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Streit Ist Auch Keine Loesung

Streit Ist Auch Keine Loesung

Titel: Streit Ist Auch Keine Loesung
Autoren: Christian Thiel
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braucht sie das Gespräch mit Markus, sein Verständnis, seine Anerkennung. Auch verständlich.
    Es ist leicht zu erkennen, dass Ines keinem ihrer Ziele durch den Streit näher gekommen ist – weder kurzfristig noch langfristig. „Streit ist auch keine Lösung“ wäre für Ines die bessere Alternative in Hinblick auf ihre Ziele.
    Soziologische Erklärungen
    Moderne Lebensform
    Anerkennung und Bestätigung – das ist heutzutage der Dreh- und Angelpunkt einer Partnerschaft. Ursprünglich stellte sich uns dieses Problem der Anerkennung nicht in der Form, wie wir es heute kennen. Vor 500 oder 5000 Jahren hätten Paare diese Forderung nicht einmal verstanden. Eine Partnerschaftwar eine Wirtschaftsgemeinschaft, eingebettet in ein dichtes Beziehungs- und Solidargeflecht, das Verwandte und Angehörige der eigenen Gruppe umfasste.
    Der steinzeitlicheMensch lebte in einem festen Gefüge, in dem jeder seinen Platz hatte und in laufendem Kontakt und Austausch mit den anderen Gruppenmitgliedern stand. Kein steinzeitlicher Jäger kam nach einem langen, mit Fremden verbrachten Arbeitstag nach Hause in sein beschauliches Heim, um seiner Frau von seinem Tagwerk zu erzählen. Oder auch alleine im Hobbykeller einen kaputten Stuhl zu reparieren und dabei seinen Gedanken nachzuhängen und sich auf diese Weise von dem Tag zu erholen.
    Erst die Moderne hat Arbeit, Familie und Freizeit so weit auseinandergerissen, wie wir es heute kennen. Und damit das Bedürfnis nach Anerkennung in der heutigen Form erst geschaffen. Heute kommen ein Mann und eine Frau beinahe immer nach einem langen Arbeitstag in unterschiedlichen Aufgabenbereichen erst wieder zusammen und möchten das Erlebte mit dem Menschen teilen, der ihnen am nächsten steht. Sie wollen es teilen. Aber nicht nur das. Sie wünschen sich auch Bestätigung, eine Bestätigung für ihre Sicht der Dinge.
    Heutige Partnerschaften sind für Streit anfällig.
    Partnerschaften sind heute wichtiger als früher, um uns als Individuum zu bestätigen. Wir streben nach der Bestätigung unserer Sicht und unserer Individualität durch den Partner. „Das Sein des Selbstbewusstseins besteht in der Bestätigung durch ein anderes Selbstbewusstsein“, sagt der Philosoph Friedrich Wilhelm Hegel. Diese Selbst-Bestätigung durch Bezugspersonen spielt in der Gegenwart eine wichtigere Rolle als früher, weil Traditionen für uns nicht mehr so bedeutsam sind wie für frühere Generationen. Noch vor hundert Jahren war die Kultur so eindeutig und die gesellschaftlichen Vorstellungen von richtig und falsch so ausgeprägt, dass man keine individuelle Bestätigung für jede Einstellung benötigte, die man für richtig hielt.
    Wir haben für die gefühlsmäßige Unterstützungdurch den Partner keinen Ersatz. Und genau das macht Partnerschaften heute anfällig für Streit. Darüber hinaus sind unsere sozialen Netze grobmaschiger geworden. Das feste Gruppengefüge ist einer lockeren Verbundenheit gewichen. Tagtäglich sehen wir unsere Kolleginnen und Kollegen, die uns gefühlsmäßig meist nicht allzu nahestehen. Seltener aber treffen wir uns mit Freundinnen und Freunden, die oft weit entfernt wohnen. Die Folgen liegen auf der Hand: Wir erwarten vom Partner deutlich mehr, als wir es in früheren Zeiten getan hätten. Ein Streit schaukelt sich also auch deshalb so schnell hoch, weil wir ausgesprochen bedürftig nach Anerkennung durch den Partner heimkehren. Schwieriger noch: weil beide Partner jeweils mit diesem Bedürfnis aufeinandertreffen.
    Soziologische Erklärungen für einen Partnerschaftsstreit wie diesen sind auf den ersten Blick für viele Menschen enttäuschend. Was soll man denn machen? Unsere gesellschaftliche Realität ist nun einmal, wie sie ist. Markus zieht nicht morgens mit anderen Stammesmitgliedern zur Jagd. Ines verbringt den Tag nicht mit den Frauen des Stammes, den Kindern und den Alten.
    Modernes Liebeskonzept
    Und auch unser gesellschaftliches Liebeskonzept ist nun einmal, wie es ist. Wir leben jetzt – und nicht in früheren Zeiten. Der Einwand ist berechtigt. Aber vielleicht lässt sich doch zweierlei aus alledem lernen.
Wenn es uns oft schwerfällt, im alltäglichen Miteinander für den Partner da zu sein, dann ist das nicht einfach nur unser persönliches Versagen. Das gesellschaftliche Leitbild der Liebe hängt die Messlatte für uns hoch, ausgesprochen hoch sogar. Kein Wunder, dass wir sie ab und zu reißen.
Je enger wir unsere Partnerschaft gestalten, je mehr wir ausschließlich den
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