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Sturz in den Tod (German Edition)

Sturz in den Tod (German Edition)

Titel: Sturz in den Tod (German Edition)
Autoren: Anke Gebert
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Flip-Flops spürte
sie bei jedem Schritt den warmen Sand an den Füßen. Sie verließ den Strand und
ging an die Rezeption der Maritim-Residenz. Frau Schneider hatte heute
Nachmittag Dienst, sie würde Nina sagen können, ob es tatsächlich schon
Selbstmorde hier gegeben hatte. Frau Schneider arbeitete seit achtzehn Jahren
als Pförtnerin in der Residenz.
    Bei der Pförtnerin stand ein Paar am Tresen. So tragisch wie alle
dreinblickten, war klar, worüber sich die drei unterhielten. Nina setzte sich
in die kunstlederne Couchgarnitur im Eingangsbereich, um abzuwarten, bis Frau
Schneider endlich allein war. Urlauber, die gerade angereist waren, luden vor
dem Eingang Essensvorräte, Koffer und Taschen in einen der hauseigenen großen
Metallwagen, um diesen in eine für den Urlaub angemietete Eigentumswohnung zu
bugsieren. Frau Schneider wies die Leute in einen der Fahrstühle ein.
    »Kindchen, Kindchen, ist das nicht alles furchtbar«, sagte sie, als
sie an Nina vorbei zurück an ihren Tresen ging. Nina begab sich zu ihr.
    »Frau Bergmann kannte ich vom ersten Tag an, den ich hier arbeite.
Immer freundlich, immer nett. Stürzt sich vom Balkon. Ich kann das immer noch
nicht glauben!«, sagte die Pförtnerin.
    »War denn etwas mit ihr? Hatte sie Probleme?«, fragte Nina.
    Frau Schneider schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht. Aber man
steckt ja in den Leuten nicht drin. Sie kommen jeden Tag hierher, holen ihre
Zeitung, ihr Brötchen und lächeln einen an. Man glaubt sich zu kennen. Doch man
kennt sich nicht wirklich. So ist das heutzutage. Nicht nur bei dir in der
Großstadt.« Frau Schneider musterte Ninas legere Sommerkleidung. »Wie geht es
denn deiner Mutter? Kommt sie bald zurück?«
    Nina zog die Schultern hoch. »In der nächsten Zeit springe ich noch
für sie ein. Stimmt es eigentlich, dass sich hier schon mehrere Leute vom
Balkon gestürzt haben?«
    Frau Schneider riss die Augen auf und sah beunruhigt zu den
Fahrstühlen und zum Eingang. »Mehrere. Ach, was heißt hier mehrere! In deiner
Großstadt werden es sicherlich mehr sein. Ist für die Lebensmüden eben eine
sichere Sache. Da baut einer so ein schönes hohes Haus, und die Leute nutzen
es, um sich runterzustürzen. Nein, nein, viele waren es bei uns nicht! Manche
von denen haben hier gar nicht gewohnt. Haben sich irgendwie ins Haus
geschlichen, ab in den dreiunddreißigsten Stock auf die Notausgänge – und
runter. Schrecklich, so was.«
    »Aber die Frau Bergmann, die war doch nicht lebensmüde.«
    »Kind, wer weiß das schon? Du müsstest sie besser kennen als ich, du
warst immerhin schon öfter in ihrer Wohnung. Und deine Mutter erst. All die
Jahre. Ich stehe nur hier unten. Ein bisschen klönen hier, mal helfen da, aber
in der Wohnung von der Frau Bergmann war ich noch nie. Höchstens mal an der
Tür, ein Paket abgeben. Hier ist übrigens noch eins, von diesem Kaufsender im
Fernsehen. Da hat sie sich immer Schmuck bestellt. Ist ziemlich groß, das
Paket, aber federleicht. Ist ganz bestimmt wieder Schmuck drin. Wahrscheinlich
total teurer Schmuck. Was mache ich denn jetzt damit?«
    »Ich könnte es mit hochnehmen, ich muss sowieso noch etwas zurück in
die Abstellkammer bringen.«
    Frau Schneider schob ihr das Paket hin.
    »Können sich die Erben dann ja drum kümmern, die werden sich
freuen.«
    ***
    Nina ging über den dicken, rot gemusterten Teppich, der
das Geräusch ihrer Schritte verschluckte. Sie horchte an jeder Tür. In einem
der Apartments lief laut ein Fernseher.
    Sie sah sich noch einmal um, bevor sie die Tür zu Frau Bergmanns
Apartment aufschloss. Sie stellte das Paket auf den Tisch. Die Tür zum Balkon
war verschlossen, die Gardine achtlos vorgezogen. Nina war sich sicher, dass
die Tür offen gestanden hatte, als sie Frau Bergmann im Schwimmbad wähnte und
heimlich die Geldscheine zurück in die Comtesse-Tasche gelegt hatte. Draußen
auf dem Tisch stand immer noch die Teetasse.
    Im Schlafzimmer war eine der fünf Schranktüren einen Spaltbreit auf.
Nina öffnete sie weit. Die Handtücher und Bettbezüge lagen ordentlich wie immer
in den Fächern. Wo bewahrte Frau Bergmann eigentlich ihren Schmuck auf, den sie
offenbar ständig vermehrte? Nina hatte immer nur die kleine Kristallschale
gesehen, in der ein paar schwere goldene Ketten und Ringe lagerten. Frau
Bergmanns Schmuck für jeden Tag, den Nina manchmal heimlich anprobiert hatte.
Die Kristallschale war leer. Nina sah in den Schubladen nach und fand nichts.
Sie wusste, dass sie bei all
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