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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe
Autoren: Catherine Coulter
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vertrauenswürdiger Mann.«
    »Wo ist Sir William jetzt?«
    »Lieber Himmel, Genny, warum willst du denn das wissen? Also schön. Er lebt in Dorset, in der Nähe von Chipping Marsh. Falls er noch am Leben ist. Mein Verwalter war bei ihm ausgeschieden, weil dessen Sohn die Verwaltung des Landsitzes übernommen hatte.«
    »Ich meine, wir sollten ihm schreiben. Es besteht immerhin die Möglichkeit, daß Mr. Cruisk das Empfehlungsschreiben von Sir Williams gefälscht hat. Du kennst diesen Sir William Wolverton nicht persönlich, oder?«
    »Ich habe dir doch gesagt, daß es dir nicht zusteht, Detektiv zu spielen.«
    Darüber ging Genny einfach hinweg. »Diese Überlegungen sind nämlich der Grund, warum ich heute nachmittag die Unterlagen in seinem Büro durchgesehen habe. Irgendwie müßte doch zu beweisen sein, daß er ein Schurke war. Die Abrechnungen, die er dir geschickt hat, können ja völlig aus der Luft gegriffene Aufstellungen sein. Ich habe darüber auch des längeren mit Mrs. MacGraff, mit Giles und mit Smythe gesprochen. Sie sagen, unter den Pächtern seien zwar einige Hitzköpfe. Aber Verbrecher? Mörder? Daran glauben sie nicht. Andererseits war Arnold Cruisk nicht gerade beliebt bei ihnen. Er war ein Prahlhans, sagte Smythe. Er tat so, als gehörte der Landsitz ihm und nicht dir.«
    Smythe hatte Alec bei dessen Ankunft etwa das gleiche berichtet.
    »Natürlich können ihre Meinungen nicht als Beweise angesehen werden. Aber ich habe auch mit einem der Hausmädchen gesprochen. Sie heißt Marge.«
    Alec kaute sorgfältig an einer Pastinakwurzel. Erst als er den Bissen heruntergeschluckt hatte, sagte er: »Na und?«
    »Noch bin ich mir meiner Sache nicht sicher. Als ich sie aufsuchte, weinte sie herzzerbrechend. Sie schien völlig aufgewühlt zu sein. Aber ausgesagt hat sie eigentlich nichts. Doch es machte mich stutzig, daß sie regelrecht in Verzweiflung geriet, als ich ihr Fragen stellte. Ich glaube, nein, ich bin sicher, daß sie etwas weiß, aber Angst hat, darüber zu sprechen.«
    Alec spielte mit seiner Gabel. Sie war aus schwerem Gold und trug in kunstvoller Prägung das Familienwappen: einen Adlerkopf über einem goldenen Schild, der von zwei geflügelten Zobeln gehalten wurde. Die Zobel trugen juwelenbesetzte Halsbänder. Darunter stand das Motto der Carricks: Fidei tenax, in Treue fest.
    Treue, Vertrauen – das einzige, was ihm seine Frau verwehrte.
    Merkwürdig allerdings, daß ihre Darlegungen mit seinen eigenen Überlegungen weitgehend übereinstimmten. Allerdings war er nicht auf die Idee gekommen, an Sir William Wolverton zu schreiben. Das würde er jetzt nachholen. Er kannte jeden einzelnen seiner Pächter seit frühester Jugend. Unter ihnen gab es zwei Raufbolde und mehrere habgierige Kerle. Aber die Mehrzahl bestand aus ehrlichen, hart arbeitenden Menschen. Selbst die Raufbolde würden nie einen Mord begehen. Außerdem hatte er sich oft genug gefragt, worin ihre Unehrlichkeit eigentlich bestehen sollte. Hatten sie vielleicht einen Pflug gestohlen und verkauft? Aus der Nähe betrachtet, war das eine recht lächerliche Theorie.
    Von dem Hausmädchen hatte er nichts gewußt. Er blickte auf und sah, daß seine Frau ihm auf den Mund schaute. Ihr Verlangen war deutlich. Er lächelte, das typische Lächeln eines selbstbewußten Mannes. Es war schön, von der eigenen Frau begehrt zu werden.
    Jetzt, dachte er, jetzt will ich sie haben.
    Er nahm sie mit der ganzen Leidenschaft, die ihm zu eigen war, und in diesen langen Minuten war sie sein. Doch noch im Einschlafen wurde ihm klar, daß auch er ihr vollständig und unwiderruflich verfallen war. Da hörte er ein Geräusch. Langsam wandte er den Kopf auf dem Kissen. Noch einmal das gleiche Geräusch. Es war ein Schluchzen. Er erstarrte und wußte nicht, was er tun sollte. Schon hob er die Hand, um ihr über die Schulter zu streichen. Doch dann ließ er sie langsam wieder sinken.
    Warum konnte sie nicht so sein, wie er sie sich wünschte? War das zu viel verlangt?
    Das Schluchzen hörte allmählich auf. Alec lag lauschend da. Ihre unregelmäßigen Atemzüge wurden ruhiger. Sie war eingeschlafen.
    Lange Zeit starrte er ins Dunkel. Ehe er einschlummerte, fiel ihm etwas ein. Genny war nie langweilig. Sie ärgerte ihn, sie versetzte ihn in Wut, sie führte ihn an der Nase herum. Aber langweilig war sie nie. Sie war und blieb ein Geheimnis für ihn.
    Er dachte an die grausamen Worte, die er ihr gesagt hatte. Daß er sie nur geheiratet hätte, weil sie so
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