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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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endlose Sekunden pochten die vier Lichter gegeneinander an, ein rasendes Quartett schwarzer Trommelschläge. Feuer, Wasser, Erde und Luft rebellierten. Flammen rauschten durch ihre Glieder, wurden fauchend gefressen von den Wogen heulender Meere; Meere versanken unter den Massen von Granit und roter Erde; Orkane rissen Berge nieder, mischten alles neu zusammen in einem glühenden Kessel, der nun Hels Körper war.
    Und dann stimmte sich das Pochen der Vier aufeinander ein, fiel in denselben dumpfen, schweren Rhythmus wie ein Pferdegespann, das im Gleichschritt die Welt voranzieht. Es war der Rhythmus von Ebbe und Flut, Sonnenauf- und -untergang, von Mond und wandernden Sternen und dem Blühen der Pflanzen und dem Verdorren der Blätter, von Geburt und Verfall und vom Flug der Zeit. Langsam, pochend, öffnete das Tiefe Licht sein Auge. Das Leben erwachte zu Bewusstsein, eingeschlossen in dies zarte Gebilde seiner Schöpfung: den Körper eines Mädchens.

Erwachen
    H el lebte.
    Sie schlug die Augen auf. Nie hatte sie sich so sehr lebendig gefühlt. In einer fließenden Bewegung erhob sie sich und ihr Körper schien eins mit der Umgebung, dem Eis und der Luft, dem schwebenden Schnee und den gefrorenen Gletschern. Alles war verbunden, wie ein Uhrwerk, dessen Räder sich langsamer oder schneller drehen mögen, aber alle zusammen auf denselben Takt horchen.
    Sie hatte keine Gedanken mehr. Ihr Denken schien von der schieren Kraft des Lebens so bedrückt und bedrängt zu werden, dass nur noch ein strohhalmdünner Tunnel frei geblieben war, durch den gerade einmal das Wahrnehmen ihrer Sinne möglich blieb. Sie fühlte, sie sah und hörte alles mit unermesslicher Vergrößerung und Klarheit, doch ihr Verstand war auf ein tänzelndes Sandkorn im Wind geschrumpft. Diese Tatsache erreichte sie nur flüchtig; es beängstigte oder besorgte sie nicht.
    Ihr Körper glitt durch die Gebirge. Die Füße setzten nicht auf der Erde auf. Die Erde bewegte sich für sie. Der Himmel, zuvor noch ein bleiern blaues Tropfwerk, wurde schwarz, es war Nacht, unendlich klare, scharfe Sterne gingen auf.
    Wohin Hel ging, erwachte der Boden unter ihr zu Leben. Alles strahlte. Strahle mehr, flüsterte sie sich selbst zu, ihrem wunderschönen Leib, der Erde. Die Gebirge leuchteten auf. Hel flog über verschneite Ebenen. Der Schnee spritzte in die Höhe, als sich der Boden darunter zu regen begann. Goldenes Blut wollte zwischen den Erdschuppen hervorquellen; der Honig des Lebens köchelte unter der dünnen Kruste des Bodens. Hel fühlte, wie es – wie sie – sich mit all den müden Funken vereinen wollte, die jetzt die Oberfläche bevölkerten. Sie rief vor Sehnsucht mit den Stimmen der Winde und Wolken, mit dem Rauschen der Bäche. Doch die Elfen geboten ihr Einhalt, drängten sie weiter, führten sie fort.
    Nicht hier, nach Süden … nach Süden … ins Brachland … zu den Verfluchten …
    Sie flog weiter, immer höher, und betrachtete das glühende Leben des Lebendigen Landes.
    Sie sah Hellesdîm. Die Feuerschlucht, die den Tempel wie ein Ring umgab, spendete flüssiges Licht und überschwemmte das Land ringsum. Mit einem Fingerstreichen ließ Hel den Ring aufreißen und als lange Narbe durch den Boden treiben. Der Tempel stürzte in die bewegte Erde, verschwand. Es bedurfte keines Tempels mehr; die Welt war jetzt ein Tempel.
    Sie durchströmte Steppen und Berge, schwamm in Flüssen. Fontänen aus Lirium brachen aus und bemächtigten sich der Elemente. Nichts blieb in Starre, alles erwachte, wandelte sich, tanzte.
    Die Kauenden Klippen erschienen unter ihr, teilten sich, wurden zu steinernen Trollen, abertausenden wild geformten Leibern, und zerflossen schließlich in Licht. Hel hielt inne, während die Grenzen ihres treuen Reiches schmolzen. Vor ihr lag das Brachland. Das geschundene, verrottete Gesicht einer ausgebeuteten Erde. Tief, tief darunter bebte der Quell des Lebens. Er wollte befreit werden. Aber das Tiefe Licht würde nicht hier ausbrechen, sondern mitten im Herzen des Todes: im Süden, bei den Menschen, in den vier Türmen!
    Hel verließ das Alte Reich und überflutete die Wüste, bis die Dünen auf und nieder tanzten gleich den Wogen eines aufgepeitschten Meeres. All das war wunderschön und die Welt strahlte vor Glückseligkeit. Hel spürte nicht weit die Gegenwart von Städten, die verseuchten Schatten gleich die Erde befallen hatten. Alles dort war ein wimmelnder Haufen verlorener Menschenfunken, die einander bekämpften und
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