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Stürmisches Paradies

Stürmisches Paradies

Titel: Stürmisches Paradies
Autoren: Michelle Beattie
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Piraten. Was hätte sie schon tun können?«
    Fanny schlug sich auf die dicken Schenkel. »Das habe ich ihr auch jedes Mal gesagt. Aber es war egal. Sie glaubte, sie hätte etwas tun können.«
    Alicia nahm das Taschentuch entgegen, das Fanny aus ihrer anderen Tasche zog, und versuchte ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. Obwohl ihre Tränen immer noch kullerten, gelang es ihr schließlich doch, ihr rasendes Herz ein wenig zu besänftigen.
    »Wirst du mir alles erzählen?«
    Fanny nickte, und bald darauf verebbten auch ihre Freudentränen.
    »Er hat sie am Strand gefunden, hat ihnen Arbeit und Obdach versprochen.« Sie grunzte. »Aber das haben sie nicht bekommen, das ist gewiss.«
    »Waren da noch mehr bei ihr?«
    »Zwei Männer vom Schiff deines Vaters. Joe und Willy.« Sie hob das Kinn. »Gute Männer, alle beide. Sie sind zusammen geflohen.«
    Alicia durchforstete ihr Gedächtnis, aber sie konnte sich nicht an die Männer erinnern. »Wir fünf waren die Einzigen, die vom Schiff entkommen sind?«
    »Soweit sie wusste, waren es nur drei. Sie sagte, sie habe dich in jener Nacht nicht gesehen. Etwas Schreckliches fraß sie schier auf.«
    Alicia schüttelte den Kopf, es war alles so unglaublich. Sie konnte sich vage daran erinnern, dass ihr kalt gewesen war und sie große Angst hatte, aber an sonst nichts weiter. Sie hörte Fanny aufmerksam zu, als diese weitere Einzelheiten über den Piratenangriff berichtete. So etwa, dass es Joe gewesen war, der Samantha über Bord geworfen hatte, um sie zu retten. Sie waren von Oliver Grant gefunden und zur Plantage gebracht worden.
    »Es war ein großartiger Tag«, erklärte Fanny lächelnd, »als sie geflohen sind. Gab uns allen etwas zu lachen, zu wissen, sie waren frei und das mit Grants eigenem Schiff.«
    »Du hast ihn nicht gemocht?«
    Fanny kniff die Augen zusammen. »Er war böse. Der Teufel selbst hätte nicht boshafter sein können. Wir sind alle froh, dass er tot ist.«
    »Und du hast nie wieder etwas von Samantha gehört?«
    »Nein. Aber wo auch immer sie ist, Kind, es kann nicht schlimmer sein, als hier zu leben.«
    »Vielen Dank, Fanny, dass du mir alles erzählt hast. Ich bin froh, dass sie eine Freundin hatte, als sie hier war.«
    »Samantha hatte hier viele Freunde, Kind. Jeder, der sie kannte, mochte sie.«
    »Hat sie irgendjemand mal Sam genannt?« Die Worte waren ihr so in den Sinn gekommen, und Alicia war bestürzt, weil sie sich plötzlich ganz sicher war, dass sie ihre Schwester Sam genannt hatte.
    Fanny lächelte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Joe nannte sie Sam. Ich habe immer gedacht, dass es zu ihr passt.«
    Alicias Herz bebte vor Freude. Sie hatte eine Schwester. Sam. Sie presste sich die zitternden Finger an die Lippen.
    »Ich habe noch ein paar Geschichten, wenn du Zeit hast, sie anzuhören.«
    »Bitte«, antwortete Alicia.
     
     
    Im Obergeschoss, direkt über dem Garten, saß Lewis Grant im Arbeitszimmer seines Vaters – ein Arbeitszimmer, in dem er sich nicht aufhalten durfte, als sein Vater noch lebte – und begann dem Gespräch zuzuhören, das durch das offene Fenster hereindrang.
    Es kratzte an seinen ohnehin schon blank liegenden Nerven, dass ihm als Olivers einzigem Sohn der Titel des Aufsehers versagt worden war. Obwohl er als Erbe betrachtet wurde, war er es doch nur dem Namen nach. Lewis hatte beim Tod seines Vaters vor beinahe einem Jahr nichts weiter gewonnen, als eine größere finanzielle Unterstützung. Der Respekt seines Vaters, die verdammte Anerkennung, dass Lewis würdig und tüchtig war, die war zusammen mit dem Mann auf Barbados gestorben, der seinen Sohn Zeit seines Lebens nur mit Verdruss betrachtet hatte.
    Es war Oliver immer egal gewesen, dass sein Sohn gut mit Zahlen umgehen konnte oder den tiefen Wunsch hatte, alles über die Plantage zu lernen. Das Einzige, was Oliver gesehen hatte, war, dass sein Sohn körperlich nicht zu dem Mann herangewachsen war, wie es sein Vater gewollt hatte. Es war nicht Lewis’ Schuld, dass er nie größer als seine Mutter wurde. Oder dass seine Knochenstruktur schmächtig war und eher zu einer Frau als zu einem Mann passte.
    Aber da Oliver selbst sich auch nur selten selbst die Hände schmutzig gemacht hatte, wenn es darum ging, die Plantagenarbeiter zu bestrafen, hatte Lewis nie verstanden, weshalb seine Statur für seinen Vater ein Problem war. Konnte Nathaniel die Arbeiter nicht weiterhin bestrafen, so wie er es immer getan hatte? Und konnte Lewis dann nicht den Rest
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