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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe
Autoren: Catherine Coulter
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das Kinn.
    Sie würde sich nicht von ihm herumkommandieren lassen.
    Wenn er ein Despot sein wollte, dann sollte er sich zum Teufel scheren. Sie würde ihn nicht den Tyrannen spielen lassen und seine pflichtbewußte, gehorsame Sklavin sein. Sie würde sich seine schlechte Laune und die unsinnige Behauptung, sie wäre auf Männer neidisch, nicht gefallen lassen. Schließlich trug sie sein Kind im Leib. Da mußte es doch auch dem Dümmsten einleuchten, daß sie durch und durch Frau war.
    Was hatte denn den Anstoß zu seiner Gesundung gegeben? Sie war es gewesen, sie mit dieser albernen Männerkleidung. Er müßte ihr dankbar sein. Aber nein, er hatte sich plötzlich in einen Mann verwandelt, der noch schlimmer als der alte Alec war.
    Genny warf einen Blick auf das Kleid, das Mrs. MacGraff ihr auf dem Bett bereitgelegt hatte. Es war eins der neuen Kleider, die Alec ausgesucht hatte. Blaßlavendelfarbene Seide mit tiefem Ausschnitt, eng unter dem Busen, und weit herabfallendem Rock. In diesem Kleid sah sie wie eine köstliche Blume der Weiblichkeit aus, wie ein erlesenes Wesen, dem ein Mann wohl Beifall zollen und seinen Schutz anbieten mußte.
    Sie schlug sich auf den Schenkel, der in Männerhosen steckte. Nein, sie würde das verdammte Kleid nicht anziehen! Erst mußte er sich entschuldigen und aufhören, den arroganten Flegel zu spielen – ja, dann würde sie gern jedes Kleid anziehen, in dem er sie zu sehen wünschte. Aber sie ließ es sich nicht bieten, wie eine berechnende Person behandelt zu werden, die ihn absichtlich hinters Licht geführt hatte.
    Sie erinnerte sich an jedes seiner grausamen Worte. Si‹ würde sie wohl ihr ganzes Leben lang nicht vergessen.
    Erwartete er denn wirklich von ihr, daß sie vor ihm auf den Boden fallen würde, damit er ihr die Sporen in die Seiten drücken konnte? Während seiner Krankheit war sie sanft, liebevoll und unterwürfig gewesen. Sie hatte gemeint, er brauche ihre ganze Unterstützung, all ihr Verständnis, ihre Liebe und ihre volle Anerkennung. Doch sie ahnte tief im Inneren, daß sie so nicht weitermachen durfte, wenn er nicht tatsächlich zum Tyrannen werden sollte. Es lag auch nicht in ihrem Charakter, eine unbedeutende, ängstliche kleine Frau zu werden, die in jeder Hinsicht von ihrem Mann abhängig war.
    Genny reckte die Schultern und marschierte aus ihrem Schlafzimmer den langen Hur hinunter zur Haupttreppe. So schritt sie in das Wohnzimmer, blieb stehen und wartete, bis sich Alec, der mit dem Rücken zu ihr stand und sie hereinkommen hörte, langsam zu ihr umdrehte.
    Er sah sie an, und seine Finger schlossen sich so fest um den Stiel des Weinglases, daß die Knöchel weiß hervortraten.
    Sie sah genauso aus wie damals, als er sie zum erstenmal an Bord der
Pegasus
erblickt hatte. Nun, das stimmte nicht ganz. Ihre Brüste waren durch die Schwangerschaft voller geworden. Selbst die weite Jacke konnte diesen Umstand nicht verbergen. Mit einem Mann war sie nicht mehr zu verwechseln.
    »Guten Abend«, sagte sie mit schneidender Stimme, die ihn sofort gegen sie aufbrachte.
    Sehr ruhig erwiderte Alec: »Du gehst sofort in dein Schlafzimmer zurück und legst diese Kleidungsstücke ab.«
    Sie schob das Kinn noch ein wenig vor. »Nein.«
    Seine Augen funkelten. Seine Züge verhärteten sich. »Ich habe dir bereits gesagt, was ich tun werde, wenn ich dich noch einmal in Männerkleidung sehe. Hast du meine Worte schon vergessen? Oder bildest du dir ein, du könntest mich weiterhin zurechtstutzen und wie einen willensschwachen Dummkopf behandeln?«
    »Dich zurechtstutzen? Wovon redest du überhaupt?«
    »Du weißt sehr gut, wovon ich rede. Du hast dich lange Zeit sanft und unterwürfig verhalten. Das war aber nur Verstellung, bis hin zu jedem Stöhnen, das aus deinem hübschen Mund kam, wenn ich dich liebte. Du hast mich mit Samthandschuhen beherrscht. Diese Tage sind vorbei, Madam. Entweder ziehst du dir diese Sachen jetzt selber aus, oder ich mache es für dich.«
    Es traf zu, sie hatte sich sanft und unterwürfig verhalten, aber … »Es war keine Verstellung, Alec. Du brauchtest mich, und deshalb habe ich mich so gegeben, wie es für deinen Zustand nötig war. Ich würde dich nie hinters Licht führen. Selbst wenn du dein Gedächtnis nicht wiedergefunden hättest, bezweifle ich, daß das möglich gewesen wäre.«
    Seine hämische Miene verzerrte sein Gesicht. Sie haßte diesen Blick. »Nun, ich frage mich jetzt selber«, überlegte er laut, »wie es kam, daß ich dich
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