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Streit Ist Auch Keine Loesung

Streit Ist Auch Keine Loesung

Titel: Streit Ist Auch Keine Loesung
Autoren: Christian Thiel
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bewusst. Sie denkt, dass sie sich im Hier und Jetzt befindet und auf eine Situation in ihrer Partnerschaft auf eine angemessene Weise reagiert. Sie meint, sie steuere das Schiff ihres Lebens. Doch das ist ein Irrtum. In Wahrheit hat ein Autopilot bei ihr das Ruder übernommen: Es sind ihre automatischen Gedanken, die ihre Reaktionen Markus gegenüber leiten. Sie steuern ihr Verhalten und lenken die Situation unerbittlich in Richtung Streit, in Richtung Zuspitzung.
    Nicht anders verhält es sich bei Markus. Auch er hat seine, den Streit befeuernden Gedanken. „Das muss ich mir doch nicht gefallen lassen!“, denkt er. Und: „So sollte sie doch nicht mit mir reden, nicht wenn sie mich liebt!“ Schon als Kind konnte er den kritisierenden Ton seiner Mutter nicht ausstehen, fühlte sich ihren Vorstellungen von Ordnung hilflos ausgeliefert. Schlägt Ines heute diesen kritischen Tonfall an, dann reagiert er automatisch pampig.
    Auch Markus glaubt, er reagiere bei Auseinandersetzungen mit Ines so, wie es die jeweilige Situation erfordert. Doch auch ihn lenken seine automatischen Gedanken. Auch er hält nicht das Ruder in der Hand, obwohl er davon natürlich fest überzeugt ist.
    Automatische Gedanken sind aber kein Schicksal, dem wir nicht entgehen können. Sie lassen sich erkennen, benennen und zurückverfolgen. Ihre Macht über unser Verhalten ist berechenbar. Wir können sie durch angemessenere Gedanken ersetzen.
    Jeder hat seine persönliche Sicht der Dinge.
    Das setzt allerdings die Erkenntnis voraus, dass wir bei einem Streit nicht einfach „im Recht sind“. Hand aufs Herz: Wenn eine Auseinandersetzung tobt, dann denken wir das alle. Im Recht zu sein ist ja auch eine tolle Sache. Wir haben gute Gründe für unsere Sicht der Dinge – der andere nicht. Wir sind mit unseren Wünschen und Bedürfnissen im Recht – der andere nicht.
    Später aber, wenn wir uns beruhigt haben, wenn das Gehirn vom Körper endlich wieder voll versorgt wird, sollten wir in der Lage sein zu begreifen, dass jeder von uns seine persönliche Sicht der Dinge, seine automatischen Gedanken und seine Gefühle hat. In einer Partnerschaft kommt es darauf an, die eigenen automatischen Gedanken zu kennen. Und darüber hinaus zu verstehen, dass sie ein Teil der eigenen, höchst individuellen Biografie sind.
    Externale undinternale Ursachenzuschreibungen
    Aus psychologischer Sicht steigern sich Konflikte noch aus einem anderen Grund. Natürlich hat sich Ines auch in der Vergangenheit schon gefragt, warum Markus immer wieder seine Sachen im Wohnzimmer stehen lässt. Die Antwort, die sie sich im Laufe der Zeit auf diese Frage zurechtlegt, entscheidet mit darüber, ob sich die Situation zuspitzt oder nicht.
    Denn auf das Verhalten anderer Menschen machen wir uns immer einen Reim. Und ihre Handlungen sind für uns immer dann besonders erklärungsbedürftig, wenn die Ergebnisse in unseren Augen negativ ausfallen. So fragen wir uns in der Regel nicht, warum der andere den Müll in den Mülleimer geworfen hat, wohl aber schon, warum er es nicht getan hat.
    Solche Ursachenzuschreibungennehmen wir unablässig vor. Wir bewerten unser eigenes Verhalten und das anderer Menschen in zwei verschiedene Richtungen.
Sind die Umstände schuld? Das nennt man eine externale Ursachenzuschreibung, also eine Erklärung durch äußere Umstände.
Oder ist der andere schlicht ein unverträglicher Zeitgenosse – also eine schwierige Persönlichkeit? Eine solche Bewertung der Ursachen heißt internal.
    Bei dieser Einordnung haben wir – wie Wissenschaftler herausfanden – alle einen regelrechten Knick in der Optik. Wir neigen zu einer ausgesprochen positiven Beurteilung unseres eigenen Verhaltens und zu einer Abwertung der anderen.
    || | Eine externale Deutung schont das Ego
Menschen haben den Hang, eigene Handlungen eher external zu deuten. Die Umstände waren schuld, dass etwas danebenging. Dies ist eine Sicht, die das eigene Ego schont. Die externale Ursachenzuschreibung für eigenes Verhalten wird von Männern und Frauen gleichermaßen bevorzugt. Allerdings haben Männer einen deutlich stärkeren Hang zu diesem egoschonenden Verfahren als Frauen.
    Bei anderen sind wir weniger nachsichtig. Deren Verhalten interpretieren wir weitaus häufiger als internal, als Teil ihrer Persönlichkeit. Zerschlägt der Partner etwa eine Kaffeetasse, sind wir geneigt, mit abwertenden Gedanken auf sein Missgeschick zu reagieren: Er ist aber wirklich ungeschickt. Unser eigenes Verhalten
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