Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
Tag, als diese Beziehung zu Ende ging.“
    „Sie muß sehr schön sein.“
    „Nein, aber die Männer finden es. Und sie ist sehr, sehr lustig und verschwenderisch und unergründlich und absolut unmora lisch, wie man es ausdrücken würde. Schrill. Alles ist ein Witz, das sagt sie immer. Unbezahlte Rechnungen sind ein Witz, und verlorene Handschuhe und unbeantwortete Briefe, alles ist ein Witz. Sie hat keine Ader für Geld und kein Verantwortungs gefühl. Es ist sehr anstrengend, mit ihr zu leben.“
    „Was macht sie in Ibiza?“
    „Sie lebt mit einem Schweden zusammen, den sie dort kennen gelernt hat. Sie fuhr hin, um ein befreundetes Ehepaar zu besu chen, dann traf sie ihn, und das nächste, was ich von ihr hörte, war die Nachricht, daß sie zu ihm ziehen wollte. Sie sagte, er sei umwerfend nordisch und schrecklich nüchtern, aber er habe ein tolles Haus.“
    „Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?“
    „Vor ungefähr zwei Jahren. Ich verschwand mehr oder weni ger aus ihrem Leben, als ich siebzehn war. Ich machte damals einen Sekretärinnenkurs und nahm Aushilfsjobs an, und dann bekam ich den Job bei Stephen Forbes.“
    „Gefällt er Ihnen?“
    „Ja. Wirklich.“
    „Wie alt sind Sie?“
    „Einundzwanzig.“
    Maggie lächelte wieder und schüttelte verwundert den Kopf.
    „Sie haben eine Menge durchgemacht“, sagte sie, und es klang kein bißchen mitleidig, sondern fast ein wenig neidisch. „Ich war mit einundzwanzig eine errötende Braut in einem scheußlichen engen weißen Hochzeitskleid mit einem alten Schleier, der nach Mottenkugeln roch. Ich bin wirklich nicht altmodisch, aber meine Mutter ist es, und da ich sie sehr mag, habe ich gewöhnlich getan, was sie wollte.“
    Ich konnte mir ihre Mutter vorstellen. Da mir nichts anderes einfiel, griff ich in die Kiste tröstlicher Platitüden: „Na ja, die Menschen sind verschieden…“ Während ich das sagte, hörten wir Johns Schlüssel im Schloß, und damit war das Gespräch über Mütter und Familien beendet.
     
    Es war ein Tag wie jeder andere, aber mit einem Bonus. Ich hatte am Donnerstag Überstunden in der Buchhandlung gemacht, um mit Stephen die Jahresinventur zu beenden, und er hatte mir da für diesen Vormittag freigegeben, so daß ich den halben Tag zu meiner Verfügung hatte. Ich nutzte ihn, um die Wohnung zu putzen (was höchstens eine halbe Stunde dauerte), einzukaufen und ein paar Sachen zum Waschsalon zu bringen. Gegen halb zwölf hatte ich diese Hausfrauenpflichten getan, zog meinen Mantel an und machte mich auf den Weg zur Arbeit. Ich wollte einen Teil der Strecke zu Fuß gehen und vielleicht irgendwo eine Kleinigkeit essen, ehe ich zur Buchhandlung mußte.
    Es war einer jener kalten, dunklen, feuchten Tage, an denen es nie so richtig hell wird. Ich spazierte durch den trüben Schleier zur New Kings Road und bog dann nach Westen ab. Hier gibt es in jedem zweiten Laden Antiquitäten, gebrauchte Betten oder alte Bilderrahmen, und ich glaubte sie alle zu kennen, aber auf einmal stand ich vor einem Geschäft, das mir noch nie aufgefallen war. Es war weiß gestrichen, die Fensterrahmen waren schwarz lackiert, und zum Schutz vor dem drohenden Regen war eine rotweiß gestreifte Markise heruntergelassen.
    Ich blickte hoch, um zu sehen, wie der Laden hieß, und sah den Namen TRISTRAM NOLAN in peniblen Großbuchstaben über der Tür. Die Tür war flankiert von Schaufenstern mit dem herrlichsten alten Krimskrams, und ich blieb in dem hellen Schein stehen, den die vielen Lampen drinnen auf den Bürgersteig warfen, und betrachtete die Auslagen. Die meisten Möbel waren viktorianisch, neu gepolstert, aufgearbeitet und hochglanzpoliert. Ein Sofa mit gedrechselten Beinen, ein Nähkasten, ein kleines Bild von mehreren Schoßhündchen auf einem Samtkissen.
    Ich schaute weiter in den Laden hinein, und da sah ich die Kirschbaumstühle. Es waren zwei, mit bauchiger Lehne und leicht geschwungenen Beinen, die Bezüge waren mit Rosen be stickt.
    Ich mußte sie haben. Ich mußte. Ich stellte sie mir in meiner Wohnung vor, ich wünschte sie mir verzweifelt. Ich zögerte einen Moment lang. Es war kein Trödelladen, und wahrschein lich würde ich mir die Stühle nicht leisten können. Aber Fragen kostete ja nichts. Ehe ich den Mut verlieren konnte, öffnete ich die Tür und ging hinein.
    Im Laden war niemand, aber die Türglocke hatte geläutet, und ich hörte, wie jemand eine Treppe herunterkam. Dann wurde der Filzvorhang vor der Türöffnung an der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher