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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe
Autoren: Catherine Coulter
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verstehen, wenn dein Vater dich nicht wie einen Sohn behandelt und dir alles beigebracht hätte.«
    »Auch ein Mann würde nicht das Geringste vom Schiffbau verstehen, wenn er keinen Lehrmeister gehabt hätte. Leuchtet dir das nicht ein?«
    »Es sagt mir nur, daß du keine Mutter gehabt hast, die dich zur Frau erzogen hätte. Daher kommt es, daß du zwar in Männerkleidung herumspazieren, aber dir nicht mal ein anständiges Frauenkleid kaufen kannst. Etwas anderes kann ich daraus nicht entnehmen.«
    Da schlug sie so kräftig zu, daß sein Kopf zur Seite flog. Er packte sie an den Armen und schüttelte sie. Dann ließ er sie wieder los. »Du ziehst jetzt diese verdammten lächerlichen Sachen aus, oder ich reiße sie dir vom Leibe. Hast du verstanden? Ich will nicht noch einmal erleben, daß du dich als Mann verkleidest.«
    Ohne ein weiteres Wort rannte sie aus dem Zimmer.
    Schweigend sah Alec ihr nach. Sie hat mich prächtig hereingelegt, dachte er wieder, nach allen Regeln der Kunst. Und er war so dumm gewesen, ihr alles durchgehen zu lassen, so daß sie ihren absurden Gelüsten frönen konnte. Er hatte ihr gestattet, die Buchhaltung für die
Night Dancer
zu erledigen. Alles aus Liebe zu ihr. Alles, um ihr Vergnügen zu machen.
    Nein, das stimmte ja nicht. Es war der Alec ohne Gedächtnis gewesen, der sie geliebt hatte. Nicht der alte, der echte Alec. Der alte Alec hatte die Weiber in ihre Schranken verwiesen, hatte sie benutzt und seinen Spaß mit ihnen gehabt, wenn er Lust dazu hatte. Aber er hatte ihnen nie erlaubt, sich in sein Herz zu schmeicheln und Teil seiner selbst zu werden. Der alte Alec hatte mehrmals mit Eileen Blanchard geschlafen. Der alte Alec hatte im Scherz gesagt, sie könne ihm zu Weihnachten einen ganzen Harem schenken.
    Eigentlich hätte er jetzt Champagner bestellen und seine völlige Genesung feiern sollen. Aber er war mit einer Frau verheiratet, die es fertiggebracht hatte, einen willensschwachen Esel aus ihm zu machen, der alles für richtig fand, was sie wünschte, und sie darin sogar noch unterstützte. Das war unerträglich.
    Da spielte sie den Mann, obwohl sie mit seinem Kind schwanger war. Am liebsten hätte er sich selber angeschrien: dem mußt du ein Ende machen! Er war ja Gott sei Dank wieder er selbst. Kein einziger weißer Fleck mehr in seiner Erinnerung! Er wußte wieder, wer Burke und Arielle Drummond waren, und wer Knight Winthrop war. Er hörte ihn geradezu mit dem witzigsten Zynismus die Philosophie seines Erzeugers predigen. Jetzt war Knight verheiratet und hatte sieben Kinder. Und er, Alec, der Mann, der nie wieder heiraten wollte, war an ein Weib gefesselt, deren Motive ihm ewig unklar geblieben waren, die ihm den Kopf verdreht hatte und ihn nach ihrem Belieben erregen konnte. Zu einem aufbrausenden Wicht hatte sie ihn gemacht, einen Typ, den er immer verabscheut hatte.
    Aber er war ja wieder gesund. Was auch inzwischen geschehen sein mochte, er war wieder der, der er einmal gewesen war. Er sah Hallie vor sich, er kannte sie wieder. Ach, er wünschte, sie wäre hier, damit er sie an sich drücken und ihr sagen könnte, wie sehr ihr Vater sie lieb hatte. Er sah wieder den kleinen Jungen vor sich, der er vor zwanzig Jahren gewesen war, der machtlos seine Mutter weinen sah, weil sein Vater gestorben war. Doch jetzt fühlte er nicht mehr den furchtbaren, würgenden Schmerz von damals.
    Und er erinnerte sich, wie Genny in der Hochzeitsnacht vertrauensvoll, süß und staunend zu ihm aufgeblickt hatte. Da hatten sie sich geliebt, bis Wonneschauer sie und ihn durchrieselt hatten. Er hatte sie in den Armen gehalten und ihr wunderbares Haar gestreichelt, und so waren sie in enger Umarmung eingeschlafen. Und in den dunklen Stunden der Nacht hatte er sie wieder geweckt, und sie hatten sich wieder geliebt, und Gennys Lustschreie waren durch die Nacht geklungen und hatten ihn mit tiefer Befriedigung erfüllt.
    Alec schaute sich in dem rauchgeschwärzten, verwüsteten Zimmer um. Er hätte gern gewußt, was Genny wirklich hier gemacht hatte. Er sah die Stöße angekohlter Papiere auf der Schreibtischruine seines Verwalters, und zynisch dachte er: sie hat wohl versucht, den Wert des Landsitzes Carrick zu berechnen.
    Bedächtig legte Genny den zweiten Männeranzug an, den sie besaß. Dann trat sie zurück und betrachtete in dem Drehspiegel ihre Figur. In der Lederweste, die die breiter gewordene Taille verbarg, sah sie immer noch recht schlank aus. Und auch vor dem Spiegel reckte sie trotzig
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