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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller
Autoren: Adam-Troy Castro
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nicht die Peitschen gewesen, die in unregelmäßigen Abständen aus dem Kopf hervorsprossen, hätte ich in dieser Oberfläche rein gar nichts Organisches erkannt. Zwei der Peitschen zuckten in steter Folge zum Himmel und wieder zurück, sprachen unbekannte Bände über die präzise Frequenz der Sinuskurven, die in Wellen über ihre dreißig Meter Länge huschten. Drei andere standen fest auf dem Boden und hielten das Gewicht der Kreatur; eine hielt mich mit festem Griff nahe an den riesigen Kopf. Weitere sechs, die sich in keiner Weise von den anderen unterschieden, waren beständig in Bewegung, einige mit traumwandlerischer Anmut, andere mit einer wilden Energie, die es mir schwer machte, mehr als nur Schemen auszumachen.
    Ich begriff, warum so viele Leute überall im zivilisierten Raum behaupteten, die Bewegungen der Vlhani wären wunderschön; warum Hologramme ihres alljährlichen Balletts in Hunderttausenden von Welten studiert und bewundert wurden. Die Vlhani hatten etwas an sich, eine machtvolle, nachklingende Poesie, geeignet, sogar Philister wie mich, in deren Seelen eigentlich kein Raum für Poesie war, zu faszinieren.
    Freund, tanzte der Vlhani. Jagdpartner. Peitsche.
    »Wie lange muss ich mir diesen Mist noch antun?«
    »Versuchen Sie, ihm Ihren Namen zu nennen!«, brüllte er zu mir herauf. »Er will ihn vielleicht in sein Vokabular aufnehmen.«
    Beinahe hätte ich gefragt, was das Ding mit meinem Namen will. Nicht, dass ich ihm irgendetwas zu sagen hätte. Nicht in meiner bevorzugten Sprache, Hom.Sap-Merkantil, und nicht in seiner getanzten Sprache, die eine physische Begabung erforderte, die weit über alles hinausging, was ein Mensch zu bieten hatte, so er nicht mit speziellen Werkzeugen, extern oder chirurgisch implantiert, ausgestattet war.
    Aber ich hatte auch nicht den ganzen verdammten Tag Zeit, hier wie ein Schmuckstück herumzuhängen.
    Also verriet ich ihm meinen Namen. »Andrea Cort!«
    Für einen winzigen Moment erstarrte der Vlhani, dann flatterte er mit den beiden Peitschen, die er für Kommunikationszwecke reserviert hatte. Hammersmiths Peitschengeschirr schnappte die neuen Meme auf, untermauerte die Bedeutung durch Kontext und Wiederholung und fügte sie der Gedankensequenz hinzu, die mir mein unerwünschter neuer Freund vortanzte. Andrea Cort. Freund. Jagdpartner. Peitsche.
    »Ja, schön, ich liebe dich auch! Und jetzt setz mich verdammt noch mal wieder ab!«
    Es antwortete mit einer neuen Bewegungsabfolge, die Hammersmiths Peitschengeschirr in Begriffshaufen umwandelte, irregulär genug, die unbekannte Syntax widerzuspiegeln, die die wenigen Meme verknüpfte, welche bisher überhaupt hatten übersetzt werden können. Wunde. Infektion. Krankheit. Heilen. Vlhani. Tanz. Lernen. Kämpfen. Andrea Cort. Heilen. Andrea Cort. Freund. Jagdpartner. Peitsche. Freude. Himmel. Andrea Cort. Gefahr. Lernen.
    Und dann, nach einer langen Reihe von Bewegungen, die Hammersmiths Peitschengeschirr nicht übersetzen konnte, folgte kristallklar eine letzte Aussage, die meiner ganzen Welt den Boden wegzog.
    Unsichtbare Dämonen.
 
    Weit unten schrien Oscin und Skye Porrinyard im Chor auf, und ihre Stimmen vereinten sich zu einer neuen, klangvoller und bedeutungsschwerer als die Stimmen, die sie als getrennte Wesen hervorzubringen imstande waren. »Juje! Andrea, hast du das gehört?«
    Natürlich hatte ich. Und natürlich sagte mir das etwas.
    Vor vielen Jahren hatten Wesen, die ich als Unsichtbare Dämonen kannte, auf einer Welt namens Bocai technische Mittel eingesetzt, um eine Orgie plötzlich auftretenden mörderischen Wahnsinns zu entfachen. Zu den Opfern jener langen Nacht des Mordens gehörten meine Eltern, mein Bruder, meine Schwester, meine Freunde, meine Nachbarn und meine eigene Unschuld.
    Damals war ich erst acht Jahre alt gewesen, aber das Bild, das die Rettungsmannschaften von mir gemacht hatten, als ich gefunden wurde - blutbeschmiert, rasend, in das Spiel mit den Augäpfeln vertieft, die ich aus dem Schädel des Bocai gepuhlt hatte, den ich geliebt hatte wie einen zweiten Vater -, hatte sich wie ein Virus verbreitet. Mir hatte es weit und breit den Ruf eingebracht, ein lebendiges Symbol zu sein für die bodenlose Fähigkeit der Menschheit, Böses zu tun.
    Der Vlhani hatte gerade meine persönliche Bezeichnung für die dafür verantwortlichen Kreaturen fallen lassen - ein Name, den nur die Porrinyards und die KIquellen kennen sollten -, und das in einer einfachen Plauderei.
 
    Ich stellte fest,
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