Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
einer dicken, glitzernden Schicht bedeckt. Niemand würde heute nacht mehr weit kommen, dachte Bolitho und bedauerte den Kutscher auf seinem Wege nach Penzance.
    Wie still das Haus wirkte. Die Dienstboten waren schon lange zu Bett gegangen, nur die beiden Freunde saßen noch träumend oder ihr Garn spinnend vor dem Kamin.
    »Morgen gehen wir zum Hafen hinunter, Martyn, wenn mir auch Mr. Tremayne gesagt hat, daß im Augenblick so gut wie nichts auf Reede liegt, was des Ansehens wert sei.«
    Die männliche Hälfte der Familie Tremayne war Butler und Faktotum im Haus und wie alles andere Personal recht alt. Obgleich der Siebenjährige Krieg schon vor zehn Jahren zu Ende gegangen war, waren die vielen Lücken, die er in den Dörfern und Siedlungen hinterlassen hatte, immer noch fühlbar. Manch junger Mann war in den Kämpfen gefallen, anderen hatte es draußen in der Welt besser gefallen als in ihrer engen, ländlichen Heimatgemeinde, und sie waren nicht mehr zurückgekehrt. In Falmouth wurde man entweder Seemann oder Landarbeiter, so war es seit alters her.
    »Vielleicht ist es morgen klar genug, daß wir reiten können?«
    »Du kannst reiten?«
    »Wir fahren in London nicht immer nur Kutsche, oder was glaubst du?«
    Ihr Gelächter verstummte abrupt, als zwei laute Schläge von der Eingangstür durch das Haus dröhnten.
    »Wer ist um diese Zeit noch unterwegs?« Dancer war schon aufgesprungen.
    Bolitho hob die Hand. »Warte!« Er trat an einen Schrank und nahm eine Pistole heraus. »Wir wollen lieber vorsichtig sein, selbst hier.«
    Zusammen öffneten sie die große Doppeltür; der kalte Wind umfing ihre überhitzten Körper wie ein Leichentuch.
    Bolitho erkannte den Jagdhüter seines Vaters, John Pendrith, der dicht beim Haus eine Kate bewohnte. Es war ein mürrischer Mann von mächtigem Körperbau, gefürchtet von den Wilderern, deren es nicht wenige gab.
    »Tut mir leid, wenn ich störe, Sir.« Er gestikulierte vage mit seiner langläufigen Flinte. »Aber da ist einer aus der Stadt gekommen, und der alte Reverend Walmsley sagte, am besten sollte ich zu Ihnen gehen.«
    »Komm herein, John.«
    Bolitho schloß die Tür hinter ihm. Der späte Besuch des riesigen Jagdaufsehers wie auch dessen geheimnisvolles Gehabe beunruhigten ihn etwas.
    Pendrith nahm dankend ein Glas Brandy an und wärmte sich am Feuer. Dampf stieg von seinem dicken Überrock auf wie von einem Zugpferd.
    Was auch geschehen sein mochte, es muß etwas Wichtiges sein, wenn Pfarrer Walmsley es für nötig hielt, mitten in der Nacht einen Boten zu schicken.
    »Dieser Bursche hat eine Leiche gefunden, Sir, unten am Strand.
    Sie hat wohl schon einige Zeit im Wasser gelegen.« Trübe blickte er auf. »Es ist Tom Morgan, Sir.«
    Bolitho biß sich auf die Lippen. »Der Zolleintreiber?«
    »Aye. Er ist umgebracht worden, bevor man ihn ins Wasser warf, sagt der Junge.«
    Im Treppenhaus waren Geräusche zu hören, dann kam Bolithos Mutter herabgeeilt, in einen grünen Samtumhang gehüllt; fragend sah sie Bolitho an.
    »Ich mache das schon, Mutter«, sagte Bolitho beruhigend. »Sie haben Tom Morgan am Stand gefunden.«
    »Tot?«
    Pendrith antwortete grob: »Ermordet, Madam.« Zu Bolitho gewandt, erklärte er: »Sehen Sie, Sir, die Soldaten sind nämlich weg und der Friedensrichter ist in Bath, also wandte sich der alte Reverend an Sie.« Er schnitt eine Grimasse. »Schließlich sind Sie ein Offizier des Königs, Sir.«
    Dancer rief: »Sicherlich ist da noch sonst wer zuständig?«
    Aber Bolithos Mutter zog schon an der Klingelschnur, das Gesicht blaß, doch entschlossen.
    »Nein. Sie kommen immer zu uns. Ich lasse Corker zwei Pferde satteln. Du begleitest sie, John.«
    Bolitho sagte ruhig, aber bestimmt: »Ich möchte lieber, daß er hier bei dir bleibt, Mutter.« Er drückte ihren Arm. »Es geht schon in Ordnung, wirklich. Ich bin nicht mehr der kleine Junge, der mit einer Stulle in der Tasche zur See gegangen ist. Das ist vorbei.«
    Seltsam, wie leicht ihm die Umstellung fiel. Vor ein paar Minuten hatte er noch ins Bett gehen wollen. Jetzt war er hellwach, jeder Nerv gespannt und bereit, plötzlicher Gefahr zu begegnen. Aus Dancers Gesichtsausdruck ersah er, daß es diesem genauso ging.
    Pendrith ließ sich vernehmen: »Ich habe den Jungen zurückgeschickt, er sollte bei dem Leichnam bleiben. Sie kennen die Stelle, Sir, es ist die kleine Bucht, wo Sie und Ihr Bruder im Dory 3 gekentert sind und eine gehörige Tracht Prügel dafür bezogen haben!« Er grinste
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher