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Sturm auf den Hexenstern

Sturm auf den Hexenstern

Titel: Sturm auf den Hexenstern
Autoren: Horst Hoffmann
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herüber. Sie grüßte zurück und mußte sich eines Gefühls der Unbesiegbarkeit erwehren. Noch war nichts über die Stärke des Gegners bekannt. Überheblichkeit war fehl am Platz. Hasbol hatte die Narben aus vielen Kämpfen. Und sie lebte nicht nur ihrer starken Arme und ihrer harten Ausbildung wegen noch. Sie hatte nie den Fehler begangen, ihre Feinde zu unterschätzen.
    Die Schlachtrufe der Amazonen im Ohr, die von den unterschiedlich weit entfernten Luftschiffen zu ihr herüberdrangen, begab sich Hasbol ins Innere der Kanzel zurück, in der an die hundert Kriegerinnen bequem Platz fanden. Sie übernahm selbst die Steuerung der Silberspeer.
    Draja, die dies bislang für sie getan hatte, machte ihr bereitwillig Platz.
    »Wie lange mag es dauern, bis wir das Ziel erreichen?« fragte sie.
    Hasbol zuckte die starken Schultern.
    »Zaem wird uns lenken und leiten«, gab die Schiffsführerin zurück, während sie die Silberspeer höher steigen ließ und ihr etwas Fahrt nahm, so daß das Schiff hinter den anderen zurückblieb. Auf diese Weise hatte sie eine bessere Übersicht über die Flottenbewegungen.
    Draja und einige andere störte es, daß Hasbol darauf verzichtet hatte, eine Flug- und Wetterhexe mit an Bord zu nehmen und glaubte, selbst über genügend magische Kraft zu verfügen, um auch deren Arbeit mitübernehmen zu können. Doch das sagten sie nicht laut. Hasbol führte ein strenges Regiment und wurde dafür vielleicht nicht geliebt, so doch respektiert.
    »Macht euch nur keine Sorgen«, sagte sie. »Wir segeln in den Winden, die die ganze Flotte vorantreiben, und sich erst legen werden, wenn wir am Hexenstern sind.«
    »Ja«, murmelte Draja. »Aber falls wir von der Flotte getrennt werden?«
    Hasbol hatte dafür nur ein trockenes Lächeln übrig.

2.
    Exell stand im Bugkastell der Sturmbrecher und ließ sich den rauhen, kalten Wind durch das lange, ungeflochtene dunkle Haar streichen. Sie sagte kein Wort, wagte kaum zu atmen. Niemand an Bord sprach in diesen erhebenden Augenblicken. Die Blicke der Amazonen waren gen Himmel gerichtet, an dem die Vision der Zaem längst verblaßt war und die letzten Luftschiffe nun allmählich in der Ferne verschwanden.
    Von allen Schiffen, die sich in und vor Ganzak gesammelt hatten, war die Sturmbrecher das einzige, das den Aufbruch nicht mitvollzog.
    Nicht nur Exell wünschte sich, jetzt unter jenen zu sein, die da gen Süden zogen, zum Hexenstern. Fast bereitete es ihr körperliche Qualen, unter den Zurückbleibenden sein zu müssen, und immer wieder mußte sie sich vor Augen führen, daß es ihr bestimmt war, gemeinsam mit den anderen hundert Kriegerinnen eine Aufgabe zu erfüllen, die ihnen über die Bordhexe Moule direkt von der Zaem übertragen worden war.
    »Wir werden bei ihnen sein, wenn die Stunde des Kampfes gekommen ist«, sagte Nataika, die Schiffsführerin, laut. »Jetzt geht an eure Plätze!«
    Exell drehte den Kopf zur Seite und betrachtete die hochgewachsene, ungemein kräftige Amazone mit dem kurzgeschorenen Haar und den harten Gesichtszügen. Nataika, der für die Zeit der Abwesenheit von Burra, Gudun, Gorma und Tertish der Befehl über die Sturmbrecher übertragen worden war, fehlten das linke Ohr und die Nasenspitze. Beides, so hieß es, hatte sie in einem Kampf in der Arena von Spayol eingebüßt.
    Exell ließ sich von Nataikas Äußerem nicht täuschen, die mit vier mal zwölf Sommern mehr als doppelt so alt war wie sie selbst.
    Denn es hieß weiter, daß Nataika selbst mit nur einem Schwert bereits Gegner besiegt hatte, an denen Kämpferinnen gescheitert waren, deren Name einst in ganz Ganzak mit Achtung ausgesprochen worden waren.
    Nataika rief Befehle. Die Amazonen begaben sich zu ihren Plätzen am Steuer, an den Segeln und in den Mastkörben. Andere verschwanden unter Deck oder überprüften die Takelage. Die meisten jedoch saßen nun wieder an den Rudern, wo es für sie nicht viel zu tun gab, solange Moule die Winde lenkte, die die Sturmbrecher tiefer in den Hexenschlag hineinbrachten.
    Exell blieb mit einer Handvoll Kriegerinnen im Bugkastell. Nataika nickte ihr zu und begab sich ebenfalls unter Deck, wo Moule sie ungeduldig erwartete.
    Exell liebte die Hexe nicht, doch vor Nataika hatte sie Achtung. Beide verstanden ihr Handwerk. Moule war Trägerin des rosa Mantels, der sie als Hexe des neunten Grades auswies. Niemand an Bord hegte Zweifel an Moules magischem Können, und dennoch machte jede Kriegerin, die nicht direkt mit ihr zu tun hatte,
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