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Sturz in den Tod (German Edition)

Sturz in den Tod (German Edition)

Titel: Sturz in den Tod (German Edition)
Autoren: Anke Gebert
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ließ.
Überall saßen und standen Leute herum, die Fischbrötchen kauten. An einem
Bootssteg blieb er stehen und sah sich um. Pasquale Schöne holte einen
Schlüssel aus der Hosentasche und betrat den Steg, an dem etliche Boote
festgemacht waren.
    Nina stand hinter einer Bude, an der Kunsthandwerkliches aus dickem
Filz verkauft wurde.
    Pasquale Schöne zog seine Schuhe aus, nahm sie in die Hand und
betrat unsicheren Schrittes eines der Segelboote. Unter seinem Gewicht gab es
nach, sodass Schöne nur stolpernd Halt fand und sich das Knie stieß. Dabei
fielen ihm die Schuhe, der Schlüssel und die Brötchentüte aus der Hand.
    Er hob alles auf, schloss die kleine Kajüte des Segelbootes auf und
verschwand darin.
    Es war ein hübsches Boot, klein, blau-weiß, aus Holz, mit kleinem
Außenbordmotor. Gehörte es ihm? Gehörte es der Frau, mit der sie ihn beobachtet
hatte?
    Pasquale Schöne kam aus der Kajüte, rollte einen Schlafsack
auseinander und legte ihn zum Lüften aufs Deck. Dann verschwand er wieder ins
Innere. Nina ging ein paar Schritte näher heran. »Elisabeth«, stand in
goldfarbenen Buchstaben am Bug des Segelbootes.
    Dieser Typ war es also, dem Frau Bergmann alles vermacht hatte! Das
Boot, das Auto und die Tasche voller Geld sicherlich auch. War er es, der Frau
Bergmann vom Balkon gestoßen hatte? Nina würde es herausfinden. Sie würde
Alexander Bergmanns Auftrag erfüllen und die fünfhundert Euro pro Tag zu Recht
verdienen.
    Pasquale Schöne kam mit einem Kaffeebecher heraus und begann sein
Fischbrötchen zu essen. Nina hatte für heute genug gesehen, sie wusste nun, wo
sie Schöne finden konnte. Hier, bei der Frau in Niendorf oder im Maritim. Sie
musste Jan erzählen, was sie gesehen hatte.
    Nina eilte zur nächsten Bushaltestelle. Doch der Bus, der nur einmal
pro Stunde von Scharbeutz kommend in Richtung Travemünde Strandbahnhof fuhr,
schloss die Türen und fuhr ab, bevor sie ihn erreichen konnte. Nina wählte Jans
Nummer, sie musste unbedingt mit ihm sprechen, vielleicht würde er sie von hier
mit dem Auto abholen. Jan meldete sich und sagte, er sei in einem Termin, der
noch etwa zwei Stunden dauern werde. Nina und er verabredeten sich an der
Strandoase. Aus dem Hintergrund hörte sie, dass seine Mutter fragte, ob sie
schon die Suppe auftun könne oder er noch länger telefonieren müsse.
    Nina war nicht enttäuscht – so war das eben mit Müttern, die
einen fest in ihrem Bann hielten. Sie beschloss, zu Fuß nach Travemünde
zurückzukehren, verließ die Straße und ging zwischen ein paar Häusern hindurch
an die Promenade am Meer, die dann in den Weg zum Steilufer mündete. Vor der
Mutter-Kind-Kurklinik spielten ein paar junge Frauen mit ihren Kindern am
Strand. Eine Nonne saß in einem Strandkorb, legte ihr Häkelzeug beiseite und
rief alle ins Haus.
    Die Sonne war längst hinter den Bäumen verschwunden. Der Mond hing
voll und blass über dem Meer. Nina ging zügigen Schrittes, sie kannte diesen
Weg am Brodtener Ufer seit ihrer Kindheit in- und auswendig. Das Einzige, das
sich verändert hatte, war, dass er immer schmaler wurde, weil immer mehr Teile
des Weges ins Meer gerissen wurden. Nina musste auf die rot-weißen
Absperrbänder und auf die Hinweisschilder der Gemeindeverwaltung achten, doch
sie waren mit Einbruch der Dunkelheit kaum noch zu erkennen. Eine Gruppe
Radfahrer kam ihr entgegen. Alle hatten Licht an ihren Rädern. Dann war Nina
wieder allein auf ihrem Weg.
    Das Meer lag zur linken Seite wie eine bleierne Masse, auf der ein
paar vereinzelte Lichtpunkte zu sehen waren. Der Vollmond warf eine breite
silbrige Bahn über die Ostsee. Bis auf das Rauschen vereinzelter Pappeln und
der leichten Wellen, die in regelmäßigen Abständen ans Ufer schwappten, war es
still. Kein Vogel sang mehr. Nina steckte sich eine Zigarette an und behielt
das Feuerzeug in der Hand. Ihre Gedanken kreisten um das, was sie in Niendorf
gesehen hatte. Pasquale Schöne mit der Frau. Pasquale Schöne an dem Auto.
Pasquale Schöne auf dem Boot. Ihre Gedanken kreisten darum, welche Schlüsse sie
und Jan daraus ziehen würden. Und die Frage, ob man jetzt die Polizei
informieren sollte.
    Auf dem folgenden Abschnitt des Brodtener Ufers ragten die Bäume so
hoch in den Himmel, dass das Licht des Mondes nicht mehr auf den Weg fiel. Nina
sah sich um. War da jemand? Sie betätigte das Feuerzeug, doch die Flamme
spendete nur wenige Zentimeter Licht und ließ alles andere um sie herum noch
dunkler erscheinen. Nina hielt die
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