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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne
Autoren: Brigitte Riebe
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Stückchen gehen.«
    »Bist du heute noch nicht genug gewandert?« Sie wurde still, als sie sah, wie ernst sein Gesicht war.
    Er führte sie einen kleinen Waldweg entlang. Auf einer Lichtung machte er Halt. Camino ließ sich nieder und zog sie zu sich herunter. Der Boden fühlte sich an wie ein warmes, trockenes Bett.
    Unvermittelt begann Moira zu weinen. Er berührte ihre Brüste, sog ihren Duft ein und kostete, wie salzig ihre Haut war.
    »Liebst du mich?«, flüsterte sie.
    »Ich fange gerade damit an.« Er zog sein Gewand aus.
    »Ich bin nicht mehr jung und alles andere als schön ...«
    »Du hast wundervolles Haar. Augen, die einen trunken machen können. Ein Lachen, das ansteckend wirkt. Du bist voller Wärme. Und du liebst mein Kind. Das einzige, das mir geblieben ist.«
    Plötzlich war sie in seinen Armen und schmiegte ihr Gesicht an seine Halsbeuge. Als er ihren Kopf in beide Hände nahm und wie eine kostbare Schale hielt, wurden ihre Züge weich.
    Moira hielt still, als er ihr das Kleid von den Schultern streifte, und wandte ihre Augen nicht von ihm ab, bis sie nackt war. Im Mondlicht schimmerte ihre Haut.
    »Ich möchte schön sein für dich«, sagte sie. »Auch wenn du noch immer ein Mönch bist.«
    Wortlos umfasste Camino sie und erkundete mit seinen warmen Händen ihren Körper. Er küsste sie, als sie unter seinen Liebkosungen zu zittern begann.
     
    *
     
    Santiago, Juli 1246
     
    Pilars Aufregung stieg, als sie den Gipfel des Monte de Gozo erreichten, den »Berg der Freude«, zu dessen Füßen die heilige Stadt liegt. Um sie herum sanken Pilger in die Knie, bekreuzigten sich oder küssten den Boden. Viele weinten. Einige, die ihre Fassung behielten, begannen Lieder zum Lobpreis des Herrn anzustimmen.
    Pilar stand regungslos im Morgenwind. Ihre Rechte umklammerte den Stock, die linke Hand hatte sie auf ihr Herz gelegt.
    »Und da unten ist wirklich Compostela, die Stadt Santiagos?«, war alles, was sie über die Lippen brachte.
    »Ja«, erwiderte Camino fest. »Wir sind endlich angekommen.«
    Wie viele andere Pilger nutzen auch sie die Gelegenheit zu einer gründlichen Reinigung. Kurz vor dem Stadtrand wuschen sie sich im Fluss Labacolla. Keiner wollte mit dem Staub und Schmutz des langen Weges vor das Grab des Apostels treten.
    Moira half Pilar, und als das Mädchen in ein sauberes Gewand geschlüpft war, kämmte sie ihr Haar.
    »Deine Locken sind nachgewachsen«, versuchte sie zu scherzen, weil sie Pilars starke Anspannung spürte. »Jetzt siehst du wieder wie ein Mädchen aus.«
    »Aber ich werde niemals so schön sein wie Estrella.« Es klang traurig.
    »Du bist schön wie Pilar. Darüber solltest du glücklich sein.«
    Pilar drückte Moiras Hand.
    »Ich bin so froh, dass du bei uns bist!«
    »Und ich erst!« Moira umarmte sie innig. »Vertrau der Sternenstraße, meine Kleine! Sie hat dich sicher hierher geführt. Sie wird auch deinen Wunsch erfüllen.«
    Dennoch schlug Pilar das Herz bis zum Hals, als Camino sie in die Kathedrale führte. Durch die Puerta del camino, das Tor des Jakobsweges, war sie wie eine Schlafwandlerin gegangen. Den Weg durch die Stadt hatte sie wie einen Traum empfunden; Gerüche und Geräusche waren an ihr vorbeigeglitten, ohne sie zu berühren. Jetzt aber war es, als seien alle Schleier verschwunden.
    Sie war hellwach. Und zitterte am ganzen Körper.
    »Das auf dem Mittelpfeiler ist die Wurzel Jesse.« Flüsternd führte Camino ihre Hand. Pilar kniete nieder. Ihre Finger ertasteten die Vertiefungen, die all die Hände der unzähligen Pilger vor ihr hinterlassen hatten. Mit der Stirn berührte sie den Kopf Jesse, der aus der Säulenbasis ragte.
    »Ich bin bereit«, flüsterte sie. »Hörst du mich schon, Jakobus? Gleich bin ich bei dir.«
    Ihre Ergriffenheit nahm auch von Camino und Moira Besitz. Selbst Tariq, der bei ihnen war, blieb davon nicht unberührt.
    »Über dir thront Jakobus«, sagte Camino. »Er ist der Mittler zwischen den Menschen, die um Vergebung bitten, und dem Weltenrichter ...«
    »Später!« Pilar drängte weiter. »Wenn ich alles mit eigenen Augen sehen kann.«
    Das Kirchenschiff erschien ihr unendlich. Sie roch den Weihrauch, sie hörte das Flüstern der anderen Pilger, sie spürte den harten Boden unter ihren Sohlen, aber sie wollte nur noch zu ihm. Die Stufen zur Krypta waren steil und rutschig. Sie musste ihre Ungeduld zügeln.
    Endlich stand sie vor dem Sarkophag. Nach kurzem Zögern wagte sie ihre Hand auszustrecken und den kühlen
    Stein zu
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