Succubus Dreams
großartig, wie es den Anschein hat», sagte Vincent, der vielleicht meine Gedanken erriet.
«Daran habe ich auch nie geglaubt.»
«Manchmal glaube ich… nun, vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie und ich überhaupt nie zusammen gewesen wären. Diese Jahre waren wunderbar… aber, na ja, sie wäre immer noch die Frau, die ich geliebt habe, wenn ich mich nicht eingemischt hätte.»
Dazu konnte ich nichts sagen. Natürlich waren kurze Augenblicke der Freude den nachfolgenden Schmerz wert? War ich nicht deswegen mit Seth zusammen, trotz des Wissens, dass er schließlich sterben würde? Vielleicht hatte Seth Recht gehabt, als er sagte, man solle Risiken eingehen. Das Leben war kurz. Vielleicht musste man sich auf alles Gute stürzen, das einem begegnete. Alles war so verwirrend, und auf einmal wollte ich mit Seth darüber reden – darüber, sein Leben zu leben und Risiken einzugehen, darüber, was uns dazu brachte, einander zu lieben, und darüber, weswegen unsere Beziehung es wert war, darum zu kämpfen. Ich wollte nicht den Fehler begehen, den Yasmine und Vincent begangen hatten. Seth und ich mussten uns hinsetzen und frei und offen reden und die Dinge wieder ins Lot bringen.
«Was wirst du jetzt tun?», fragte ich Vincent. Ich hatte das Gefühl, dass es im Augenblick nicht die allerbeste Zeit sei, über die Philosophie einer Beziehung zu debattieren.
Er zeigte unbestimmt hinter sich. «Die Stadt verlassen. Selbst maskiert werden sie mich suchen. Ich muss mich irgendwo verstecken.»
Ich nickte. Ich war traurig darüber, dass er ging, aber ich wusste, was die anderen Engel und Dämonen täten, wenn sie ihn fänden. Daher wünschte ich ihm alles Gute und nahm ihn kurz in die Arme, bevor er verschwand. Als ich ihm dabei zusah, dachte ich wiederum über die Moral seiner Geschichte nach. Mit wachsender Sorge hoffte ich, dass dieser Trip zum Flughafen rasch über die Bühne ginge, damit ich Seth anrufen könnte.
Ich ging zur anderen Seite des Geschäfts hinüber, wo Maddie gerade ihre Einkäufe bezahlte.
«Wer war der Typ?», fragte sie, während sie ihre Kreditkarte hinüberreichte. «Er war süß. Zerzaust … aber süß.»
«Er hatte einen langen Tag hinter sich», antwortete ich. Und noch eine lange Ewigkeit vor sich. «Er ist bloß ein Freund.»
«Ist er solo?»
Ich überlegte. «Ja, vermutlich schon.»
Während ich auf sie wartete, sah ich uns in einem Spiegel in der Nähe. Maddie machte sich immer noch gut mit ihrem neuen süßen und modischen Selbst. Sie hatte sich auch eine neue Frisur zugelegt, durch die ihr Gesicht zart und reizend erschien. Die Slacks und der Pulli, obwohl schlicht, sahen elegant aus und saßen wie angegossen.
Im Kontrast zu ihr war ich die hässliche Stiefschwester. Oh, ich hatte nach wie vor die gute Figur und das hübsche Gesicht, Gestaltwandel sei Dank, aber ich hatte Jeans und einen alten Mantel übergestreift, da mir heute wirklich nicht nach topmodischem Aussehen zumute war. Ich hatte mir sogar gleichfalls erspart, das Haar zu verwandeln, sondern hatte es einfach zu einem hoch angesetzten Pferdeschwanz gekämmt. Am verräterischsten war mein Gesicht. Ich trauerte ebenso heftig wie Vincent. Ich war so hohläugig, dass ich selbst darüber erschrocken war. Es konterkarierte die Schönheit meiner Gesichtszüge. Bei einem Blick zurück auf Maddie ging mir auf, dass sie heute die heiße Dame war.
Als wir schließlich zum Flughafen fuhren, war der Verkehr ebenso furchtbar wie erwartet. Die I-5 war ein einziger Stau, und bei dem ganzen Glück, das ich in letzter Zeit gehabt hatte, war die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall weiter vorn ziemlich hoch, und das wäre die Krönung von Rushhour und Feiertagsverkehr gewesen. Seufzend lehnte ich mich in meinem Wagen zurück.
«Na gut», sagte ich zu Maddie, da ich verzweifelt nach einer Ablenkung suchte. «Was gibt’s zu berichten? Welche abenteuerlichen Unternehmungen hast du gestartet? Du hast doch bestimmt weitaus mehr unternommen als verabredet.»
«Nun», begann sie. «Da sind die neuen Kleider, natürlich. Du hast schon viele gesehen, und ich besitze mehr Reizwäsche als bislang im Leben. Ich habe mich immer davor gefürchtet, aber es gibt so viele süße Sachen, weißt du.»
«Ju. Allerdings.»
«Ich habe auch eine Menge hochhackige Schuhe. Ich muss immer noch lernen, darin zu gehen, aber ich mache mich, glaube ich.» Sie stöhnte und sah ganz wie die sarkastische feministische Autorin aus, die sie ja auch war. «Ich
Weitere Kostenlose Bücher