uns nur kurz einen Kuss gegeben. Ihre Wangen waren eiskalt, und sie hatte Schnee auf der Mütze. Ich habe sie gefragt, wo sie gewesen ist, aber sie ist nur wortlos ins Spielzimmer zu den größeren Kindern gelaufen.«
    Die Kindergartenleiterin unterbrach sie. »Sie ist sehr spät reingekommen, sicher zehn Minuten nach den anderen. Und sie war die Letzte. Ich habe sie sogar auf der Seite des Hauses gesucht, die zum Bürgersteig zeigt. Irgendwas ist da komisch, aber …« Sie warf einen Blick schräg nach hinten in Tone Olsens erschrockenes Gesicht und begriff, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, um dem Beamten von dem merkwürdigen, nur kurz andauernden Verschwinden mehrerer Kinder in den letzten Wochen zu berichten.
    Knut nahm sich weitere Freiheiten hinsichtlich der Verkehrsregeln und fuhr mit dem Dienstwagen weiter auf dem Fußweg entlang, am neugebauten Polarhotel bog er ab. Vereinzelte Touristen bewegten sich dicht am Schneerand, eingemummelt in dicke Schneeanzüge oder Daunenjacken. Aber sie wagten sich nicht weit hinaus; und an der Straße nach Blåmyra hin, dort, wo Familie Olsen wohnte, waren keine Fußgänger zu sehen. Obwohl es die dunkle Jahreszeit war und die Sonne sich auch mitten am Tag hinter dem Horizont verbarg, war es relativ hell – ein traumartiger, blauer Streifen hing über den Gletschern. Knut hatte das Abblendlicht eingeschaltet, und dort, wo es auf die Schneeränder traf, zeichneten sich schwarze Schatten auf dem weißen Schnee ab. Eigentlich konnte er im Licht der Scheinwerfer weniger sehen als ohne sie.
    »Sie glauben doch nicht …« Ingrid Eriksen sprach leise, an Knut gewandt, wegen des Motorbrummens kaum zu verstehen. »Es ist doch wohl undenkbar, dass Leute mit so einer Veranlagung hier nach Longyearbyen kommen, ohne dass ihr davon wisst?«
    Knut schüttelte den Kopf. »Wir kontrollieren die Leute, die nach Spitzbergen kommen, nicht. Oder haben Sie das wirklich geglaubt?«
    »Nun, man liest ja so einiges in den Zeitungen und macht sich so seine Gedanken. Aber das ist wahrscheinlich zu weit hergeholt. So etwas passiert ja wohl eher auf dem Festland und nicht hier.« Die Kindergartenleiterin drehte den Kopf und schaute nach hinten. Aber Tone Olsen hatte nicht zugehört. Sie saß mit angespannter
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