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Sturz in den Tod (German Edition)

Sturz in den Tod (German Edition)

Titel: Sturz in den Tod (German Edition)
Autoren: Anke Gebert
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sich bereits so weit von ihm
entfernt, dass er ihre Umrisse nicht mehr erkennen konnte. Er tastete nach dem
Tuch in seiner Jackentasche, sprang hinter dem Baum hervor und rannte hinter
ihr her. Mit einem Satz stürzte er sich auf sie, packte sie von hinten am Hals
und drückte das mit Chloroform getränkte Tuch auf ihren Mund. Dann schleppte er
sie abseits des Weges, dorthin, wo die Bäume ihm Schutz gaben. Sie wehrte sich
und trat hart nach ihm. Doch körperliche Schmerzen spürte er in diesem Zustand
nicht mehr.
    »Halt still!«,
zischte er. »Je mehr du dich wehrst, desto mehr werde ich dir wehtun.«
    Sie versuchte zu
schreien, doch der einzige Laut, der durch das Tuch drang, war ein
angsterfülltes Gurgeln.
    Mühevoll drängte
er sie zu Boden. Noch immer zappelte sie, doch ihre Bewegungen erlahmten
allmählich.
    Er lockerte den
Griff, legte das Tuch beiseite und setzte sich auf ihren Brustkorb, ihre Arme
mit seinen Beinen fixierend. Ihr Blick irrte orientierungslos umher. Trotz der
Dunkelheit wollte er ihr in die Augen sehen. Wollte spüren, wie sie begriff,
was es heißt, Angst zu haben.
    Plötzlich schien
es, als wollte sie schreien, um Hilfe rufen. Aber er war schneller und
versetzte ihr zwei heftige Schläge ins Gesicht, dass Blut aus Mund und Nase
trat. Benommen blieb sie auf dem feuchten Gras liegen.
    Er packte sie an
den Armen und zog sie zurück über den Schotterweg in Richtung der kleinen
Böschung, die zur Kanaltrave hinabführte. Dort hielt er noch einmal kurz inne
und sah sich um. Obwohl es gerade einmal halb neun war, schien niemand mehr am Kanal
unterwegs zu sein. Keine Jogger, keine Spaziergänger oder Nachtschwärmer. So,
wie er es gehofft hatte.
    Vorsichtig rollte
er ihren Körper den Abhang hinunter, immer auf der Hut, nicht selbst auf dem
feuchten Gras abzurutschen und ins Wasser zu fallen.
    Als er endlich
unten angekommen war, zog er erneut das chloroformgetränkte Tuch aus der Tasche
und drückte es ihr vors Gesicht. Unter Wasser würde sie andernfalls zu schnell
wieder das Bewusstsein zurückerlangen.
    Er presste seine
Hände so fest auf ihren Mund und Hals, dass er einen Moment lang befürchtete,
sie bereits umgebracht zu haben. Das wollte er auf keinen Fall. Sie sollte
ertrinken. Hilflosigkeit spüren, wenn sie die Augen aufschlug und ihre
ausweglose Situation realisierte. Die Panik durchleben, die auch er all die
Jahre verspürt hatte.
    Ihre Hände an
seinen Oberarmen bemerkte er sofort. Im nächsten Augenblick schnellte ihr Kopf
hoch. Sie riss die Augen auf und fuhr ihm mit den Fingernägeln wie eine
Raubkatze durchs Gesicht. Obwohl er perplex über ihr Aufbäumen war, reagierte
er schnell und hämmerte ihren Kopf zurück auf den Steinboden der
Uferbefestigung. Das Chloroform hatte sie nicht ausknocken können, dann musste
es eben auf die harte Weise passieren. Er legte seine Hände um ihren Hals und
drückte so lange zu, bis sie nur noch röchelte und von ihren Augen bloß noch
das Weiße zu sehen war. Als er trotz der Dunkelheit erkennen konnte, dass sie
bereits blau anzulaufen begann, ließ er von ihr ab. Langsam schob er sie auf
die Seite und stieß sie mit den Füßen voran ins Wasser. Dann legte er sich
bäuchlings auf den Boden, den Kopf nur knapp über die Wasseroberfläche gebeugt.
    Im ersten
Augenblick glaubte er, dass sie sofort untergehen würde, doch als er ihren Kopf
unter Wasser drückte, erwachte sie zu neuem Leben und tauchte wieder auf.
    Immer und immer
wieder presste er sie unter Wasser. Gelegentlich war ein Gurgeln von ihr zu
hören, Wasser spritzte auf. Sie zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Im
Todeskampf schien sie fast übermenschliche Kräfte zu entwickeln.
    Es dauerte mehrere
Minuten, bis er sich sicher war, dass sie tot war. Er hielt sie nur noch an den
Händen fest, der Rest ihres Körpers hing leblos im Wasser. Eine Weile wartete
er noch, dann schloss er die Augen, lockerte seine Muskulatur und ließ sie
langsam in den kalten Kanal gleiten.
    Erst eine
Viertelstunde später richtete er sich wieder auf. Er hatte erfolglos versucht,
ihren Körper in der Dunkelheit zu verfolgen. Aus der Hosentasche zog er eine
Packung Zigaretten, zündete sich mit ruhiger Hand eine an und blies den Rauch
kreisförmig in den Abendhimmel.
    Er blickte noch
einmal ins Wasser und betrachtete nachdenklich sein Spiegelbild. Die sich im
Mondschein kräuselnden Wellen verhinderten jedoch, dass er Einzelheiten
erkennen konnte. Seine Augen tanzten hin und her, Mund und Nase
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