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Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Titel: Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)
Autoren: Kerstin Wassermann
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sie – auf Stundensatzbasis, mehr konnte sie sich nicht leisten.
    »Suna, verdammt, es ist mitten in der Nacht«, knurrte er jetzt.
    »Um halb drei nachmittags? Ich weiß ja, dass du nicht viel von Büchern hältst, aber du hast doch Internet. Lies doch spaßeshalber mal nach, wie man Nacht definiert«, schlug Suna lachend vor. Inzwischen hatte sie sich abgewöhnt, ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie ihn aus dem Schlaf riss.
    Er ging nicht auf das Geplänkel ein. Stattdessen gähnte er lautstark und fragte dann: »Also, was willst du von mir?«
    »Ich habe einen Job für dich«, gab Suna zurück. »Nichts Weltbewegendes, ich brauche nur ein paar Hintergrundinformationen über einen Mark Sennemann.« Sie schilderte ihm kurz die Fakten ihres neuen Falls und gab ihm noch die letzte Adresse und das Geburtsdatum des Toten.
    »Okay, ich sehe mal, was ich finde«, murmelte Kobo und gähnte noch einmal so herzhaft, dass sie Mühe hatte, sich nicht davon anstecken zu lassen. »Es kann aber ein bisschen dauern. Ich bin gerade noch mit einem Softwaretest beschäftigt.«
    Suna lachte. »Ist gut, aber lass dir nicht zu viel Zeit, ja?« Sie wusste nur zu gut, was ein solcher Softwaretest bei ihm war: Er stand kurz davor, den Highscore irgendeines abstrusen Ballerspiels zu knacken.
    Nachdem sie ihm das Versprechen abgenommen hatte, sich in spätestens drei Tagen wieder bei ihr zu melden, beendete sie das Gespräch.
    Sie überlegte, sich gleich an den Computer zu setzen und im Internet über den Fall zu recherchieren, verwarf den Gedanken aber wieder. Die bessere Strategie war sicher, erst einmal unvoreingenommen die objektiven Ergebnisse der Ermittlungsakte zu lesen, bevor sie sich von der reißerischen Berichterstattung in den Medien beeinflussen ließ.
    Also packte sie ihren Laptop ein, schloss ihr Büro ab, lief ins Hinterhaus, in dem ihre Wohnung lag, und zog ihre Joggingsachen an. Obwohl ihr innerer Schweinehund die massige Statur eines ausgewachsenen Bernhardiners besaß, zwang sie sich regelmäßig zum Laufen.
    In ihrem Job war körperliche Fitness ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor. Es war wichtig, einer Zielperson folgen zu können, ohne gleich aus der Puste zu kommen. Noch wichtiger war es manchmal allerdings, schneller zu sein als eben diese Zielperson. In flagranti ertappte Ehemänner konnten da ebenso wenig zimperlich sein wie erwischte Diebe von Geschäftsgeheimnissen, wie sie schon schmerzhaft am eigenen Leib erfahren hatte. Manchmal war Weglaufen einfach die bessere Entscheidung, und dann war es ratsam, sich nicht einholen zu lassen.

*
    Während Suna ihre übliche Acht-Kilometer-Runde trabte, überkamen sie erste Zweifel wegen ihres neuen Auftrags. Es war eine Sache, eine Person zu beschatten und herauszufinden, was sie in scheinbar unbeobachteten Momenten trieb, oder in Erfahrung zu bringen, wer sich im Warenlager einer Werkstatt schamlos an Ersatzteilen bediente. Aber die Motivation eines Toten zu ergründen, erschien ihr plötzlich als eine fast unlösbare Aufgabe. Vielleicht war es besser, Fenja Sangaard anzurufen und die ganze Sache abzublasen, auch wenn sie den Vorschuss, den sie ihr bereits gezahlt hatte, schmerzlich vermissen würde. Sie kam sich unfair vor, bei dermaßen geringen Erfolgsaussichten Geld von ihr zu nehmen.
    Ihre Meinung änderte sich allerdings schlagartig, nachdem sie geduscht und sich wieder angezogen hatte.
    Mit einer riesigen Tasse Milchkaffee setzte sie sich vor den Computer und rief ihre E-Mails ab. Erstaunt stellte sie dabei fest, dass bereits Post von Rebecca eingegangen war. Geburtstagszeitung Paps lautete der Betreff der Mail, die ihre ehemalige Schwägerin ein paar Minuten zuvor an sie geschickt hatte.
    Suna grinste, speicherte den Anhang auf der Festplatte und löschte die Mail, bevor sie die Datei öffnete. Sie wusste, dass dadurch nicht verhindert wurde, dass man ihre Spur wenn nötig verfolgen konnte. Fachleute waren jederzeit in der Lage, solche einfach gelöschten Inhalte zu rekonstruieren. Aber jemand, der schnell mal in ihren Computer sah, wurde nicht gleich mit der Nase auf die Verbindung zur Staatsanwaltschaft gestoßen.
    Der Inhalt der geöffneten Datei war trotz des einladenden Titels nicht dazu geeignet, gute Laune auf einer Geburtstagsparty zu verbreiten. Es war die Ermittlungsakte zum Tod von Mark Sennemann.
    Zuerst erschienen auf dem Monitor Fotos des Tatorts und der Leiche von Mark Sennemann. Suna atmete hörbar aus, als sie das erste Bild sah.
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